Kunst und Recht

NFT: Scheinbare Sicherheit

Was Sie beim Handeln und Sammeln von Non Fungible Token (NFT) wissen sollten – eine rechtliche Einordnung zu Besitzverhältnissen, Urheberrecht, Geldwäsche und Fälschungen

Von Yasmin Mahmoudi
03.02.2022
/ Erschienen in Kunst und Auktionen 2/22

Anders als Kunst auf Basis künstlicher Intelligenz, die am Markt bislang nur ein kurzes Leuchtfeuer entfachten konnte, sind NFT im vergangenen Jahr aufgetaucht, um die Szene nachhaltig zu erobern. Künstler erschließen mit diesen Werken völlig neue Wege, sowohl was den künstlerischen Ausdruck als auch den Vertrieb angeht. Die neue Technologie birgt aber nicht nur Chancen, sondern auch Risiken. Die mit NFT verbundenen rechtlichen Herausforderungen sind daher vielfältig und spannend.

Was ist ein NFT?

NFT sind Anfang 2021 durch eine Online-Auktion eines Werks von Beeple bei Christie’s in den Fokus einer breiteren Öffentlichkeit gerückt. Seit 2007 hatte der Grafikdesigner regelmäßig Bilder bei Tumblr gepostet. 5000 dieser Bilder fügte er dann zu einer NFT- Collage zusammen, die in der fraglichen Versteigerung schließlich 60,25 Millionen Dollar erzielte.

NFT sind die Unikate des Digitalzeitalters. Es handelt sich hierbei um Zeichenfolgen, die auf einer Blockchain gespeichert werden. Bei der Blockchain-Technologie, die bisher gedanklich eng mit Kryptowährungen wie Bitcoin verbunden war, handelt es sich um eine Kette miteinander verwobener Datensätze, die fortlaufend erweitert wird. Die einzelnen Datensätze werden dezentral gespeichert. Damit ist ein wesentliches Merkmal der NFT deren immanente Authentifizierung.

Es ist also zu unterscheiden zwischen dem NFT selbst, das eine digitale Zeichenfolge ist, und dem, was es erzeugt. Und erzeugt werden können theoretisch alle digitalen Inhalte – neben Kunst auch Musik, Avatare etc. Das kann selbst ein Tweet sein, wie derjenige, der 2021 von Twitter-Gründer Jack Dorsey für 2,9 Millionen Dollar verkauft wurde. Auch wenn NFT häufig synonym für digitale Kunst verwendet wird, hat also nicht jedes NFT einen Kunstbezug.

NFT werden heute meist in der Blockchain „Etherum“ gespeichert. Diese ermöglicht zusätzlich sogenannte Smart Contracts, also digital hinterlegte Verträge. Damit ist eine finanzielle Beteiligung des Künstlers an jedem Verkauf seiner Arbeit schon in der DNA des Kunstwerks selbst festgeschrieben.

Wie sind die Besitzverhältnisse geregelt?

Der Erwerber eines NFT kauft rechtlich eine ausschließliche Lizenz an diesem Werk. Als solcher ist er in einer eigentümerähnlichen Stellung. Diese Position ist übertragbar und insbesondere auch vererbbar. Soweit die Theorie. Problematisch ist jedoch, wenn die Zugangsdaten verloren gehen. Denn damit ist der Zugang zum und die Verfügungsmacht über das in einer digitalen Wallet gespeicherte NFT praktisch dauerhaft entzogen. Es empfiehlt sich daher, diese Daten an einem sicheren Ort – zum Beispiel in einem Bankschließfach, bei einem Rechtsanwalt oder Notar – zu hinterlegen.

Der Erwerber ist auch alleiniger Besitzer des digitalen Originals. Dritte haben aber in der Regel unbeschränkten Zugang auf optisch identische digitale Kopien.

Dürfen urheberrechtlich geschützte Inhalte eines Dritten für ein NFT nutzbar gemacht werden?

Diese Frage ist noch nicht abschließend geklärt. Die Relevanz wird jedoch durch bereits gerichtsanhängige Rechtsstreitigkeiten belegt. So wehrt sich aktuell ein großes Filmstudio gegen die Verwertung eines Drehbuchs als NFT, da dem Filmstudio alle Urheberrechte, seien sie bekannt oder unbekannt, übertragen wurden und das Filmstudio keine Lizenz für ein NFT erteilt hat.

Die Urheberrechte sind aber nur verletzt, wenn die Tokenisierung eine eigene Nutzungsart oder einen Anwendungsfall einer bereits bestehenden Nutzungsart darstellt. So wäre es denkbar, in dem digitalen Original eine Vervielfältigung zu sehen oder eine Form der öffentlichen Wiedergabe. In beiden Fällen wäre eine Urheberrechtsverletzung durch das NFT gegeben. Denkbar ist jedoch auch der gegenteilige Ansatz, wonach das NFT gar keine urheberrechtliche Relevanz hat, da sie dem Inhaber nur den Werkgenuss ermöglicht.

Vorläufiges Fazit ist daher, dass ein Prozess- und Kostenrisiko besteht, wenn das NFT urheberrechtlich geschützte Inhalte tokenisiert.

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