Die Affordable Art Fair geht unkonventionelle Wege. Das verhilft der Messe für zeitgenössische Kunst zu weltweiten Auftritten wie jetzt in Brüssel
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05.02.2024
Hundert Euro – so viel verlangen manche Messen allein für den Eintritt zu ihrer Preview, auf der man früher als andere durch die Stände der Galerien flanieren kann. Für hundert Euro gab es auf der Affordable Art Fair dann schon einiges zu kaufen. Anfangs jedenfalls, schließlich liegt die Gründung der Messe durch Will Ramsay und ihre Premiere im Londoner Süden inzwischen ein Vierteljahrhundert zurück.
Seitdem hat sich einiges getan: Die Affordable Art Fair ist zum Netzwerk von Messen in über einem Dutzend Metropolen geworden, zu denen neben Melbourne, Hamburg, New York oder Schanghai bald auch Berlin gehört. Und die Preise für jene zeitgenössische Kunst, die hier gezeigt wird, haben sich mehrfach nach oben verschoben. Weil Ramsay und seine globalen Messedirektoren die Bereitschaft beim Publikum gesehen haben, auch mehr zu investieren. Doch immer noch gilt das Credo des Gründers, „Kunst bezahlbar und einem breiteren Publikum zugänglich zu machen“.
Der Erfolg seines Konzepts gibt ihm Recht. Längst sind jene 5900 Euro, die die kanadische Malerin Erin Armstrong auf der kommenden Affordable Art Fair in Brüssel am Stand der Private Walls Gallery für ihr figuratives Motiv „Veil of Night“ (2022) erwartet, keine Seltenheit mehr. Ein Künstler wie Costa, der seit drei Jahrzehnten ausrangierte Verkehrszeichen sammelt und daraus im Stil der Affichisten der Fünfzigerjahre urbane Embleme montiert, schraubt die Preise für seine verschweißten Metallbilder auf 8000 Euro hoch (Galerie Art Jingle). Doch immer noch tauchen dazwischen Arbeiten wie die hölzerne Skulptur „Maud“ von Klaas Vanderperren für 750 Euro auf (Nassau 42 Fine Arts). Und wenn es um Editionen wie im Fall von Lindert Steegen geht, der als multidisziplinärer Künstler zwischen Design und Street Art balanciert, kann eine Arbeit durchaus noch immer hundert Euro kosten. Wobei der 1997 geborene, derzeit in Gent lebende Künstler seine plakative Auflagenkunst am Stand der Kalkman Gallery auf angenehme zehn Exemplare begrenzt.
„Slowley but Surely“ steht auf dem grafisch gestalteten Blatt. Die Affordable Art Fair könnte es glatt zu ihrem Logo machen, denn das stetige, vorsichtige Wachstum ist ein Markenzeichen der Messe. Im Industriedenkmal Tour & Taxis versammelt Blythe Bolton, seit 2021 Messeleiterin in Brüssel, 85 Galerien. Als die Kunst- und Antiquitätenmesse Brafa noch hier stattfand, versammelte sie locker fünfzig Teilnehmer mehr und wirkte längst nicht überfüllt. Die AAF hält sich bewusst übersichtlich: Schließlich finden in den Ständen der Galerien aus Frankreich, den Niederlanden, Deutschland, Spanien, Rumänien, Kanada, Japan oder Korea ganze 600 Künstler wie Künstlerinnen mit ihren Werken Platz. Das ist schon eine ganze Menge.
Viele sind noch nicht international renommiert, Konzeptkunst ist selten, abstrakte Malerei immerhin sichtbar präsent; etwa mit Dirk Gross oder Edouard Schneider (beide Frock Gallery). Valérie Betoulaud (Galerie Isabelle Laverny) changiert zwischen den Genres, bei Antoine de Tyssandier (Galerie Cécile Duffay) heben surreale Elemente die Realität seiner Malerei auf. Eine Entdeckung ist die japanische Künstlerin Maki Kuchida, die von Eye Contemporary Art vertreten wird: Genau wie Vanderperren und Steegen erhält sie von ihrer Galerie eine Soloschau, die Kuchidas märchenhafte Sujets auf Seide oder Reispapier konzentriert zur Geltung bringt.
Hier dominiert Inhaltlichkeit vor optischer Anziehungskraft. Ähnlich wie bei der französischen Künstlerin Philippine Henry de Frahan, die alte Bücher auffächert, um daraus Plastiken wie „Untitled Books“ (1900 Euro) zu machen. Ihren Arbeiten begegnet man in der AFF-Sektion „Spotlight“, die sich diesmal unkonventionellen Materialien widmet: Jeans, Barbies, recycelten Plastikflaschen oder eben „vergessenen Büchern“, die im Kontext der Kunst eine neue Bedeutung bekommen.