Die Brüsseler Brafa weitet ihr Angebot durch die Jahrhunderte und Epochen noch einmal sichtbar aus
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26.01.2023
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Erschienen in
Kunst und Auktionen Nr. 1/23
Der Sommertermin im vergangenen Jahr war durch die Pandemie bedingt. Diesmal findet die Brafa 2023 wieder zur gewohnten Zeit Ende Januar statt und eröffnet so den Messekunstkalender. Der Schwerpunkt liegt diesmal auf dem Thema Jugendstil, der schon an der für jede Brafa-Edition neu entworfenen Dekoration im Entree zu erkennen ist: Zeichnungen des großen belgischen Architekten Victor Horta standen dafür Pate. Auch etliche Galerien spielen sich in ihrer Offerte auf das Thema ein. In ganz Brüssel wird im aktuellen Jahr der Jugendstil gefeiert, schließlich hat er das Stadtbild stark geprägt. Von den 130 Ausstellern kommen zwei Drittel aus dem Ausland, neben Europa auch aus Japan, den Vereinigten Arabischen Emiraten und den USA.
Bei Epoque Fine Jewellery ist die prachtvolle, auch als Brosche zu tragende Pfauentiara zu bewundern, die der berühmte Brüsseler Juwelier Philippe Wolfers um 1902 aus Gold, Silber, Diamanten, Email und Opal kunstvoll gefertigt hat. Ebenfalls von Philippe Wolfers stammt bei der Galerie Cento Anni die elegante Bronzefigur „Nue Couchée“ von 1913, die 35.000 Euro kostet. Ein für den Wiener Architekten und Designer Adolf Loos typischer Entwurf ist der Elefantenrüsseltisch, von dem der Wiener Kunsthandel Florian Kolhammer ein Exemplar für 58.000 Euro anbietet. Von Hortas französischen Zeitgenossen Eugène Vallin zeigt Mathivet ein vornehmes Jugendstilsofa aus der Zeit um 1900, das mit 85.000 Euro beziffert ist.
Auch Dr. Lennart Booij glänzt mit ausgefallenen Jugendstilobjekten wie einer blaugrundigen, glasierten Gallé-Vase mit Blumendekorationen aus Email und Gold, die wahrscheinlich im Jahr ihrer Entstehung 1889 auf der Pariser Weltausstellung zu sehen war. Ein weiteres Kleinod an diesem Stand ist die kleine, mit „Lalique“ signierte Pendule Cinq Hirondelles, entstanden um 1920. Die Collectors Gallery ist spezialisiert auf die faszinierenden, aus Pappmaschee gefertigten botanischen Modelle, die in der von Robert Brendel 1866 in Breslau gegründeten Fabrik hergestellt wurden.
Genug des Jugendstils und ein Blick auf die Moderne: Bei Baronian besticht die vom US-amerikanischen Künstler Frank Stella in Acryl- und Vinylfarben 1985 ausgeführte Illustration nach El Lissitzkys Deckblatt von dessen „HadGadya“-Suite, deren Preis mit 100.000 bis 150.000 Euro angegeben wird. Samuelis Baumgarte zeigt mehrere Werke des Meisters des Mobiles, Alexander Calder, darunter „The Red Crescent“ von 1969 für 5,4 Millionen Euro, aber auch die Gouache „Untitled VII“ (1967) von Joan Miró mit einem Preis von 300.000 Euro.
Im Vordergrund des Messedebütanten Delaive stehen Werke von Sam Francis, aber auch prachtvolle Gemälde von Cobra-Künstlern, darunter eines von Karel Appel ohne Titel aus dem Jahr 1974 (135.000 Euro). Zum ersten Mal stellt Dr. Nöth aus Potsdam auf der Brafa aus. Er vertritt überwiegend die französische und deutsche Malerei des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, wobei als eines der schönsten Gemälde „Rochers à l’île de Besse, Agay“ (1914) von Armand Guillaumin besticht. Die Brüsseler Galerie de la Béraudière zeigt Werke der französischen Bildhauerin Germaine Richier, der im März eine Retrospektive im Centre Pompidou gewidmet wird. Die hybride Figur einer Fledermaus mit Menschengesicht von 1946 ist in der damals neuen Technik der Künstlerin aus in Gips getauchter Schnur geformt, auf einem eisernen Rahmen drapiert und eine Herausforderung für die Gießerei Thinot gewesen. Das Kunstwerk wird mit 2 Millionen Euro beziffert.
Die Gemälde Alter Meister bekommen in diesem Jahr Verstärkung durch zwei Neuzugänge aus Frankreich: Franck Anelli Fine Art und die Galerie Nicolas Lenté, die beide auch antike Möbel anbieten. Und natürlich erstreckt sich das exquisite Angebot der Brafa auf zahlreiche weitere Sammelgebiete.