Kunst- und Antiquitätenwochen

Bamberg träumt weiter

In Bamberg ist die Geschichte in sinnenfroher Weise lebendig geblieben. Dazu tragen auch die Kunst- und Antiquitätenwochen im Juli und August bei

Von Sebastian Preuss
19.07.2024

Auch wenn Schönheit eine sehr subjektive Angelegenheit ist, steht es doch als unbestreitbare Tatsache fest: Bamberg ist eine der schönsten Städte in Deutschland. Viele, die zum ersten Mal hierherkommen, reiben sich die Augen und empfinden es als ein Wunder, dass man sich wie in einem Zeitsprung nicht nur an der berühmten romanischen Kathedrale mit ihren Kunstschätzen berauschen, sondern noch eine mauerbewehrte Dom-Immunität mit den Kurien der Geistlichen erleben kann, die sich so nirgendwo erhalten hat. Und dann die ganze barocke Pracht, angefangen bei der Neuen Residenz der Fürstbischöfe, steil aufragend am Rand des Dombergs, über die römisch inspirierten Kirchenfassaden von St. Martin, St. Stephan oder St. Michael bis hin zu den aufwendig dekorierten Adelspalais und einer Fülle von Bürgerhäusern mit feinen Außengliederungen des 18. Jahrhunderts, schließlich das auf einer Brücke erbaute Rathaus.

„Bamberg ist Therapie“

Durch Bamberg zu flanieren ist eine Wohltat, weil hier die Geschichte in sinnenfroher Weise lebendig geblieben ist. Dazu gehört auch die Lage an der Regnitz, in der man an einigen besonders idyllischen Stellen auch baden kann. Ebenso Teil des Wohlbefindens, das einen hier unwillkürlich erfasst, ist die Geselligkeit in urigen Gasthäusern wie dem 600 Jahre alten Schlenkerla. „Bamberg ist Therapie“, hat der Kunsthändler Walter Senger einmal gesagt. Recht hat er, womit wir bei einem weiteren Aspekt wären, der zum Reiz des Ortes beiträgt: Inmitten der Altstadt konzentrieren sich die Kunst- und Antiquitätenhandlungen. Mit ihren verführerisch gefüllten Schaufenstern fallen sie sofort ins Auge. Tritt man ein, eröffnen sich wahre Wunderkammern, von der gotischen Skulptur über Rokokomöbel bis zu modernem dänischen Silber. Einerseits die Stadt mit ihren Kunstschätzen in den Kirchen, Schlössern und Museen, andererseits die hier käuflichen Artefakte, das ergänzt sich bestens.

Man tut gut daran, die Attraktionen Bambergs nicht nur auf sich wirken zu lassen, sondern sich auch auf die Geschichte hinter den Bauten und Kunstwerken einzulassen. Dann erschließt sich nämlich noch viel mehr von der Bedeutung dieser Stadt. Man übertreibt nicht mit der Feststellung, dass Bamberg fast alles, was es für uns heute so reizvoll macht, einem einzigen Mann verdankt: Heinrich II. Als bayerischer Herzog setzte er sich bei der Königswahl von 1002 durch, und nach seiner Krönung machte er sich daran, gegen alle Widerstände unter den Bischöfen und Reichsfürsten ein neues Bistum in Franken zu gründen. Als Sitz hatte er die Burg („castrum“) Babenberg auserkoren, ein Familienbesitz der Bayernherzöge. Von seiner Kindheit an habe er diesen Ort „besonders geliebt und vor den übrigen besonders gehegt und gepflegt“, schreibt sein Biograf Thietmar von Merseburg.

Es dauerte fünf Jahre, bis eine Mehrheit der Bischöfe 1007 der Neugründung zustimmte. Heinrichs Durchsetzungskraft manifestierte sich schon darin, dass er bereits vorher auf dem Burgberg mit dem Bau eines großen Gotteshauses beginnen ließ. Es sollte der erste Dom werden, koste es, was es wolle. Der König, seit 1014 auch Kaiser, war oft in Bamberg und beschenkte das Bistum in verschwenderischer Fülle mit Ländereien. Zudem überhäufte er die neue Kirche mit Reliquien, prachtvollen liturgischen Handschriften, Goldschmiedearbeiten und Luxusgewändern, wie die goldbestickten Mäntel von ihm und seiner Gattin Kunigunde. Letztere sind heute im Diözesanmuseum zu bestaunen, und eine der schönsten Schenkungen Heinrichs, die „Bamberger Apokalypse“ aus der Reichenauer Buchmalerwerkstatt, wird in der Staatsbibliothek in der Residenz verwahrt.

Heinrich II. als prägende Figur der Stadt

Vor tausend Jahren, am 13. Juli 1024, starb Heinrich. Bestattet wurde er im Bamberger Dom, wo er und Kunigunde seit 1513 in einem Grabmal von Tilman Riemenschneider ruhen. Das Kaiserpaar war da bereits seit Jahrhunderten heiliggesprochen und erfuhr besonders in „seinem“ Bistum hohe Verehrung. Durch die Förderung Heinrichs stiegen die Bischöfe zu wichtigen Reichsfürsten auf – was das Stadtbild und die Kunst Bambergs für Jahrhunderte prägte. Am prominentesten zu sehen natürlich am zweiten Dombau, der zwischen 1190 und 1240/50 entstand. Er bietet noch einmal die imposanten Steinmassen der Romanik auf, adaptierte aber während der Bauzeit immer mehr frühgotische Formen aus Frankreich, nicht zuletzt bei den expressiven Skulpturen der Synagoge oder den Verdammten am Weltgericht des Fürstenportals und natürlich dem alles überstrahlenden „Bamberger Reiter“, eines der berühmtesten deutschen Kunstwerke, um dessen Deutung die Historiker seit Generationen rätseln.

Die Bamberger wissen, was sie Heinrich II. verdanken. Darum wird er im Gedenkjahr im Historischen Museum ab 25. Oktober in einer großen Ausstellung gewürdigt, die ihren Fokus besonders auf das Alltagsleben am Hof des Herrscherpaars richtet. Und die Staatsbibliothek beleuchtet ab 16. September die Verehrung des heiligen Kaisers in der Frühen Neuzeit. Im Grunde ist die ganze Altstadt ein Erinnerungsort Heinrichs, denn auch die Barock- und Rokokobauten, die Bamberg seine südliche Atmosphäre verleihen, sind eng mit der Geschichte der Fürstbischöfe verbunden. Der Traum des kaiserlichen Bistumgründers war auch ihr Traum: Bamberg weiter auszubauen und zu verschönern. Dass dabei etwas Einzigartiges entstand, würdigte die Unesco 1993 mit der Verleihung des Welterbestatus.

Doch Bamberg ist kein Museum, sondern quicklebendig und dank der Universität auch sehr jung. Alle Generationen haben ihre Freude an der Geschichte, die hier unübersehbar ist.

Service

Mehr Infos

Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen, bis 23. August

Die Galerien sind Mo–Fr 10–18 Uhr, Sa 10–16 Uhr geöffnet, So/Feiertag mit Anmeldung

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