Auf der diesjährigen Art Basel wurden die ersten Millionenverkäufe gemeldet. Es gibt viel Platz für Hochpreisiges, und die jungen Positionen werden immer globaler
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15.06.2023
Einen Überraschungsauftritt hatte Maike Cruse auf der Eröffnungspressekonferenz zur Art Basel am Dienstag. Die ehemalige Leiterin des Gallery Weekend Berlin tritt ihre neue Position als Direktorin der Art Basel in Basel erst zum 1. Juli, wurde jedoch abweichend vom Skript aufs Podium gebeten.
Ansonsten läuft jedoch alles nach Plan in Basel. Zumindest, wenn man den Erfolgsmeldungen der großen Galerien folgt, die bereits seit dem frühen Nachmittag des Preview-Tages in einem steten Fluss an die Presse verschickt werden. Besonders hervor tut sich auf diesem Gebiet nicht ganz überraschend Hauser & Wirth, die auch gleich die Eröffnung ihres insgesamt 18. Standort bekanntgeben, diesmal in Paris und pünktlich zur Paris+ par Art Basel. In Basel ist ihr aufsehenerregendster Verkauf eine an der Wand hängende Spinnenskulptur von Louise Bourgeois, die für 22,5 Millionen US-Dollar den Besitzer wechselt. Würde die Galerie Zeitfenster für Besucherfotos vor dem Werk verkaufen, käme wahrscheinlich noch einmal eine hübsches Taschengeld obendrauf – die Bronze dürfte beliebteste Motiv der Messe sein. Insgesamt gibt die Galerie allein für den ersten Tag einen Umsatz von über 55 Millionen Dollar, unter anderem mit Werken von George Condo (5,5 Mio.) und Mark Bradford (3,5 Mio.). Sogar drei Minuten schneller war die Pace Gallery, die allerdings nur von Verkäufen für rund acht Millionen Dollar berichten konnte. White Cube meldet rund 16 Millionen an, Xavier Hufkens über 6 Millionen und Thaddaeus Ropac gut 5,5 Milllionen. Die Presseagentur der Messe sekundiert am Ende des Tages mit Millionenumsätzen von rund einem Dutzend weiterer Aussteller.
Alles gut also bei der Art Basel? In Hintergrundgesprächen erklären Kunstversicherer jedenfalls, dass die angemeldeten Werte deutlich höher seien als in den Vorjahren. Das kann bedeuten, dass die nach Basel transportierten Waren höherpreisiger oder mehr geworden sind. Der Blick in die Messestände im Erdgeschoss mit den sehr etablierten zeitgenössischen Positionen und der Handelsware legt Letzteres nahe. Dicht an dicht hängen und stehen die Kunstwerke in den Kojen, auf die Optik wird oft wenig Wert gelegt. Im Obergeschoss mit der jüngeren Kunst stehen die Chancen schon besser, Zeichen einer kuratierenden Hand oder eines Konzepts zu finden. Schließlich müssen die Galerien hier oft noch auf sich aufmerksam machen und ihre Visitenkarte abgeben. Für Monumentales, Sperriges oder sonstwie Raumgreifendes gibt es die Unlimted, bei der sich Besucher alljährlich die Sinnfrage stellen. Zu oft sind hier die immergleichen Namen mit ähnlichen Arbeiten zu finden, als dass noch wirklich Spannung aufkommen möchte. Doch es gibt immer wieder Ausnahmen, etwa der imaginierte Nachbau der Palastruinen von Sans Souci in Milot auf Haiti durch Firelei Báez mit dem Titel „the vast ocean of possibilities“ bei James Cohan aus New York oder die „Lightsteps“, eine Himmelsleiter aus Neonröhren, der im letzten Jahr verstorbenen Brigitte Kowanz aus dem Jahr 1990 bei der Wiener Galerie Krinzinger.
Wer junge Entdeckungen machen will, sollte sich ohnehin abseits der Muttermesse umschauen. Traditionell bietet sich dafür die Liste, der älteste Satellit und seit Corona sogar in den Hallen der MCH untergebracht, über der Unlimited, allerdings ohne direkten Zugang zu ihr oder Muttermesse. Der Umzug aus der verwinkelten Alten Warteck Brauerei in die nüchterne Halle hat zwar eine übersichtliche und demokratische Ausstellungsarchitektur mit sich gebracht, die allen Galerien drei Wände und eine Öffnung zum Umgang oder auf den zentralen Platz gewährt. Doch Besucher wie Aussteller wünschen sich im Gespräch eine etwas charmantere Atmosphäre und mehr Raum zum Verweilen. Dahin ist die rumpelige Gemütlichkeit des verwinkelten Industriebaus. Abwechslung bieten jetzt nur noch die Aussteller selbst, die zunehmend globaler werden und zum Teil hier ihr internationales Messedebut geben, wie der ironischen benamten Property Holdings Development Group aus Hongkong, die mit der multimedialen Arbeit „Gyro“ der 35-jährigen Japanerin Sasaoka Yuriko einen Stand gebaut haben, der Spielwiese, Kino und Galeriewand miteinander vereint. Zu dem am Computer collagierten sehr wilden Video um Wetterkatastrophen und Zerstörung in einer 20er-Auflage gibt es Textilarbeiten mit mythologischen Figuren in zwei Größen zu Preisen zwischen 16.000 und 18.000 Dollar. Preislich dürfte das Niveau eher im Bereich der Möglichkeiten der zumeist europäischen Sammler liegen. Denn die mit Beginn der Pandemie ausgebliebenen US-Amerikaner scheinen noch immer nicht in voller Stärke zurück zu sein.