Unser Experte Peter Dittmar präsentiert in seiner Kolumne „Kunst im Netz“ regelmäßig die interessantesten Entdeckungen aus dem Internet. In der aktuellen Ausgabe der KUNST UND AUKTIONEN beleuchtet er das digital zugängliche Archiv der Bauhausbücher.
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09.04.2016
„Drei Tage in Weimar und man kann sein Leben lang kein Quadrat mehr sehen“, spottete Paul Westheim 1923 im Kunstblatt, nachdem er die Bauhausausstellung besucht hatte. Vor ihm lag wohl der Katalog: mit programmatischen Texten, neun Originalgrafiken und vielen Abbildungen auf 225 Seiten – natürlich quadratisch. Den reinen Inhalt gibt es unter http://bit.ly/25FXLDP. Westheim war nicht der einzige, den die Bauhaus-Kargheit zu Sottisen herausforderte. Auch Ernst Bloch sprach von „Stahlmöbel-, Betonkuben-, Flachdach-Wesen, geschichtslos, hochmodern langweilig, scheinbar kühn und echt trivial.“ Zu solchen Spitzen forderten nicht zuletzt die Selbstdarstellungen des Bauhauses heraus. „Die Baumeister dieses Buches bejahen die heutige Welt der Maschinen und Fahrzeuge und ihr Tempo, sie streben nach immer kühneren Gestaltungsmitteln, um die Erdenträgheit in Wirkung und Erscheinung schwebend zu überwinden“, verkündete Bauhausgründer Walter Gropius in Internationale Architektur, das 1925 die Reihe der Bauhausbücher eröffnete.
Was das Bauhaus wollte, lässt sich im Internet nachlesen und betrachten. Unter http://monoskop.org/Bauhaus findet man digitalisiert elf der vierzehn Bauhausbücher. Dazu gehören Paul Klees Pädagogisches Skizzenbuch, Die Bühne im Bauhaus, in dem Oskar Schlemmer sein „Triadisches Ballett“ erläutert, oder Neue Arbeiten der Bauhauswerkstätten mit Abbildungen all der Bauhaus-Gegenstände, die in den Handel gebracht wurden. Auch Die gegenstandslose Welt von Kasimir Malewitsch erschien 1927 als elftes Bauhausbuch, „obwohl es in grundsätzlichen fragen von unserem standpunkt abweicht“, wie Gropius vorausschickte. Schließlich erklärt Malewitsch darin: „Der Künstler gibt die Natur wieder und ergötzt sich an ihr; der Ingenieur steht in ständigem Kampfe mit ihr.“ Dagegen gingen die Bauhäusler von der „identität von technik und leben als arbeitskunst“ aus, wie K. von Meysenburg in der Nr. 4 der Zeitschrift bauhaus schrieb (Abb.). Insgesamt geht es um programmatische Bekundungen wie um Beispiele für die Praxis der Dessauer Ideen. Unter dem Stichwort „Weimar symposia“ sind die Vorträge der vier Bauhaus-Kolloquien in Weimar zwischen 1976 und 1986 dokumentiert. Denn die DDR brauchte fast zwanzig Jahre, um sich von der These Walter Ulbrichts zu lösen, der Bauhaus-Stil sei „ein waschechtes Kind des amerikanischen Kosmopolitismus“.
Das verrät nicht zuletzt die Bibliografie der Veröffentlichungen zum Bauhaus in der DDR (http://bit.ly/234B6SZ), die ganz wenige Publikationen vor 1966 verzeichnet. Das ist inzwischen Geschichte. Das Bauhaus braucht sich um seinen Nachruhm nicht zu sorgen. Schließlich pflegen ihn drei Institutionen museal: das Bauhaus-Archiv in Berlin (www.bauhaus.de), das Bauhaus-Museum in Dessau (bauhausmuseum-dessau.de) und das Bauhaus-Museum Weimar (http://bit.ly/1ouiI2P). Und weil der kulturpolitische Eifer den Ereignissen inzwischen gern um Jahre vorauseilt, gibt es mit der „Bauhaus Kooperation“ bereits eine gemeinsame Institution, die den 100. Gründungstag 2019 koordiniert – samt Internetseite www.bauhaus100.de.
Diesen Artikel finden Sie auch in der aktuellen Ausgabe der Kunst und Auktionen (05/2016).