Paris+ par Art Basel

Alle Augen auf Paris?

Die Kunstmesse Paris+ geht in die zweite Runde und auch die AKAA (Also Known As Africa) öffnet an diesem Wochenende ihre Türen. Auf Entdeckungstour durch den Pariser Messeherbst

Von J. Emil Sennewald
19.10.2023

Zum Messeherbst weht der Wind in Paris aus Basel. Die gute Kaufstimmung vom Rhein soll sich an der Seine fortsetzen, die Galerien sind zuversichtlich. Im vergangenen Jahr gab es den Auftakt des neuen Art-Basel-Ablegers Paris+, und das mit so großem Erfolg, dass manche gar den kompletten Abzug der wichtigen Messe in Richtung Eiffelturm fürchten. Die Woche unterm Basler Messeturm im Juni dieses Jahres spricht dagegen: 82.000 Menschen kamen zu 284 Galerien aus 36 Ländern. Kamel Mennour verzeichnete in Basel mehr als 40 Verkäufe allein am Eröffnungstag und verkündet das erfolgreichste Jahr seiner Galerie. Doch er traut auch der Paris+ wieder viel zu: „Die letzte war der Hit.“ Frankreich ist mit 5 Milliarden Dollar Umsatz und sieben Prozent Weltmarktanteil (Deutschland hält zwei Prozent) laut jüngstem Marktbericht der Schweizer Bank UBS im Allzeithoch. Der Verknappungseffekt der Paris+, die ab 20. Oktober nur 154 Galerien aus 34 Ländern und deutlich weniger Publikum ins Grand Palais Éphémère aufnehmen kann, bringt geschäftsfördernde Distinktion.

Für die steht Paris emblematisch seit Beginn des Absolutismus unter François I. In Nummer 26a der nach dem Luxuskönig benannten Straße nahe der Champs Elysées eröffnet Hauser & Wirth am 18. Oktober mit einer Soloschau des amerikanischen Malers Henry Taylor eine beeindruckende Dependance. Galeriedirektorin Séverine Waelchli leitet nach elf Jahren bei Thaddaeus Ropac jetzt neben der Filiale in Paris auch die in Monaco. In Paris zeigt die Galerie auch Werke von Mike Kelley, dessen Nachlass sie verwaltet. Pinaults Bourse de Commerce widmet dem Künstler zeitgleich eine Ausstellung. Zudem hat Hauser & Wirth gerade Camille Henrot ins Programm geholt, die der Scout-Galerist Kamel Mennour aufgebaut hat. Er will mit Ymane Chabi-Gara auf der Paris+ dem anhaltenden Drang zur Malerei Rechnung tragen, der sich nach der Figuration nun für Grenzgänge zum Abstrakten interessiert.

Christophe Person, einst Experte für zeitgenössische afrikanische Kunst beim Auktionshaus Artcurial und seit letztem Herbst Galerist im Marais, findet, „die Luft ist raus aus dem black portrait“, wie es afro-amerikanische Positionen vertreten. Dem „übermäßig ausgebeuteten“ Genre folgten nun, hofft er, Positionen „mit echtem Willen zu wirklicher Dekolonisierung vor Ort“. Damit meint Person etwa die marokkanische Künstlerin Ghizlane Sahli, die er im Oktober in der Galerie zeigt. Für seine Einschätzung spricht auch ein Neuzugang bei Jérôme Poggi. Der Galerist wird auf die Paris+ Werke der französische Künstlerin, Performerin und Schriftstellerin Josèfa Ntjam mitbringen, die sich zum Ziel gesetzt hat, Identitäten und Stereotype zu dekonstruieren.

Grand Palais Éphémère Paris Art Basel
Der Grand Palais Éphémère im Herzen von Paris beherbergt die Art Basel. © Patrick Tourneboeuf/RMN_GP/Tendance Floue/Foto: Marc Domage

Für solche Kunst steht AKAA, die vom 20. bis 22. Oktober Kunst und Design aus afrikanischen Ländern und der Diaspora präsentiert. AKAA hat sich als Spezialmesse für Entdeckungen mit zugänglichen Preisen behauptet. Doch musste sie einige Metamorphosen durchmachen, um rentabel aktuelle, eigenständige Positionen aus Afrika zu vermarkten. Kunst ohne Folklore-Touch geht bei den konventionellen Pariser Kunden noch immer schlecht. Auch deshalb präsentiert die AKAA sich in den ehemaligen Markthallen des Carreau du Temple betont als Kunst- und Designmesse. Unter dem Titel „Andere werden kommen“ legt die künstlerische Leiterin Armelle Dakouo mit Roundtables zu dieser achten Ausgabe der AKAA den Schwerpunkt auf Kuratoren als Kunstvektoren auf dem Kontinent.

Unter Neuzugängen aus Italien (Primo Marella), der Schweiz (Brulhart) oder den USA (Band of Vices) freut sich besonders O’DA Art aus Nigeria „auf Zugang zu einem neuen Ökosystem“, so Galerieleiterin Sunshine Alaibe. „Nach vielen unsicheren Jahren in Lagos wollen wir jetzt mit Positionen wie Obinna Makata, Soji Adesina und Taiye Idahor zur stabilen französischen Kunstszene mit starken Arbeiten zu afrikanischer Identität beitragen.“ Alaibe begrüßt „das Interesse der französischen Regierung an dem sozialen und ökonomischen Wert der Kunst“. Gemeint sind staatliche Förderstrukturen. Damit Paris nicht nur Schaufenster, sondern auch florierende Produktionsstätte für Kunst wird, braucht es freilich kurz vor den Olympischen Spielen in der Kunst-Traumstadt mehr Investitionen in Infrastruktur, in Ateliers und Lebensräume.

Service

MESSE

Paris+ par Art Basel,

Grand Palais Éphémèr,

20. bis 22. Oktober

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AKAA (Also Known As Africa),

Carreau du Temple,

20. bis 22. Oktober

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