10 unter 10.000

Blaues Begehren

Sie finden die Kunstmarktpreise oft schwindelerregend? In unserer Reihe „10 unter 10.000“ durchforsten wir Galerien und Auktionshäuser nach Kunst, die (noch) erschwinglich ist. Folge 24: ein Rasterbild von Sarah Morris und ein weißer Kakadu

Von Clara Zimmermann
02.11.2023

„Die Party ist vorbei“ von Sonya Schönberger

Experimentelle Metallfassaden waren einst das Markenzeichen der DDR-Warenhauskette „Centrum“. Die rasterartig ornamentierten Außenseiten wurden individuell für jedes Kaufhaus gestaltet. Im Jahr 1979 eröffnete am Berliner Ostbahnhof die größte und modernste Filiale. Nach der Wende wurden die Warenhäuser unter den westdeutschen Kaufhausketten aufgeteilt. Das ehemalige „Centrum“-Kaufhaus am Ostbahnhof wurde erst Galeria Kaufhof, dann 2017 geschlossen und komplett entkernt und umgebaut. Sonya Schönberger, Jahrgang 1975, konnte einige der Glas-Mosaik-Steine der bunten Fassade retten. In ihrer Arbeit erforscht die Künstlerin den wirtschaftlichen Umbruch und den Verlust von Alltagsorten der ehemaligen DDR. Die Glasobjekte aus ihrer Serie „Die Party ist vorbei“ (2022) wurden aus den eingeschmolzenen Steinen der Fassade geblasen. Die Gefäße sind Teil der Schau „Räume mit Aussicht“, die noch bis zum 26. November im Kunst Haus Mitte läuft. Die Gruppenausstellung der Villa-Aurora-Stipendiat:innen von 2022 gibt Einblicke in die Projekte, die während ihrer Residenz in Los Angeles entstanden sind. Schönbergers Serie steht dort für 8450 Euro zum Verkauf.

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Sonya Schönberger, „Die Party ist vorbei“, 2022. © Courtesy of the artist, VG Bild-Kunst, Bonn 2023

„Deviancy is the Essence [Sound Graph]“ von Sarah Morris

Ihre großformatigen Rasterbilder erinnern an bunte Spinnennetze, frühe Fernsehtestbilder oder fröhliche Verkehrsnetze – und vermitteln stets das Gefühl, Teil eines Systems zu sein. Sarah Morris, Jahrgang 1967, lebt und arbeitet in New York. Ihre einzigartigen Kompositionen kennzeichnen abstrakte Geometrie und leuchtende Farben. „All Systems Fail“ lautet der Titel ihrer großen Überblicksausstellung, die gerade durch Deutschland tourt. Bis zum 10. März 2024 zeigen die Kunstmuseen Krefeld neben ihren berühmten Rasterbildern auch Videoarbeiten, Filmplakate und Skulpturen. In ihren Filmen erzählt Morris, die ursprünglich aus England stammt, Geschichten großer Städte. Dabei fängt sie gekonnt die Atmosphäre des politischen, ökonomischen und alltäglichen Lebens ein. Der Siebdruck von 2023 (Edition 40 + 8 A.P.) kann für 1250 Euro im Museumsshop erworben werden. Er misst 42 x 42 Zentimeter.

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Sarah Morris, „Deviancy is the Essence [Sound Graph]“, 2023. © Sarah Morris, Foto: Dirk Rose

„Soft Alliance III.“ von Zsófia Keresztes

Die skulpturalen Arbeiten von Zsófia Keresztes bewegen sich zwischen realen und virtuellen Identitäten. Ihre meist in Pastelltönen gehaltenen amorphen Körper wirken auf den ersten Blick sehr verspielt, doch merkt man bei genauerem Hinsehen, dass sie mit mythologischen Bildern und theoretischen Texten aufgeladen sind. Kennzeichnend für ihr Werk der letzten Jahre ist die Verwendung von Glasmosaiken. Der glänzende Schimmer des Glases lässt die 38 Jahre alte Künstlerin an die glänzende, glatte Oberfläche innerer Organe denken. Vergangenes Jahr vertrat die ungarische Künstlerin ihr Heimatland auf der Venedig-Biennale. In diesem Herbst widmet ihr die Berliner Galerie König noch bis zum 11. November eine Solo-Schau mit dem Titel „In Ethylene Arms“. Die an zwei Regenwürmer erinnernde Skulptur „Soft Alliance III.“ von 2022 (35,7 x 66 x 23 Zentimeter) kostet 10.000 Euro.

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Zsófia Keresztes, „Soft Alliance III“, 2022. © Courtesy of the artist & KÖNIG GALERIE

„Eros in the Bush, Fuchsia“ von Nadira Husain

In ihren Werken verschmelzen Symbole aus verschiedenen Kulturen, Hierarchien lösen sich auf, neue Geschichten, die außerhalb der visuellen Gewohnheiten des eurozentrischen Kunstraums liegen, werden geschrieben. Nadira Husain erforscht Fragen der Postmigration, Transkulturalität und kulturellen Hybridität. Die 1980 in Paris geborene Künstlerin mit indischen Wurzeln ist Gastprofessorin an der Universität der Künste in Berlin, wo sie einen intersektionell feministischen Ansatz in der Kunstlehre anstrebt. Das Mixen von indischen, europäischen und islamischen Figuren und Ornamenten gehört zum Erfolgsrezept der Künstlerin. Neben Malerei und Zeichnung zählen auch Handwerkstechniken wie Textil und Keramik zu ihrem künstlerischen Repertoire. Die Berliner PSM Gallery bietet die Arbeit „Eros in the Bush, Fuchsia“ von 2022 (60 x 49 Zentimeter) für 5000 Euro an.

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Nadira Husain, „Eros in the Bush, Fuchsia“, 2022. © Courtesy of the artist an PSM, Berlin, Foto: Silvia Ros

„Schrödinger’s Bird, 15“ von Svenja Schüffler

Für ihre filigranen Arbeiten ritzt Svenja Schüffler Netz- und Linienmuster ins Papier, anschließend bearbeitet sie diese mit Bleistift und Pastellkreide. Die plastische Wirkung dieser Technik erweckt den weißen Kakadu mit seiner eindrucksvollen Federpracht (fast) zum Leben. Die Zeichnung der 1972 geborenen Künstlerin ist Teil ihres Projekts „An Experiment on a Bird“, das auf Bezug auf das berühmte Gemälde „An Experiment on a Bird in the Air Pump“ des britischen Künstlers Joseph Wright of Derby von 1768 nimmt. In ihrem Œuvre verbindet Schüffler, die eigentlich Geologie studiert hat, die Themen Mensch, Erde und Wissenschaft. Der Kunsthandel Jörg Maaß in Berlin bietet das Werk inklusive Rahmen und UV-Glas für 7800 Euro an. Die Arbeit aus dem Jahr 2021 misst 63,4 x 50 Zentimeter.

Svenja Schüffler Kunsthandel Jörg Maaß
Svenja Schüffler, „Schrödinger's Bild 15", 2021. © Studio Svenja Schüffler, Kunsthandel Jörg Maaß

Hier geht’s zur vorherigen Folge von „10 unter 10.000“.

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