Die Art Karlsruhe wird immer internationaler: 213 Galerien aus 13 Ländern präsentieren, was gut und nicht zu teuer ist
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07.07.2022
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Erschienen in
Kunst und Auktionen Nr. 11/22
Als die Art Karlsruhe 2004 erstmals in den vier Hallen vor den Toren der Stadt an den Start ging, war eine Persönlichkeit, ein Ideengeber die treibende Kraft: Ewald Karl Schrade. Er hatte sich dieses Projekt in den Kopf gesetzt; Mitstreiter gewonnen, Entscheidungsträger und Institutionen überzeugt. Und so entstand ein jährlich wiederkehrendes Ereignis mit eigenem Gesicht, schon nach kurzer Zeit von überregionaler, schließlich von europaweiter Bedeutung. Jetzt öffnet diese Messe ihre Pforten zum 19. Mal, thematisch und konzeptionell immer wieder verbessert und erweitert. Der Gründer, zugleich Kurator und Projektleiter, achtete in all den Jahren auf jedes noch so kleine Detail: Wenn er mit seinem offenen Elektromobil durch die Hallen fuhr, dankten es ihm die Besucher.
Im kommenden Jahr wird er ein letztes Mal Regie führen: „Ich freue mich, den Staffelstab dieser Messe in bewährte und neue Hände zu übergeben.“ Auch jetzt hat Schrade noch einiges perfektioniert: So verfügt die aktuelle Messe über drei Hallen, in denen einmal die klassische Moderne, dann die Kunst nach 1945 und schließlich Druckgrafik und zeitgenössische Kunst zu sehen sind. Die vierte Halle wird neu und anders bespielt als bisher. Dort finden Sonderausstellungen und Museumspräsentationen statt, dazu Talkrunden. Zudem entsteht ein großzügiger Restaurantbereich. „Unter dem Motto ‚Kunst und Kommunikation‘ lädt die weit und offen gestaltete Halle zum Verweilen ein. Sie bietet viel Raum für Entdeckungen und neue Gewohnheiten auf der Art Karlsruhe“, erklärt die Messeleitung.
213 Galerien aus 13 Ländern bis hin nach London, Paris, Mailand, Madrid und sogar Istanbul zeigen, was gut und nicht zu teuer ist. Das war schon immer das Kennzeichen: kein „Salvator mundi“ von Leonardo da Vinci, kein Jackson Pollock, Jean-Michel Basquiat und keine Arbeiten von Joan Mitchell oder Helen Frankenthaler. Alles bleibt im Rahmen, hat Qualität und sichere Provenienz, auch wenn inzwischen Exponate in den sechs- und einige wenige sogar in den siebenstelligen Bereich hineinragen – und zu kaufen sind. Dazu gehören Gemälde etwa von Max Pechstein und Emil Nolde.
Beachtenswert sind Arbeiten von Heinz Mack, die von der Galerie Samuelis Baumgarte gezeigt werden. Sie entstanden 2020 und 2021 und dokumentieren die ungebrochene, hochkonzentrierte Diktion des inzwischen 90-jährigen Künstlers. Die Pariser Galerie Gimpel & Müller / Galerie Thimme zeigt den dänischen Maler Asger Jorn (Abb.), der nach 1945 maßgeblich an der Gründung der Pariser CoBrA-Bewegung beteiligt war und damit erste Schritte zur Versöhnung der im Zweiten Weltkrieg verfeindeten Nationen einleitete. Arbeiten von Oskar Schlemmer und Hans Arp, dann vor allem auch von Gotthard Graubner, Gerhard Richter und Günther Uecker sind bei der Galerie Schwarzer zu sehen.
Farbwelten von Katharina Grosse hängen in den Galerien Braun-Falco und Isabelle Lesmeister. Großformatige Holzschnitte von Franz Gertsch, dem international hoch angesehenen Schweizer Künstler, Documenta-Teilnehmer 1972, sind am Stand der Galerie Ludorff zu finden. Dazu Sam Francis, K. O. Götz und ein Spitzenwerk von Emil Nolde, „So wird vom Expressionismus über Informel, Zero und Pop bis zu Positionen jüngster, auch politisch engagierter Kunst das gesamte stilistische Spektrum aus 120 Jahren geboten“, bilanziert die Messeleitung.
Die Sonderschau auf der Art Karlsruhe – ein Anziehungspunkt, der in der Vergangenheit Hauptwerke aus den Sammlungen von Gunter Sachs, Frieder Burda, Peter C. Ruppert oder Hans Peter Haas vorstellte – gilt diesmal dem Thema „Eine Feier des Weiblichen in der Kunst“. Das Juristen-Ehepaar Maria Lucia und Ingo Klöcker begann gegen Ende der Achtzigerjahre, Frauendarstellungen aus der international besetzten Nachkriegs- und Gegenwartskunst zusammenzutragen, darunter Arbeiten von Stephan Balkenhol und Alex Katz, Sigmar Polke und Arno Rink, vor allem aber auch Werke von Malerinnen, Fotografinnen und Bildhauerinnen: Barbara Klemm, Katharina Sieverding, Kiki Smith, Cornelia Schleime, Nancy Spero. Letztere beschrieb ihr Schaffen: „Das weibliche Bild ist universell. Die Frau ist Protagonistin (Erst-Handelnde), die Frau auf der Bühne.“
Neu im Messeangebot sind Talk-Runden: Sechs Referenten – darunter Kasper König – werden zum Thema: „Kunstbetrieb mit, gegen und nach Corona“ sprechen und den Diskurs mit dem Publikum suchen. Ein weiterer Magnet ist die Sektion der Druckgrafik, in der Werke aus dem Programm der ausstellenden Galerien angeboten werden: als Einstieg in das Sammeln der Kunst und die Kunst des Sammelns.