Mit 47 Galerien ergänzt die Volta das Angebot in Basel um zeitgenössische Kunst aus aufstrebenden Regionen
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11.06.2024
Vor gut zehn Jahren war Lee Cavaliere das erste Mal auf der Volta Art Fair in Basel: als Besucher und Mitarbeiter einer Londoner Galerie, die zur selben Zeit auf der weit arrivierteren Art Basel ausstellte. Dennoch zog es Cavaliere zur Volta, weil er jenes „Neue und Interessante“ sehen wollte, für das die ungleich kleinere Messe schon damals stand.
Diesen Status hat die Volta bis heute und dazu einen neuen Direktor. Cavaliere übernahm die Leitung der Messe im Sommer 2023, die jetzige 19. Ausgabe mit 47 Galerien aus 24 Ländern trägt erstmals seine Handschrift. Vieles, sagt er, bleibt dennoch beim Alten, allein schon weil an die siebzig Prozent der Galerien aus dem Vorjahr erneut teilnehmen, darunter renommierte Galerien wie Ethan Cohen aus New York, Barbara Stechow oder Heike Strelow, die beide in Frankfurt ansässig sind.
Gleichzeitig setzt Cavaliere, der schon für diverse Museen und andere Messen Ausstellungen kuratierte, neue Akzente; etwa mit einem Skulpturenpark, der das Angebot an zeitgenössischer Kunst erweitert. Die Volta eröffnet sich damit einen Weg nach außen über die Räume der ehemaligen Norvatis-Kantine hinaus, einer exzellenten Architektur aus den späten Sechzigerjahren. „Wie bei jeder Messe suche ich als Direktor nach Wegen, die Messe langfristig wachsen und sich entwickeln zu lassen“, sagt Lee Cavaliere.
Am Spirit der Messe, die 2005 von drei Galeristen gegründet wurde, soll das nichts ändern. Cavaliere spricht von der „passion to discuss“, die das Event in Basel wie in New York ‒ wo die Volta seit 2008 jeweils im Herbst stattfindet ‒ stets geprägt hat. Auf diesen Dialog sowohl zwischen dem Publikum und den Galerien als auch den Galeristen und Galeristinnen untereinander ist die Messe zurecht stolz. Dies und die „Chance auf Neuentdeckungen“ zeichnen laut Cavaliere die Volta aus. Beides soll während der kommenden Jahre ausgebaut werden.
Den „Zugang zu aufstrebenden und vielfältigen künstlerischen Stimmen“ bietet die frische Sektion „First“ für Galerien, die erstmals den vitalen Baseler Kunstmarkt betreten. Möglich wird ihre Teilnahme dank preiswerterer Kojen mit begrenzter Fläche, die manche der „Firsts“-Teilnehmer sogar für Soloschauen nutzen. In jedem Fall richten sie den Fokus auf künstlerische Positionen aus bislang wenig repräsentierten Regionen. So präsentiert die nigerianische Wunika Mukan Gallery textile Arbeiten der aus Alabama stammenden Künstlerin Erin LeAnn Mitchell. Ihr Werk rückt überwiegend Schwarze Frauen ins Zentrum der Motive, beschäftigt sich mit Fragen der Ästhetik und Konzepten des Afrofuturimus. Die US-amerikanische Abigail Ogilvy Gallery reist mit Werken der von ihr vertretenen Künstlerinnen Katrina Sánchez und Alison Croney Moses an; einmal mit taktilen Skulpturen aus Stoff sowie mit amorphen Holzskulpturen. In der Sektion „First“ trifft man außerdem auf Galerien wie Ipercubo aus Italien, Lagos aus Mexiko, Odds and Ends aus Hongkong, die portugiesische Perve Galerie oder Tamara Kreisler, die ihre Räume erst vergangenes Jahr in Madrid eröffnete.
Mit dem Creative Growth Art Center, Oakland, feiert ein Non-Profit-Space, der für ein inklusives Kunstkonzept steht, seinen 50. Geburtstag auf der Volta. Die Perve Galeria aus Lissabon zeigt an ihrem Stand Bilder des ukrainischen Fotografen Bogdan Gulyay. In der Einladung von Warin Lab Contemporary nach Basel spiegelt sich Cavalieres Interesse an inhaltlich aufgeladenen Projekten: Die junge Galerie aus Bangkok arbeitet mit internationalen Künstlerinnen wie Eri Imamura sowie Kuratoren zusammen und stellt Fragen zu Umwelt und Nachhaltigkeit der Kunst.
Nicht zuletzt wirft die Volta einen Blick auf Galeristinnen, die „momentan einen kommerziellen Aufstieg im Kunstmarkt erleben“. Dazu gehört Gillian Jason aus London, die in dritter Generation allein von Frauen geführt wird und ausnahmslos Künstlerinnen vertritt. Die Galerie reist mit figurativen, großformatigen Arbeiten von Eleanor Johnson und Georgia Dymock an, während Lechbinska aus Zürich Werke von Hyunae Kang zeigt ‒ der einzigen weiblichen Vertreterin des Dansaekhwa, einer monochromen, vom abstrakten Expressionismus inspirierten Malerei aus Südkorea. Architektur und Nachhaltigkeit stehen im Zentrum der Künstlerin Bonnie Severien, die von der niederländischen Rademakers Gallery repräsentiert wird.
Mit dem „Female Gaze“, dem weiblichen Blick auf die Kunstszene, rundet sich das Programm der aktuellen Volta. Sie bietet eine Vielfalt an Perspektiven und profitiert dabei nicht zuletzt vom Netzwerk der Ramsay Fairs. Die Messegesellschaft und Organisatorin von 19 globalen Ausgaben der Affordable Art Fair hat die beiden Volta-Messen 2019 gekauft und führt sie seitdem als Premiumprodukte in ihrem Portfolio.