Die Art Rotterdam vereint die ganze niederländische Kunstszene unter einem neuen Dach und schafft nun noch mehr Platz für die Präsentation junger Positionen
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25.03.2025
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Erschienen in
Kunst und Auktionen Nr. 5/25
Der langjährige Austragungsort der Art Rotterdam, die wunderschöne denkmalgeschützte Van-Nelle-Fabrik aus den 1920er-Jahren, war vielen Galeristen und Sammlern ans Herz gewachsen. Jetzt aber müssen sie sich an einen neuen Ort gewöhnen. Die 26. Ausgabe der Messe findet vom 28. bis 30. März in dem südlich der Rotterdamer Innenstadt gelegenen Veranstaltungszentrum Ahoy statt. Messedirektor Fons Hof sieht durchaus die Notwendigkeit dieser Veränderung, denn die Art Rotterdam sei aus der Van-Nelle-Fabrik herausgewachsen. Der schmale Eingang habe oft zu Engpässen geführt, die Anzahl der Parkplätze war begrenzt, und es gab nicht genug Möglichkeiten für die Gastronomie.
Das wird sich in dem auf Großereignisse wie Tennisturniere oder Popkonzerte ausgerichteten, gleichwohl architektonisch eher konventionellen Ahoy Convention Centre wohl ändern. „Das Beste ist, dass es Platz für mehr Galerien und mehr Besucher gibt“, sagt auch Alexander Mayhew von der Galerie Dürst Britt & Mayhew aus Den Haag, die schon seit 2015 an der Art Rotterdam teilnimmt. Auch die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr sei viel besser und man habe sich eine Verbesserung des gastronomischen Angebots gewünscht. An ihrem Stand zeigen Dürst Britt & Mayhew einen spannenden Dialog zwischen der für ihre lebhaft farbigen Holzreliefs mit Tier- und Pflanzendarstellungen bekannten mexikanischen Künstlerin Alejandra Venegas (* 1986) und dem Niederländer Willem Hussem (1900–1974), dessen Nachlass die Galerie vertritt. Von dem Künstler sind zwischen 1920 und 1960 entstandene abstrakte Gemälde und Arbeiten auf Papier zu sehen.
126 Galerien aus rund 20 Ländern nehmen an der diesjährigen Art Rotterdam teil. Aus Berlin anreisen wird die noch junge Galerie Zyrland Zoiropa. Die Art Rotterdam stellt erst ihre zweite Messeteilnahme dar. Galeriedirektor John Ryan fühlt sich besonders von der „New Art Section“ angezogen und betont: „Es ist wichtig, dass Messen Anstrengungen unternehmen, Newcomer zu unterstützen und nicht nur das Establishment.“
Kuratieren wird diese 20 Galerien umfassende Sektion in diesem Jahr die international erfahrenen Berlinerin Övül Ö. Durmusoğlu. Mit der ebenfalls in Berlin lebenden New Yorker Malerin Elizabeth Ravn und dem Berliner Videokünstler Jonas Brinker bringt Zyrland Zoiropa zwei vielversprechende Talente mit, auf die Sammler und Kuratoren längst ein Auge geworfen haben. Ravn ist bekannt für ihre schonungslos realistische Malerei mit Motiven aus ihrem privaten Umfeld. Und Brinkers zeigt zur Zeit im Kunstverein Harburger Bahnhof seine poetisch aufgeladene Videoarbeit „What Remains of Light“.
Ebenso in der New Art Section vertreten ist die Pizza Gallery aus Antwerpen. Galerist Robert Mochen zeigt mit dem Niederländer Willem De Haan und dem Belgier Karl Philips zwei multimedial arbeitende Künstler, die gesellschaftliche Konventionen mit subversivem Humor kritisch hinterfragen. Den niederländischen Sammlern attestiert Mochen eine gewisse Zurückhaltung gegenüber dem Unbekannten und eine eher vorsichtige, kalkulierte Herangehensweise als impulsive Leidenschaft. Ist das Vertrauen jedoch einmal aufgebaut, sei ihr Engagement tief und langfristig. „Diese methodische Art des Sammelns steht im Gegensatz zu dem eher instinktiven Ansatz in Belgien, wo Sammler oft direkte und informelle Beziehungen zu Künstlern pflegen“, so Mochen.
Ein wichtiger Grund, mit der gesamten Messe umzuziehen, war für Messedirektor Fons Hof außerdem, dass die Van-Nelle-Fabrik der parallel zur Art Rotterdam laufenden und beim Publikum beliebten Nachwuchspräsentation „Prospects“ des Mondriaan Fonds für dieses Jahr keine Räume mehr zur Verfügung stellen konnte. Er erkannte sofort die Chance, das Messekonzept der Art Rotterdam zu erweitern. Im Ahoy gibt es jetzt viel Platz für die Prospects, die Arbeiten von 116 jungen Hochschulabsolventen präsentieren werden. Auch die Bereiche „Sculpture Park“, „Intersections“ (großformatige Arbeiten) und „Projections“ (Videokunst) feiern ein Comeback. Alle drei waren in früheren Ausgaben aufgrund von Platzmangel gelegentlich ausgeschlossen worden. „Es wird ein Gesamterlebnis mit einem breiten Spektrum sammelwürdiger Kunst bis hin zu Arbeiten, die für Institutionen von Interesse sind“, betont Hof.
Für den etablierten Amsterdamer Galeristen Ron Mandos ist die Messe ein Pflichttermin: „Was die Art Rotterdam so einzigartig macht, ist, wie sie die gesamte niederländische Kunstszene unter einem Dach vereint. Galerien, Museumsdirektoren, Kuratoren und Sammler kommen hier zusammen, um sich mit neuen Werken auseinanderzusetzen und Ideen auszutauschen.“ An seinem Stand wird Ron Mandos erstmals Arbeiten des in New York lebenden 28-jährigen Bildhauers und Performancekünstlers Miles Greenberg zeigen. Dieser hat in der Vergangenheit unter anderem mit Robert Wilson und Marina Abramović zusammengearbeitet. Neben der skulpturalen Arbeit „Mars“ von 2022 wird auch eine fotografische Serie mit Performance-Aufnahmen des Künstlers, der der afrikanischen Diaspora in Kanada entstammt, zu sehen sein.
Und wie beurteilen die Händler den aktuell zu beobachtenden Trend zur Kaufzurückhaltung? Dazu noch einmal Ron Mandos: „Kein Zweifel, der globale Kunstmarkt wird von wirtschaftlichen Unsicherheiten und geopolitischen Krisen beeinflusst.“ Dennoch bemerke er gerade in den Niederlanden ein anhaltendes Interesse am Sammeln von Kunst, insbesondere bei der jüngeren Generation. Immer mehr Sammler suchten nach frischen Stimmen, die zeitgenössische Anliegen und neue Perspektiven widerspiegelten. „Das passt gut zu unserem eigenen Ansatz.“
Die ohnehin als Newcomermesse geltende Art Rotterdam verspricht für diese Art von Kunst, besonders mit der diesjährigen Ausgabe, genau der richtige Ort zu sein.