Frieze in Seoul

„Korea ist für uns eine Konstante“

Seoul wird für den internationalen Kunstmarkt immer wichtiger. Derzeit läuft dort die zweite Ausgabe der Kunstmesse Frieze. Wir sprachen mit den Galeristinnen Philomene Magers und Monika Sprüth über den koreanischen Markt

Von Laura Storfner
07.09.2023

Zweiunddreißig Grad zeigt die Temperaturanzeige an einem der Wolkenkratzer im Viertel Gangnam im Süden von Seoul. Aber im COEX – einer Mischung aus Messehalle und Shopping Mall – ist es angenehm kühl. Hier findet bis Samstag zum zweiten Mal die Frieze statt, die auch einige Galerien mit Sitz in Berlin in die koreanische Hauptstadt bringt. Parallel läuft im selben Gebäude die Korea International Art Fair (Kiaf): eine Traditionsmesse, veranstaltet seit mehr als 20 Jahren vom koreanischen Galeristenverband. Am Eröffnungstag sind die Gänge voll, erste Verkäufe werden bereits vermeldet.

Zu den Deutschen, die zur Frieze angereist sind, gehören auch Sprüth Magers. Sie nutzen die Messe in diesem Jahr als Anlass, um ihre Künstler:innen auch in einer temporären Ausstellung vorzustellen und in die Stadt hineinzuwirken. „Mondi Possibili“ heißt die Schau, die in Itaewon, dem Expat- und Ausgehviertel, stattfindet. Der Titel geht auf Pasquale Leccese zurück: den inspirierenden, italienischen Galeristen und langjährigen Lebenspartner von Monika Sprüth. Er war der Stichwort- und Ideengeber der Ausstellung, die in Seoul in der vierten Ausgabe zu sehen ist. Nachdem Leccese vergangene Woche zu früh, mit 66 Jahren, verstarb, ist sie ihm gewidmet. Denn er war es, der das kuratorische Konzept der Ausstellungsreihe an der Schnittstelle der Künste mitentwickelte. 

Thomas Scheibitz
Thomas Scheibitz „Zimmer“, 2012. © Thomas Scheibitz / VG Bild-Kunst, Bonn 2023, courtesy Sprüth Magers, Photo: Gunter Lepkowski

In Itaewon hat man „Mondi Possibili“ als fiktiven Wohnraum angelegt: Ein Zimmer ist mit einer Motivtapete von John Baldessari verkleidet, in einem anderen stehen Lucy Dodds „Holy Basil(ica) Chairs“. Die in Paris ansässige Künstlerin Henni Alftan, von der ebenfalls ein Werk auf der Messe präsentiert wird, hat für Seoul ein neues Gemälde geschaffen: „Armchair II“ zeigt eine Figur in Rückenansicht, tief versunken im titelgebenden Sessel, vor einem rosaroten Abendhimmel, der zu schön wirkt, um wahr zu sein. Vielleicht passt er gerade deswegen so gut nach Seoul – wo man in den letzten Wochen Sonnenuntergänge beobachten konnte, die genauso surreal leuchteten. Das Gemälde zieht einen hinein in die Ausstellung und bildet so zugleich die Brücke ins Außen.

Welche Rolle nimmt Seoul für Sprüth Magers auf dem asiatischen Kunstmarkt aktuell ein? 

Monika Sprüth: Der koreanische Kunstmarkt ist für uns eine Konstante seit vielen Jahren. Korea hat eine lange Sammeltradition für zeitgenössische Kunst. In den letzten Jahren haben wir die KIAF und nun zum zweiten Mal die Frieze besucht. Es ist jedes Mal etwas Besonderes nach Seoul zu reisen und die Museen, Galerien, Sammler und Künstler:innen zu besuchen. Für uns macht der kulturelle Austausch Korea so interessant. 

Philomene Magers: Einige unserer Künstler:innen haben mittlerweile Galerien in Seoul, hinzu kommen zahlreiche Ausstellungen in Museen, Resultate sind Ankäufe für die Sammlungen. Aus Sicht des Kunstmarktes ist Seoul sehr wichtig geworden, auch die Messen holen die entsprechenden Besucher:innen. 

Was versprechen Sie sich davon, parallel zur Messebeteiligung mit einer temporären Ausstellung in der Stadt präsent zu sein?

Monika Sprüth: Da wir keine Galerie in Seoul haben, bietet es sich zu bestimmten Zeitpunkten wie einer Messe an, unser Programm oder einzelne Künstler:innen in Ausstellungen zu zeigen. Wir haben weltweit Galerien und ein derartig räumlich flexibles Format ist für uns interessant. Es ist die vierte Ausführung des Ausstellungsformats „Mondi Possibili“, die zurückliegenden drei Ausstellungen zeigten wir 1989, 2006 und 2007 in Köln – mit fortlaufend wechselnder Beteiligung unserer Künstler:innen. „Mondi Possibili“ thematisiert den künstlerischen Diskurs von Kunst und Design, und bezieht Architektur, Musik und Mode mit ein. Die ausgestellten Werke untersuchen vertraute Objekte und eröffnen dem Betrachter eine Reihe von „möglichen Welten“ – durch erkennbare Zitate, spielerische Ansätze, verborgene Geschichten und den Humor in alltäglichen Gegenständen. Die Ausstellung parallel zur Messe ist ein Angebot, inhaltlich tiefer in ein Thema einzusteigen als es ein Messestand ermöglicht. 

Philomene Magers: Es bietet darüber hinaus dem Betrachter die Gelegenheit, weitere Werke einzelner Künstler:innen in einem kuratierten Kontext aus unserem Programm zu sehen. Wir hoffen auch, dass die Ausstellung als Beitrag gesehen wird für das nationale und internationale Publikum.

Immer mehr international tätige Galerien eröffnen Dependancen in Seoul. Planen Sie demnächst ebenfalls einen permanenten Standort zu eröffnen?

Philomene Magers: 2018 haben wir unser Büro in Seoul eröffnet, wodurch ein intensiver und direkter Austausch mit Museen und Sammlern stattfinden kann. Und wir haben seitdem viel mit Galerien vor Ort kollaboriert, zum Beispiel für David Ostrowski, Analia Saban und Thomas Scheibitz. Wir freuen uns nun mit „Mondi Possibili“ einen weiteren Teil unseres Programms im Rahmen einer Gruppenausstellung dem Publikum vor Ort zeigen zu können. 

Hyun-Sook Song Sprüth Magers
Hyun-Sook Song „8 Brushstrokes“, 2021, präsentiert Sprüth Magers in Seoul. © courtesy the artist and Sprüth Magers

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