Der Fokus auf Zeichnung und Papier hat sich bewährt – die Paper Positions in Berlin wird immer internationaler
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27.04.2023
Ein Körper öffnet sich und zeigt sein Inneres, das so rot strahlt wie der Hintergrund. Vielleicht zerreißt es ihn aber auch gerade vor lauter Emotionen, die keinen Platz mehr in der weiblichen Figur von Helena Heinrihsone haben. Die lettische Künstlerin, Jahrgang 1948, lässt ihren Siebdruck, der von der Galerie Māksla XO aus Riga gezeigt wird, changieren. Gleichzeitig manifestiert sich in dem Bild der Charakter jenes Materials, auf dem „Alone“ im vergangenen Jahr entstand: Papier ist fragil, bei falscher Behandlung geht es leicht kaputt.
Über welche Qualitäten es sonst noch verfügt, stellt die Paper Positions eindrücklich unter Beweis. In Berlin ist die Messe zum siebten Mal während des Gallery Weekends dabei. Und auch wenn die kuratierte Plattform sich diesmal im Juni aus Basel – wo sie inzwischen ebenso vertreten ist wie in München, Frankfurt und Hamburg – zurückzieht, hat ihr Engagement für „Kunst mit Papier“ das Publikum längst überzeugt. Was nicht zuletzt mit ihren Preisen zusammenhängt: Grafik in kleiner Auflage, Zeichnungen wie auch Skulpturen aus Papier sind meist erschwinglicher als die Leinwände selbst junger Künstler auf anderen Messen und beginnen schon bei wenigen Hundert Euro.
Dennoch bietet die Paper Positions in den historischen Hallen der Telekom Hauptstadtrepräsentanz auch große Namen auf. Ob Günther Uecker, Heinz Mack oder Imi Knoebel: Sie alle fühlen sich vom Papier in seinen unendlichen Erscheinungsformen angezogen und experimentieren mit Drucktechniken, dem Aquarell oder einfachen Farbstiften. In Berlin stellen 56 Galerien aus zwölf Ländern die Ergebnisse solcher Dialoge aus. Und die Direktoren der Messe, Kristian Jarmuschek und Heinrich Carstens, weisen ebenfalls darauf hin, dass die Bewerbungen mit jedem Mal internationaler werden.
Ein Drittel der teilnehmenden Galerien ist in Berlin neu dabei, darunter A Pick Gallery aus Turin, die Tokioter Cave-Ayumi Gallery, Conrads aus Berlin, Drawing Room aus Hamburg und die Galerie Werner Klein, die sich auch an ihrem Standort Köln konsequent auf Papierarbeiten konzentriert. In Berlin zeigt Klein die minimalistischen Zeichnungen von Christiane Löhr, die sonst hauchfeine Plastiken etwa aus Blüten macht.
Abstrakt wird es bei A Pick. Die Galerie aus Turin hat große Arbeiten der Mexikanerin Julia Carillo dabei, die sich in der konkret-konstruktivistischer Traditionslinie bewegt. Gestisch sind die Werke von Jan Schmidt (Galerie Anita Beckers, Frankfurt am Main), dessen Motive aus einer fließenden Bewegung entstehen. Aus Berlin kommen trotz wachsender internationaler Bewerbungen weiterhin viele Teilnehmer, darunter Horst Dietrich, Kang Contemporary, die Galerie Kremers oder Schwarz Contemporary.
Das Thema Förderung steht ebenfalls auf der Agenda. Neben dem Leue & Nill Award für den besten Messestand winken Ankäufe im Rahmen des Paper Art Award. Das Haus des Papiers, ein privates Berliner Museum, hat dank mehrerer Sponsoren 36.000 Euro zur Verfügung, eine Jury sucht die Preisträger aus. Mit dem Paper Positions Award zeichnet die Messe selbst auch eine künstlerische Position aus. Maija Kurševa, Gewinnerin von 2022, zeigt ihre Arbeiten in einer Soloschau.
Paper Positions Berlin
Deutsche Telekom Hauptstadtrepräsentanz
27.–30. April 2023