Neue Kunstmesse CAN

Kunstkauf auf Ibiza

Auf der Baleareninsel Ibiza startet zur Hauptreisezeit eine neue Messe für zeitgenössische Kunst mit internationalen Galerien

Von Sebastian Strenger
11.07.2022
/ Erschienen in Kunst und Auktionen 11/22

Mit der neuen Kunstmesse CAN (Contemporary Art Now) gehört nun auch die Baleareninsel Ibiza auf die Landkarte internationaler Kunstmessen. Mitte Juli findet erstmals nach 15 Jahren – damals hatte die Art Cologne Palma de Mallorca aufgegeben – wieder eine internationale Kunstmesse auf den balearischen Inseln statt. In Eivissa präsentieren sich an fünf Tagen 36 internationale Galerien von vier Kontinenten mit insgesamt 125 Künstlern im kommunalen Kongress- und Veranstaltungszentrum der Insel-Hauptstadt, in kurzer Distanz zum internationalen Flughafen, direkt an der Autobahn E-20 mit relativer Nähe zu Altstadt und Hafen.

Der Zeitpunkt ist Fluch und Segen zugleich, fällt der Termin doch mit dem Beginn der Hauptreisezeit zusammen, was kapitalkräftiges Publikum auf die Insel bringt. Andererseits steht der Termin im Wettbewerb mit internationalen Kunstmessen wie der Art Basel, Tefaf Maastricht, Art Karlsruhe oder Brüsseler Artfair, die jüngst stattgefunden haben und bei denen internationale Sammler bereits Ankäufe tätigten. Es könnte dennoch eine Erfolgsgeschichte werden, auch wenn zuletzt die expansiven Abenteuer anderer großer Messegesellschaften eher glücklos verliefen.

Damaris Pan Artnueve CAN Ibiza
Das 2022 entstandene Ölbild „PMB“ von Damaris Pan wird von der spanischen Galerie Artnueve aus Murcia angeboten. © Galeria Artnueve, Murcia

Als die Art Basel 2002 einen Satelliten in Florida mit der Art Basel Miami platziert hatte, glaubte die sich damals noch als Mutter aller Kunstmessen fühlende Art Cologne, fünf Jahre später nachziehen zu müssen und ging mit einem als Party unter Palmen gedachten Ableger nach Palma de Mallorca. Da man den Markt in den USA nun als gesättigt betrachtete und Gérard A. Goodrow, der damalige Direktor der internationalen Messe Art Cologne keinesfalls nach China wollte, kam der Kölner Messechef auf die Idee, am beliebtesten Ferienziel der Deutschen eine Messe für die klassische Moderne und zeitgenössische Kunst zu etablieren. Da die anschließenden Besucherzahlen mit rund 8000 weit unter der erwarteten Zahl von 10.000 bis 20.000 Besuchern lagen, stand bereits die zweite Ausgabe der Art Cologne Palma de Mallorca 2008 auf dem Prüfstand. Über die Kritik eines vernachlässigten Standortes in Köln war nach dem Misserfolg im ersten Jahr die Art Cologne Palma de Mallorca ins Kreuzfeuer geraten. Man habe sich mit einer weiteren Messe verzettelt und der Art Cologne in Köln nicht genug Aufmerksamkeit gewidmet, war damals der einhellige Tenor teilnehmender Galeristen, weshalb Gérard A. Goodrow seinen Hut nehmen musste.

Zu einer weiteren Ausgabe der Messe in den Gebäuden und Hallen am Flughafen kam es letztlich nicht. Das Ganze ähnelt ein bisschen dem späteren Intermezzo der übernommenen Kunstmesse ABC in Berlin durch die Köln Messe und einem ebenso glücklosen Daniel Hug in der Eigenschaft als Messedirektor, dessen Hauptstadt-Abenteuer unlängst nur etwas länger dauerte. Aber vielleicht ist auch ein Grund für das Scheitern der Großen der Branche, dass die dazu gehörenden Entscheidungen an anderen Stellen der Messegesellschaften getroffen werden. Jedenfalls ist mit der jetzt stattfindenden CAN auf Ibiza ein Format entwickelt worden, das von privater Seite startete und auch deshalb vielversprechend ist, da es sich mit den Parametern der freien Wirtschaft behaupten muss und vor allen Dingen davon lebt, dass viele der teilnehmenden Galeristen eine persönliche Verbindung zur Baleareninsel haben.

Kate Meissner 1969 Gallery CAN Ibiza
Kate Meissners Gemälde „Peek-A-Boo“ aus dem Jahr 2022 findet sich im Angebot der 1969 Gallery aus New York. © 1969 Gallery, New York

So nehmen zahlreiche renommierte internationale Galerien teil wie etwa die Galerie Sofie Van de Velde aus Antwerpen, Nanzuka Underground aus Tokio, Ruttkowski;68 aus Köln und Düsseldorf, The Hole (New York) und auch Seasons (Los Angeles) sowie Superzoom aus Paris. Klassische Positionen wie die des japanischen Stars und Malers Keiichi Tanaami bereichern dabei die Messe ebenso wie der 1986 geborene Luciano Calderon mit zeitgenössischer Pop-Art sowie minimalistische Kunst des 1993 in Sevilla geborenen Manuel M. Romero. Zwei Drittel der Galerien reisen zu gleichen Teilen aus den USA sowie aus Spanien an, während Belgien, Großbritannien, Frankreich und Deutschland das weitere Drittel der Aussteller stellen. Unter den insgesamt vier vertretenen Ländern Asiens dominieren die Galerien aus der Hauptstadt Südkoreas, dem kommenden weltweiten Hotspot zeitgenössischer Kunst, das Geschehen auf Ibiza. Insgesamt bildet diese neue Messe die aktuelle Kunstszene in einem Querschnitt von Fotografie, Malerei bis Skulptur und Installation repräsentativ ab und hat mit der Standortwahl auf Ibiza so ganz nebenbei wohl auch die bessere Wahl getroffen, da es gegenüber Mallorca eine historisch längere Tradition für die Kunst gibt, nachdem zahlreiche internationale Künstler wie Zao Wou-Ki, Henry Moore oder Emilio Vedova über teils Jahrzehnte auf der Insel lebten und arbeiteten.

Bis heute ist die Tradition spürbar, die einst von internationalen Künstlern in der Nachkriegszeit begründet wurde. Sie machten sich auf Ibiza noch zu faschistischen Franco-Zeiten auf, die Malerei neu zu erfinden. Darunter auch die Künstlergruppe „Grupo 59“ mit zahlreichen deutschen Vertretern wie Erwin Bechtold, Erwin Broner, Hans Laabs, Katja Meirowsky oder Heinz Trökes. Zudem verweisen die aktuellen Immobilienpreise der Insel auf einen weiteren Standortvorteil gegenüber Mallorca, denn Immobilien kosten auf Ibiza im Schnitt etwa dreimal mehr als auf der Schwesterinsel.

An kapitalkräftigem Publikum wird es dem Eiland folglich nicht mangeln, und so scheinen gute Umsätze progammiert, sodass im kommenden Jahr einer möglichen Neuauflage nichts im Wege stehen sollte.

Service

MESSE

CAN (Contemporary Art Now) 

Ibiza

13.–17. Juli 2022

contemporaryartnow.com

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