Die Kunst&Antiquitäten zieht es in den Olympiapark, die Highlights in der Residenz freut sich über hochkarätige Wiederkehrer. Und beide Messen setzen wie gewohnt ihre Glanzlichter im Münchner Kunstherbst
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12.10.2018
Zwei Veranstaltungen, die sich bestens ergänzen: Die 9. Highlights im Kaiserhof-Zelt von Tom Postma in der Residenz mit 40 Ausstellern, darunter eine stattliche Anzahl Tefaf-Teilnehmer. Parallel dazu die 98. Ausgabe der traditionellen Kunst & Antiquitäten München mit 60 Teilnehmern, die erstmals in der sogenannten Kleinen Olympiahalle stattfindet. Zeitlich sind sie diesmal eng getaktet, beide mit einer kurzen Laufzeit. Und räumlich sind die beiden Veranstaltungen jetzt mit einer direkten U-Bahn-Linie verbunden. Beide Messen avisieren Kunst von der Gotik bis in die Gegenwart, doch mit so unterschiedlichen Schwerpunkten und Exponaten, dass sich der Besuch beider Messen unbedingt lohnt.
Bei den Highlights betören Generalisten wie Senger, Franke und Mühlbauer, Röbbig oder Gierhards mit raren sammelwürdigen Exponaten. Und rund 20 vorwiegend deutsche Spitzen-Galerien warten mit einer erstklassigen Auswahl an Gemälden, Arbeiten auf Papier und Fotokunst von der Klassischen bis in die Nachkriegs-Moderne auf. Bei Kunst & Antiquitäten ist das Spektrum traditionell breiter gefächert und richtet sich an „Einsteiger“, Gelegenheitskäufer, veritable Sammler und typische Antiquitätenliebhaber gleichermaßen. Auf beiden Veranstaltungen sind auch österreichische Kollegen mit unterschiedlichen Programmen stark vertreten. Eine Vielzahl Kunsthändler und Galeristen hat uns einige Objekte exklusiv mit Preisen genannt, die einen anregenden Einblick in die vielseitigen Offerten beider Messen geben.
Nach Jahren der Abstinenz ist die Münchner Kunsthandlung Röbbig wieder dabei. Der elegant-raffinierten europäischen Kultur des 18. Jahrhundert verschrieben, sind ihre Messestände auf der Tefaf, in Paris, London oder New York legendär. Neben höfischer Interieur-Kunst bildet frühes europäisches Porzellan mit Meissen traditionell das Herzstück. Wie die Wiener Porzellanmanufaktur Du Paquier Meissener Vorbilder verarbeitet hat, führt ein Leuchterpaar mit Musikanten vor Augen (90.000 Euro). Ebenfalls Wiener Charme verströmt ein Vierersatz zweiarmiger Rokoko-Appliken aus vergoldeter Bronze und Messing mit polychromem Emaildekor, der Christoph Jünger um 1750/60 zugeschrieben werden kann (180.000 Euro).
Friedel Kirsch (Langeloh, Weinheim) ist ganz auf Porzellan und Fayence spezialisiert. Natürlich bringt auch sie hochkarätige Meissener Sammelobjekte mit: Dem Connoisseur wird die Wahl schwer fallen zwischen zwei Tellern aus dem „Earl of Jersey“-Service um 1739/40, die mit Kontur-Chinesen in See- und Gebirgslandschaften bemalt sind (je 25.000 Euro) und einer gleichzeitig ausgeformten Platte aus dem „Schwanenservice“ mit indianischem Blumendekor (48.000 Euro). Noch seltener und exklusiver sind eine Augustus-Rex-Flaschenvase, die wohl von Adam Friedrich von Löwenfinck um 1732/35 brillant mit indianischen Blumen bemalt worden ist (125.000 Euro) und eine weitere Augustus-Rex-Flötenvase, um 1725/27, mit Fächerchinesen im „Famille-verte-Stil“ von Johann E. Stadler bemalt (140.000 Euro).
Es gibt sie noch: die klassischen Kunsthändler mit einer breit gefächerten, Jahrhunderte verbindenden Offerte auf musealem Niveau. Dazu gehört Christian Eduard Franke aus Bamberg, bei dem man sich komplette Interieurs zusammenstellen lassen kann. Wenn kaum mehr Platz ist: hat man immer noch die Wahl zwischen einer kleinen feuervergoldeten „FRIC DU VAL A PARIS“ signierten Rokoko-Pendule um 1770 (23.600 Euro) und einer ebenfalls feuervergoldeten höfischen klassizistischen Pariser Pendule mit Allegorien und turtelnden Tauben, signiert „Gros Paris“, um 1780 (38.600 Euro). Ein Paar englischer Deckelvasen in Urnenform aus Birmingham um 1770/80 (38.600 Euro). Die großen Neuwieder Ebenisten Roentgen haben auch kleinere Objekte gefertigt: Franke hat eine edel furnierte Schatulle mit Geheimfach, Messingprofilen und Bronzebeschlägen, die Abraham Roentgen um 1755 den beliebten „tea caddys“ nachempfunden hat. Sie eignet sich hervorragend für Schmuck oder andere kleine Kostbarkeiten (29.400 Euro).
Der Tefaf-Aussteller Peter Mühlbauer aus Pocking gehört längst zu den führenden deutschen Händlern für Kunst und Kunsthandwerk von der Renaissance bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert. In München präsentiert er ein in Königsholz furniertes Louis-XV-Bureau plat mit vergoldeten Bronzen und Brandstempel von Jacques Dubois, das laut Steuer-Stempel um 1745/49 zu datieren ist (um 185.000 Euro). Eine zierliche „Façon de la chine“-Kommode mit weiß-blauer Vernis-Martin-Malerei und vergoldeten Bronzen stammt von Mattheau Criaerd (125.000). Eine Kommode sowie eine Ecoignure mit fast identischem Lackdekor lieferte der Ebenist 1742 an eine Mätresse Ludwigs XV. Beide Möbel befinden sich heute im Louvre. Leider nimmt der Münchner Georg Laue mit seiner singulären Kunstkammer-Objekten nicht mehr teil. Dafür macht die Galerie Dario Ghio aus Monte Carlo mit. Sie zeigt so aufregende Objekte, wie ein französisches Empire-Tintenfass in Gestalt des Höllenhundes Cerberus aus vergoldeter Bronze mit Rubin-Augen auf einem Marmor-Sockel (49.000 Euro) sowie das gut einen halben Meter hohe Elfenbein-Kruzifix mit Corpus Christi und Totenschädel, das dem Genueser Meister Guadalcanal aus dem 17. Jahrhundert zugeschrieben wird (160.000 Euro).
Der Skulpturen-Keller von Senger in Bamberg ist legendär. In München präsentiert er einen unterlebensgroßen rückseitig geflachten fränkischen hl. Rochus um 1500 in Lindenholz mit originaler Fassung ( 65.000 Euro). Das wohl schönste Möbel der Messe ist sein über und über reich marketierter Prunk-Aufsatzsekretär des frühen 18. Jahrhunderts, der 680.000 Euro kosten soll. Doch umfasst das Senger-Spektrum Möbel, Kunsthandwerk und Gemälde von der Renaissance bis zu Bildern von Alfons Walde. Skulpturen des 17./18. Jahrhunderts sind die Domäne von Rainer Jungbauer (Straubing). Diesmal kommt er mit einer Sammlung des führenden Prager Rokoko-Bildhauers Ignaz Franz Platzer. Da bezaubern ein Altarmodell für die spätere Ausführung der Nepomukgruppe auf dem Hradschin (120.000 Euro) sowie das monogrammierte Stuckrelief der hl. Familie mit dem Johannesknaben im originalen Rahmen (45.000 Euro). Ralph Gierhards bietet ein reizvolles Crossover mit Werken des 18. bis 20. Jahrhunderts. Von dem Limousiner Emailkünstler Camille Fauré (1874–1956) hebt er die signierte, von Lucie Dadat mit dem Dekor „Kagosima“ um 1948/55 emaillierte Vase der Form „Mathias“ heraus (38.000 Euro). Unter einer Auswahl Tierplastiken fällt die originelle, von Julius Robert Hannig signierte und 1887 datierte Carrara-Marmor-Skulptur „Amor mit Storch“ (55.000 Euro) ins Auge.
Alexander Kunkels Programm vertritt mit den Secesionisten um 1900 gleichsam die Schnittstelle zwischen der älteren Bild-Kunst und Klassischer Moderne. Preislich hat er bei seinen Arbeiten auf Papier „Einsteiger“ ebenso im Visier wie veritable Sammler. Sinn für Humor beweist Ernst Heilmanns 1907 im Simplicissimus veröffentlichtes getuschtes Aquarell „Gewissenhaft“ mit dem Begleit-Text „Wer hat eigentlich meine letzte Robe bezahlt? Ich möchte nicht, dass es einen zweimal trifft“ (6.500 Euro). In die Münchner Prinzregenten-Zeit entführt Josse Goossens mehrfach ausgestelltes Ölgemälde „In der Teestube“ im leuchtenden Kolorit des Spätimpressionisten (39.500 Euro). Die CeylonTeestube gab es wirklich. Kunkel hat alte Fotos dazu! Kapitalkräftige Sammler und Museen werden sich Lovis Corinths bekanntes Ölgemälde „Adriadne auf Naxos“ von 1913 (450.000 Euro) intensiver anschauen.
Bestens vertreten sind bei den Highlights die Klassische Moderne und Nachkriegskunst: Die Galerie Utermann (Dortmund) verweist auf Beckmanns „Anemonen“. Das Gemälde stammt ursprünglich aus der Verwandtschaft von Beckmanns Ehefrau Quappi und wird nun hier zum zweiten Mal für rund 500.000 Euro angeboten. Emil Noldes Aquarell „Lago Maggiore“ erhielt Jolanthe Nolde auf ihrer Hochzeitsreise 1948 als Geschenk. Nun kommt es zum ersten Mal auf den Markt (um 220.000 Euro). Bei Beck & Eggling ist Nolde mit einem tief leuchtenden „Herbstblumen“-Aquarell (280.000 Euro) vertreten. Wie breit das Programm der Düsseldorfer Galerie gefächert ist, zeigt ein 2017 datiertes „Portrait in Blues“ des 1942 in Spanien geborenen und in New York lebenden Manolo Vadés in Öl und Mischtechnik auf Leinwand (370.000 Euro). Bei den drei Brüdern Schlichtenmaier erwartet man traditionell Willi Baumeister! 1950/51 hat der große Stuttgarter „Schwebend“ in Öl mit Kunstharz auf Hartfaserplatte gemalt (150.000 Euro). Erfahrende Betrachter des Baumeister-Oeuvres erkennen darin die positive Stimmung der Nachkriegszeit und in der mittigen blauen Form eine Vorwegnahme späterer Bildelemente.
„Dominant Gelb“ lautet der Titel eines wunderbaren Ölgemäldes von Ernst Wilhelm Nay aus dessen besten Jahren 1959 (950.000 Euro) bei der Düsseldorfer Galerie Ludorff. Rund 40 Jahre später hat Karin Kneffel den Blick durch ein Eisengitter in die Parkanlage der Villa Doria Pamphili an der Via Aurelia Antica in Rom „G VI“ ebenfalls in Öl auf Leinwand gemalt (250.000 Euro). Wienerroither & Kohlbacher bezaubern mit dem traumhaft-zarten Ölgemälde „Architektur mit Sternen II“ von Lyonel Feininger aus dem Jahr 1945 (740.000 Euro). Eher albtraumhaft erscheint hingegen Alfred Kulbins „Verbautes Haus“ in Aquarell und Deckfarben um 1905/10 (95.000 Euro). Sinnliche Freuden verströmt Picassos erotische Buntstift-Zeichnung „Nu Couché et Musiciens“ von 1967 (480.000Euro). Die Galerie Schwarzer (Düsseldorf) kommt mit einem 1919 entstandenen, typischen, stark abstrahierten „Heilandsgesicht“ von Alexej Jawlensky (390.000 Euro). Sigmar Polkes vitale Mischtechnik-Kompositon von 1981 strahlt dagegen in leuchtender Farbigkeit (295.000 Euro).
Bei Thomas (München) steht der deutsche Expressionismus im Focus. Auf der Messe konzentriert sich die Galerie auf druckgrafische Arbeiten. Denn bei den Holzschnitten von Kirchner, Heckel, Pechstein oder Schmidt-Rottluff kommt der „Brücke“-Stil besonders deutlich zum Ausdruck. Erich Heckels Farbholzschnitt „Weiße Pferde“ von 1912 (78.000 Euro), und Max Pechsteins handkolorierter Holzschnitt „Badende I. von 1911/12 (84.000 Euro) wetteifern um die Gunst möglicher Käufer. Andere Klänge schlägt Wassily Kandinskys Farblithographie „Komposition“ von 1922 an (38.000 Euro). Achim Hagemeier, Frankfurt, kümmert sich seit über 30 Jahren um Josef Scharl, von dem die Galerie immer wieder Werke an bedeutende Museen Stiftungen verkaufen konnte. Nun bietet er ein „Blumenstillleben aus der frühen amerikanischen Zeit von 1942 für 65.000 Euro an. Christian Rohlfs‘ „Sommerfrische“ von 1922 kostet 225.000 Euro. Direkt aus dem Nachlass des Künstlers wartet das 1933 gemalte Hauptwerk „Tiergartenbrücke“ von Werner Scholz für 125.000 Euro auf einen neuen Besitzer. Die Münchner Galerie Karl Pfefferle überrascht mit einem Farbwunder von Dokoupil (99.000 Euro). Sehr viel preiswerter, für rund 3.600 Euro, kann man hier eine Reihe Bronzen von dem 1969 geborenen Multitalent Duncan Swann erwerben.
Gérard Schneiders Galerie Française, eine erste Adresse für Serge Poliakoff, hat uns als Besonderheit Marino Marinis duftige Tempera-Gouache „Giocolieri e cavallo“ von 1952 genannt (188.000Euro). Zero und Informelle Malerei stehen bei der Münchner Galerie Maulberger im Mittelpunkt. Auf der Messe zeigt sie die Mischtechnik auf Leinwand „18.2.1954“ von Karl Otto Götz (118.000 Euro). Ebenfalls „Ohne Titel“ hat Herbert Zwangs 1958 seine Schwarzübermalung auf Leinwand mit weißer Farbmasse und Schwarzpigment gebracht (88.000 Euro). Heinz Mack ist mit dem Farbrelief 1957 in Öl auf Kunstharz auf Hartfaser (360.000 Euro) vertreten. Zu den wichtigen Malern der deutschen Nachkriegskunst zählt auch Günter Fruhtrunk. „Zwei Kreise“ hat er 1958 gemalt und 1963 überarbeitet. Das farbkräftige Gemälde, das nun ins Werkverzeichnis aufgenommen wird, präsentiert Sina Stockebrand nebst einer Collage „ohne Titel (G22/82)“ des Münchner Künstlers Rupprecht Geiger von 1982 (14.500 Euro). Malte Uekermann (Berlin) nennt neben dem „Linien-Künstler“ Leo Erb drei typische Werke von Karl Georg Pfahler, der bei Willi Baumeister studiert hat. In einer ganz eigenen Formensprache setzte er Ende der 1950er – Anfang der 1960er Jahre freie, aneinandergereihte oder gestapelte Formblöcke als scharf definierte Farbflächen ins Bild: Die Mischtechniken „Formativ Nr. 185“ und „Formativ Nr. 1988“ auf Leinwand entstanden 1961 und sind für 34.000 bzw. 54.000 Euro zu haben; eine Gouache von 1960 für 12.500 Euro. Pfahlers spätere Werke werden der Hard-Edge-Bewegung zugeschrieben.
Arbeiten auf Papier sind ein wunderbares Sammelgebiet, denn sie geben die unmittelbare künstlerische Idee am reinsten wider. Dr. Martin Moeller widmet Richard Müller eine ganze Wand. Hat der Hamburger Spezialist zu diesem virtuosen Zeichner mit seinen pfiffigen Sujets doch jüngst einen monografischen Katalog mit rund 30 Zeichnungen vorgelegt (Preise 5.000–18.000 Euro). Johann Georg von Dillis ist ein Markstein der Münchner Kunstgeschichte um 1800: als Maler, Museumsdirektor und grandioser Zeichner. Moeller kommt mit mehreren Blättern (7.000–30.000 Euro). Berliner Flair der 1920er Jahre strahlt dagegen Rudolf Schlichters großformatige „Caféhaus-Szene“ aus. Auch die Wiener Kunsthandlung Giese & Schweiger, konzentriert sich diesmal auf Kunst auf Papier von Menzel bis Beckmann mit Schwerpunkt auf dem Expressionismus. Wahre Highlights sind dabei Max Liebermanns ergreifende Zeichnung einer Alten Frau (48.000 Euro) oder Heinrich Campendonks handkolorierter Holzschnitt traumartige „Begebenheit (Mädchen mit Fisch und Vögeln)“ von 1920 (38.000 Euro). Thole Rotermund widmet sich den Holzschnitten von Franz Marc und präsentiert Lyonel Feiniger mit verschiedenen Techniken auf Papier, überwiegend aus dem Nachlass von Lux Feininger. Ein eigener Katalog wird das Verhältnis Marc-Feininger beleuchten. Nolde bildet bei dem Hamburger Galeristen immer einen Schwerpunkt (85.000– 350.000Euro). Von Jawlensky bringt er zwei großformatige „Meditationen“ sowie einen der „Abstrakten Köpfe“ von 1926 mit (Preise bis 450.000 Euro). Paul Klee war jüngst der Star von Sonderausstellungen in München und Kochel. Nun zeigt Florian Sundheimer zwei hinreissende Blätter von 1939: das Aquarell „in ein Kloster!“ (145.000 Euro) sowie die Kreidezeichnung „wehrte sich und stach“ (54.000 Euro). Übrigens sei hier eingeschoben, dass für fast alle genannten Gemälde und Arbeiten auf Papier gilt, dass sie in denn jeweiligen Werkverzeichnissen aufgeführt sind und/oder über beste Provenienzen verfügen.
Die Wiener Kunsthandlung Kovacek Spiegelgasse fährt thematisch traditionell zweigleisig und vereint Gemälde und sammelwürdige Glaskunst. Innerhalb ihrer Bilderofferte fällt ein strahlendes Nolde-Gemälde mit Sonnenblumen und Dahlien ins Auge (260.000 Euro), beim Glas eine leuchtend blaue Perlglas-Vase von Lötz (12.000 Euro). Kovacek & Zetter warten mit einem typischen Walde- „Bergdorf“ um 1930 in Öl auf Malkarton auf (285.000 Euro). Für 72.000 Euro ist „Fat Bus (Crystal)“ aus Murano-Glas von 2016/17 von dem österreichischen Star der Gegenwartskunst Erwin Wurm zu haben. Fotokunst gehört längst zum festen Messeprogramm – hat aber mittlerweile auch ihren Preis. Das Künstlerduo Albarràn Cabrera betört mit lichttrunkenen Baum- und Landschaftsvisionen von 2016 (Edition 10 plus 2 AP, 4.600 Euro) bei der Münchner Neuausstellerin Ira Stehmann. Der 1961 in München geborene Christopher Thomas zeigt uns den „Friedensengel“ im Rahmen seiner Münchner Elegien 2018 in zeitlos entrückter Schönheit (ab 8.000 Euro, Auflage 7 plus 2AP). Da das Messezelt nicht allen Teilnehmern genügend Fläche für eigne Stände bietet, wird auch die Lounge von Ausstellern bespielt: Hier zeigt unter anderen die Silberhandlung Helga Matzke hochkarätiges europäisches Silber.
Kein déja vu! Man darf gespannt sein auf die neue Location. Nach Jahren im Postpalast hat die bewährte Truppe zusammen mit einigen Neuausstellern nun die sogenannte Kleine Olympia-Halle erobert. Dort ist nach längerer Pause auch Eric Meletta wieder dabei. Neben ausgefallenen Objekten und Möbeln des 19. und 20. Jahrhunderts dient eine Sammlung Pariser „Mannequins“ – Akademiefiguren aus Künstlerateliers des 18., 19. und 20. Jahrhunderts (1.900¬–17.000 Euro) – als Eye-Catcher. Aus einer französischen Privatsammlung kann der francophile Münchner Händler ein Paar seltener zweiflammiger Girandolen à L’Egyptienne mit der Göttin Isis in patinierter und vergoldeter Bronze auf Marmorsockeln aus den mondänen 1920/30er Jahren anbieten (7.800 Euro). Antikisch-griechisches Flair zeichnet auch Objekte aus dem frühen 19. Jahrhundert in der vielseitigen Offerte von Ehrl (Greding) aus: Etwa eine Pariser Pendule mit Streitwagen des Telemachos, oder eine attraktive Scagliola-Tischplatte mit Apollo und den neun Musen (17.500 Euro). Wer mit einer großen Vogelvoliere aus dem 19. Jahrhundert in Form von Notre Dame in Paris (14.500 Euro) verblüffen will, ist bei Brigitte Martini richtig. Die Wahl fällt hier schwer, denn sie weiß immer mit aussergewöhnlichen Exponaten vergangener Jahrhunderte zu überraschen. So hat sie auch ein Paar Piemonteser Glasvasen des späten 18. Jahrhunderts mit Hinterglasmalerei und Arte Povera (7.500 Euro). Aus Schärding kommt Markus Strassner mit einem klassisch-gemischten Programm: darunter das marktfrische Gemälde „Der Reigen“ von Leo Putz (87.000 Euro) sowie ein venezianisches Aufsatzmöbel aus dem 18. Jahrhundert mit originaler Fassung (18.500 Euro). Von Picasso zeigt er eine bemalte Kermik-Bildplatte mit einem Herrn mit Bart (Auflage: 50 Stück, 29.000 Euro). Dr. Tilman Roatzsch präsentiert zeitlos schöne, erstklassige Biedermeiermöbel.
Die Altmeisterspezialistin Dr. Maria Galen spannt den Bogen von einer großformatigen „Hl. Barbara“ des Jan Van Cleve III um 1680 (18.000 Euro) bis zu einem Paar kleiner, signierter und 1805 datierter „Stillleben mit Früchten und Blumen“ der angesehenen Petronella van Woensel (26.000 Euro). Die ganze Breite der süddeutschen, Münchner oder Chiemseer Maler vertreten das Stuttgarter Kunsthaus Bühler, Michael Vogt, Gailer, die Galerie Gabelsberg und andere. Nikolaus Fink verweist mit Stolz auf seine Entdeckung eines detailgetreu gemalten, 1896 datierten Winterbildes mit Schlitten und „Wassermühle“ von dem dänischen Maler Holger Møller (11.800 Euro). Impressionisten, österreichische Zwischenkriegskunst und Moderne vertreten Kohlhammer & Mahringer aus Wien. Mindestens von Merian bis Chagall reicht die Grafik-Fülle beim Kunstkabinett Strehler. Vater und Tochter Bierl erfüllen antiquarische Wünsche. Vorstandsmitglied Martin Puch handelt neben Ikonen auch mit Skulpturen. Margarethe (ebenfalls im Vorstand) und Roderich Pachmann zeigen neben Möbeln, ausgefallenem Kunsthandwerk und musealer Volkskunst auch Skulpturen. Dazu gehört die berückend-schöne Halbfigur eines Gottvaters auf einer Wolke von dem Tiroler Bildschnitzer Joseph Georg Witwer (1719–1785) in originaler Fassung (8.500).
Gut vertreten sind auf der Kunst&Antiquitäten-Messe traditionell Vitrinenobjekte des 18. bis 20. Jahrhunderts. So bei Dr. Birbaumer & Eberhardt vom Timmendorfer Strand mit viel Elfenbein, bei Josip Kutnjak (München) mit Schwerpunkt auf Wiener Bronzen und Volkskunst. Tom Tavcar (Pforzheim) steuert höfische Miniaturen und Dosen bei: Etwa eine Dresdner Quarz-Tabatière mit Rokoko-Goldmontierung um 1760 (24.000 Euro). In dynastische Kreise entführen Kaiser Karl VI. und Elisabeth Christine, die Eltern von Maria Theresia. Sie sind um 1730 als Pendants in Öl auf Karton verewigt (5.800 Euro). Auf Pergament blickt Claudia de Medici mit den Attributen der heiligen Elisabeth von Ungarn den Betrachter an (4.500 Euro). Francis Walter verweist auf eine Pariser Schildpatt-Gold-Tabatière um 1809/19 mit einer Miniatur von Jean Petitot I. Die publizierte Dose stammt aus der Jacquinot-Godart-Kollektion ( 15.000 Euro). 1832/34 hat Stanislaw Marszalkiewicz das Miniaturbildnis des Lagerleiters der russischen Gendarmerie in Warschau, Andey Jakovlevitch Storogenko, gemalt (10.000 Euro). Monika Fahrenson (Brigantine 1900, München) breitet Kunst und Kunsthandwerk vom Jugendstil bis in die 1960er Jahre aus.
Als Neuausstellerin aus Wien ist Susanne Bauer bei Kunst & Antiquitäten zu begrüßen. München erweist sie mit einer 1926 im Simplicissimus erschienenen Kohle-Tusche-Zeichnung „Der Schauspieler“ von Erich Schilling die Ehre. Der begleitende Text im typischen Simplicissimus-Stil lautet: „ Wenn ich auf der Bühne stehe, komme ich mir vor wie ein Gott. Aber nachher zu Hause weiß ich, ich bin nur ein Genie“ (3.800 Euro). Ein weiteres Beispiel aus dieser lebensfrohen Epoche sind ihre zwei extravaganten tonnenförmigen, herrlich bunt gemusterten französischen Cocktail Fauteuils nach Entwurf von Jan Churchill um 1930 (7.600 Euro): Damit leben die goldenen „roaring twenties“ wieder so richtig auf!
Ralf Schepers sorgt für das elegante Tafelsilber. Neue Wege beschreitet der engagierte Silberspezialist Christopher Kende aus Tübingen: Er schließt mit jungen, talentierten englischen Silberschmiede-Künstlern Kooperationen ab. Darunter sind Preisträger – denn in England wird das gehobene Kunsthandwerk gefördert – deren Objekte bereits von Museen oder dem Königshaus angekauft wurden. Daneben bedient er den „kultivierten“ Haushalt nach wie vor mit schönstem, gängigem Tafelsilber. Max Lerch, Teppichspezialist in zweiter Generation und im Messevorstand, verweist auf einen „Wandgen“ aus der Mitte des 19. Jahrhunderts (6.500 Euro). Diese tibetischen Meditations-Teppiche mit einer ganz speziellen Struktur waren den Lamas bzw. den Vorstehern buddhistischer Klöster vorbehalten. Nach Peking entführt uns sein sehr seltener chinesischer Drachenteppich mit fünf, dem Kaiserhaus vorbehaltenen Klauen, aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (18.500 Euro). Peter Hardt und Nahim Rafiq steuern Asiatica bei sowie Karl Jürgen Schlotter Tibetica.
Und zu guter Letzt: wer sonst schon alles hat und aus Platz- oder anderen Gründen nach Schmuck Ausschau hält, der kann sich auf beiden Messen kaum satt sehen: Bei den Highlights funkeln die Juwelen in den Vitrinen von VKD Juwels (Van Kranenburg Duffels, London, Mailand), während Almut Wager (München) eine Sammlung bezaubernder Schmuckstücke mit Tierdarstellungen aus der Antike sowie dem 17. bis 20. Jahrhundert mit einer Preisspanne von 1.500 bis 15.000 Euro ausbreitet. In die Kleine Olympiahalle bringt Wolfgang Gützlaf (Berlin) Art-Nouveau- und Art- Deco-Preziosen mit. Das Fuldaer Kunsthaus Nüdling verweist auf eine Auswahl französischer Geschmeide der 1940er Jahre in 18karätigem Gold mit Diamanten und Rubinen (von 3.900 bis 7.800 Euro). Brigitte und Saskia Seewald kombinieren Schmuck und Jugendstil-Glas, Ortrud Müller-Heffter stellt zauberhafte eigene Kreationen mit antiken Originalteilen her.
Highlights
München, Residenz
17. bis 21. Oktober
Kunst&Antiquitäten
München, Kleine Olympiahalle
18. bis 21. Oktober
Weltkunst Nr. 149/2018