Der Amtsalon geht in die zweite Runde. Das ehemalige Amtsgericht in Berlin-Charlottenburg wird im Dezember erneut zum temporären Ausstellungsort für zahlreiche Galerien
ShareWer an Kunst und Gericht denkt, hat möglicherweise Darstellungen des Jüngsten Gerichts vor Augen. Oder denkt an die zahlreichen Gesetzesprojekte aus Karlsruhe und Brüssel, die den deutschen und europäischen Kunstmarkt insbesondere im Oktober bewegten. Vielleicht noch an die jüngsten Urheberrechtsstreitigkeiten zwischen dem Vatikan und der italienischen Street-Art-Künstlerin Alessia Babrow. Aber ein Gerichtssaal als Ausstellungsort für Kunst?
Wer den letzten Amtsalon miterlebt hat, weiß: Das geht. Bereits im Juni öffnete das ehemalige Amtsgericht in Berlin-Charlottenburg seine Pforten, nicht, um Urteile zu fällen, sondern um dem Publikum als Pop-up-Messe einen neuen Ort für die Kunst zu präsentieren. Seit mittlerweile zehn Jahren in privater Hand ist das denkmalgeschützte Gebäude in der Kantstraße zu einer multidisziplinären Plattform für die Berliner Kreativszene geworden. Und ein Beispiel dafür, mittels neuer Ideen und behutsamer Sanierung die Geschichte eines Ortes umzuschreiben – und diesen in neuem Licht erstrahlen zu lassen. Im wahrsten Sinne des Wortes übrigens: Zwischenzeitlich war dort der Showroom 79 des Lampenherstellers Bocci ansässig. Die kugelförmigen Leuchtinstallationen hängen noch immer im Treppenhaus des ehemaligen Amtsgerichts.
Die Architekten Almut Grüntuch-Ernst und Armand Grüntuch entwickelten die Idee für den Amtsalon aufgrund des Corona-bedingten Mangels an physischem Austausch zwischen Künstlern und Publikum, Sammlern und Galeristen. „Mit dem Amtsalon wollten wir eine Plattform in kleinerem Rahmen schaffen, wo sich Galerien, Künstler und Sammler treffen können, um Ideen auszutauschen und um so eine Art kollektive Anziehungskraft zu erzeugen“, erklären die beiden Gründer. „In Zeiten ständiger Restriktionen war es für uns auch sehr wichtig, Optimismus zu verbreiten und in Bewegung zu bleiben.“
Den vorhandenen Räumen wurde neues Leben eingehaucht, Historisches mischt sich nun mit neuen, künstlerischen Positionen. Die einst amtliche Anstalt hat sich ihrem ursprünglichen Zweck entledigt. Entstanden ist ein kreativer Kontrast zwischen Alt und Neu. So hat im Übrigen nicht nur das Amtsgericht eine Transformation erfahren – auch das Restaurant Lovis und das Boutique-Hotel Wilmina entstehen aktuell im ehemaligen Frauengefängnis im Hinterhof, das durch einen üppigen Garten zu erreichen ist.
24 Galerien nahmen im Sommer bei der ersten Pop-up-Aktion teil, im Dezember sind es 21. Wieder mit dabei: die Galerien alexander levy, carlier | gebauer, ChertLüdde, CRONE, Brunsberg, Friese, Guido W. Baudach, Mehdi Chouakri, Russi Klenner, Haverkampf, Jarmuschek + Partner, Kicken Berlin, KLEMM’S, McLaughlin und Soy Capitán. Newcomer des Dezember-Amtsalons sind Hua International, Kraupa-Tuskany Zeidler, Plan B, PSM und Sprüth Magers.
Vereint unter einem Dach werden auf den vier Stockwerken des ehemaligen Gerichts vom 1. bis 5. Dezember ausgewählte künstlerische Positionen der teilnehmenden Galerien präsentiert. Entstanden ist dabei nicht nur ein Ort der Kunst, sondern auch – trotz aller Pandemiebeschränkungen – ein Ort des kulturellen Austausches zwischen Publikum und Galerien, Künstlern und Sammlern.
Amtsalon Gallery Pop-Up,
1. bis 5. Dezember,
Kantstraße 79, 10627 Berlin