Die Paris Tribal überrascht mit einem außergewöhnlichen Angebot an traditioneller indigener Kunst
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24.04.2024
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Erschienen in
Kunst und Auktionen Nr. 7/24
Für die traditionelle Kunst Afrikas und Ozeaniens waren die beiden wichtigsten Spezialmessen der Parcours des Mondes in Paris und die Bruneaf in Brüssel. Letztere wurde aufgelöst, in ihre Fußstapfen versucht nun die Civilisations zu treten. Bei diesem „Zweikampf“ kam allerdings ein Galerienrundgang in der Öffentlichkeit zu kurz, der in diesem Jahr zum elften Mal durchgeführt wird: die Paris Tribal. Die Paris Tribal findet im Galerienviertel Saint-Germain-des-Prés statt – also im selben Areal wie der Parcours. Das ist natürlich kein Zufall, denn dort haben die wichtigsten französischen Galerien für diese Kunst ihre festen Ausstellungsräume. Im Vergleich zum Parcours, der im kommenden September auch die Sammler aus Übersee anzieht, ist die Atmosphäre entspannter. Die Teilnahmegebühr für die Aussteller ist relativ niedrig, so dass sie weniger unter Verkaufsdruck stehen. Deswegen nehmen die mehr als 40 beteiligten Galeristen zusätzlich diese Präsentationsmöglichkeit im Frühling wahr.
Für den Sammler lohnt sich die Paris Tribal im Vergleich zum Parcours, da sie nicht überlaufen ist und er oder sie sich in Ruhe mit den Galeristen austauschen und die Objekte begutachten kann – ohne größere Abstriche bei der angebotenen Qualität hinnehmen zu müssen. Julien Flak, der die Paris Tribal leitet, hat sich mit seinem Team in diesem Jahr eine besondere Aktion ausgedacht: Unter dem Motto „Unexpected“ sollen die Galeristen Werke zeigen, die überraschen und im Idealfall eingefahrene Erwartungs- und Sehmuster durchbrechen. Gekennzeichnet sind sie mit einem Aufkleber. Anthony Meyer hat ich das wohl am meisten zu Herzen genommen: Er präsentiert seine Privatsammlung von 99 Miniaturbronzen aus Afrika. Dies hätte man von dem Ozeanien- und Inuit-Experten nicht erwartet. Trotz ihrer geringen Größe steckt in ihnen all die Abstraktion und Kraft, die ihre Liebhaber an afrikanischer Kunst schätzen.
Mindestens ebenso überraschend ist ein Besuch in der Galerie Bruno Frey, wo auch Gemälde zu sehen sein werden. Die wenigsten wussten, dass Frey nicht nur mit afrikanischer Kunst handelt, sondern auch selbst malt. Etwas unerwartet für eine Messe für afrikanische und ozeanische Kunst ist die Teilnahme einer Galerie, die sich auf Japan spezialisiert hat. Aber die Galerie Kiyala geht noch weiter: Sie präsentiert in erster Linie nicht den erwartbaren Kanon japanischer Objekte, sondern seltene Dantsu-Teppiche. Beeindruckend sind auch die klassischen Themenausstellungen. Franck Marcelin zeigt in seiner Ausstellung „Art du Grand Nord“ fast 100 Inuit-Objekte von der Nordwestküste, aus British Columbia und Grönland. Die Ausstellung wird von einem Katalog begleitet. Seine dreiteilige Maske der Yup’ik aus Alaska stammt vermutlich aus dem 19. Jahrhundert. Nach Marcelin befindet sich ein Gegenstück im Phoebe A. Hearst Museum für Anthropologie in Berkeley.
Übrigens: Die Messe läuft noch bis 28. April in Saint-Germain-des-Près in Paris (mehr Infos unter www.paristribal.com).