Das Gallery Weekend in Berlin feiert in diesem Jahr seine 20. Ausgabe mit 55 teilnehmenden Galerien. Verlässlich stellt sich die Frage nach den Highlights – wir empfehlen diese acht Ausstellungen
Von
23.04.2024
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Erschienen in
Weltkunst Nr. 225
Ein Farbraum war das Highlight ihrer vorletzten Soloschau in der Galerie Esther Schipper (Potsdamer Straße 81 e). Man bewegte sich durch einen feinen Nebel mit dem Gefühl, Teil des Bildes zu sein. Dabei sind Emotionen nicht das Ziel der belgischen Künstlerin. Vielmehr experimentiert Ann Veronica Janssens wie im Fall von „Magic Mirrors (Pink & Blue)“ (2013/23) mit Licht, Farbe und optischen Phänomenen. Ihre Arbeiten bannen Flüchtiges in Skulpturen aus Sicherheitsglas, in Spiegelungen oder Projektionen mit Lichtimpulsen, sensibilisieren die Wahrnehmung und beziehen die Architektur mit ein. Dass ein Kunstwerk immersiv sei, wird oft behauptet. Im Fall von Janssens’ sechster Einzelpräsentation in der Galerie wird das definitiv zutreffen.
Das Werk des Künstlers gleicht einer immer vollen Wundertüte. Gerrit Frohne-Brinkmann, Jahrgang 1990, verwendet lebensgroße Puppen, Lampions, Keramik, Theaterrequisiten und was er sonst noch findet, um seine Reflexionen über Natur und Kultur visuell in Form zu bringen. Mit „Prop and Predator“ zeigt er in der Galerie Noah Klink (Kulmer Straße 17) eine neue Installation, die unterschiedliche Ansätze naturalistischer Tierdarstellung thematisiert. Dafür nutzt er sowohl eigens angefertigte keramische Plastiken von Schlangen (2024) als auch Vintage-Roboterspielzeug in Form von Katzen.
Eliza Douglas spielt oft eine Hauptrolle, meist allerdings in der Arbeit ihrer einstigen Lebenspartnerin Anne Imhof. Man kennt sie aus Performances wie „Angst II“ von 2016 im Hamburger Bahnhof oder „Faust“ von der Venedig-Biennale 2017 – und seit vergangenem Jahr von ihrer eigenen Aufführung „Everything Dies“ im Kunstpalast Düsseldorf. Douglas modelte unter anderem für Balenciaga, die physische Präsenz der Künstlerin ist manchmal schon unheimlich. Ihr malerisches Werk tritt dabei immer etwas in den Hintergrund, obwohl im Schinkel Pavillon bereits 2017 ihre erste Berliner Soloschau zu sehen war. Sympathien für flächige, gern auch populäre Motive und vieldeutige Botschaften waren damals erkennbar, und weiterhin denkt die an der Frankfurter Städelschule ausgebildete Künstlerin über die Rolle der Malerei im digitalen Zeitalter nach. Douglas entwirft, Reproduktionsmaler setzen ihre Konzepte um. All das macht ihre Ausstellung bei Contemporary Fine Arts (Grolmanstraße 32–33) zu einem Ereignis, das man auf keinen Fall verpassen sollte.
Ausstellungen von Wolfgang Tillmans sind immer eine Inszenierung. Kleine fotografische Formate treffen auf monumentale Bilder, Abstraktes konfrontiert er mit atmosphärischen Blicken aus dem Fenster in eine Winterlandschaft. Manches ist einem vertraut, Tillmans kombiniert in seinen sorgfältig abgestimmten Arrangements oft frühe Fotos mit neuen Impressionen. „Intermodal Container in Mongolian Landscape“ (2023) ist solch ein frisches Motiv – und schon dieses eine Beispiel aus seiner jüngsten Ausstellung in der Galerie Buchholz (Fasanenstraße 30) macht deutlich, weshalb Tillmans als wichtigster Künstlerfotograf seiner Generation gilt: Das Bild bündelt seinen Sinn für das Absurde im Alltag, ist auf subtile Weise poetisch, vergisst aber auch die Gefährdung der Umwelt durch den globalen Handel nicht.