Kunstwissen

Kunst im Netz – Alles andere als einheitlich

Oft ist der Kunsthandel auf digitalen Kanälen nicht leicht zu durchschauen. Unser Autor Peter Dittmar beleuchtet in seiner Kolumne die Studien zur Entwicklung des facettenreichen Online-Markts.

Von Peter Dittmar
22.07.2016

Als Realität ist der Handel auf digitalen Kanälen nicht mehr zu übersehen. Allerdings sind sich die Analysten über die Entwicklung des Online-Markts nicht recht einig. Der „Hiscox Online Art Trade Report 2016“ registriert 2015 bei einem Umsatz von 3,27 Milliarden Dollar gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von 24 Prozent. Dagegen sieht Clare McAndrew, die den jährlichen „TEFAF Art Market Report“ zusammenstellt, bei einem geschätzten Volumen von 4,7 Milliarden Dollar lediglich ein Wachstum von 7 Prozent bei einem Anteil von ebenfalls 7 Prozent an den weltweiten Kunstkäufen. Hiscox geht davon aus, dass hauptsächlich Objekte, die 10.000 Dollar und weniger gekostet haben, auf diese Weise den Besitzer wechselten. Nach dem TEFAF-Report blieben 44 Prozent der Online-Zuschläge unter 1000 Dollar und insgesamt 97 Prozent unter 50.000. Den Hauptbrocken sicherten sich die auf Collectibles, Comics, Münzen und Memorabilia spezialisierten Heritage Auctions in Dallas mit 344 Millionen Dollar, immerhin knapp einem Drittel ihres Gesamtumsatzes – allerdings bei einem Rückgang um 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auf 162 Millionen Dollar kam Christie’s, auf 100 Millionen Sotheby’s. Auctionata in Berlin beansprucht mit umgerechnet 90 Millionen Dollar ein Wachstum um 165 Prozent. 

Wie über das Netz verkauft wird, ist recht unterschiedlich

Und auch Paddle8, obwohl bei Zahlen eher schweigsam, geht von einer Wachstumsrate von 17 Prozent und einem Umsatz von 50 Millionen Dollar aus. Der Online-Markt ist allerdings alles andere als einheitlich gestrickt. „Art“ ist da ein Begriff, der eine Menge Dinge einschließt. Oldtimer gehören genauso dazu wie Weine oder – bei vielen Online-Anbietern ein sehr weites Feld – Schmuck. Auch wie über das Netz verkauft wird, ist recht unterschiedlich. Die Galerien, das ergab die TEFAF-Umfrage, setzen etwa 4 Prozent mit ihren eigenen Webseiten um. Außerdem kommen noch weitere 3 Prozent über „Third Party Platforms“ dazu, also Internetseiten wie Artnet, 1stDibbs, Artsy oder eBay, die Angebote vieler Händler bündeln. Für die traditionellen Auktionshäuser übernehmen diese Funktion Invaluable, Lot-tissimo oder Barnebys, die etwa 8 Prozent – neben rund 5 Prozent über die eigene Webseite – zu den Erlösen beitragen. Das kann mit Live-Übertragungen der Auktion geschehen. Oder indem neben der Katalogabbildung die jeweiligen Gebote auf dem Bildschirm erscheinen. 

Eine andere Variante sind zeitlich begrenzte Versteigerungen, wie sie von eBay her vertraut sind. Da steht ein Gegenstand mit einem Anfangsgebot im Netz, das der Bieter via Internet erhöhen kann. Der Zeitpunkt des Zuschlags nach einigen Tagen / Wochen ist von vornherein festgelegt. Deshalb halten sich gewiefte Bieter bis kurz vor Schluss zurück, agieren gelegentlich sogar mit speziellen Programmen, die auf die letzte Sekunde zielen. Und schließlich dürfen auch die unmittelbaren Verkäufe nicht unterschätzt werden. Das kann ein „Sofort-Preis“ („Buy Now“) sein, der bei einer zeitlich begrenzten Auktion das Bieten beendet. Oder ein Objekt, das nicht zugeschlagen wurde, lässt sich später übers Netz erwerben. Manche Häuser verkaufen dann zum Aufruf, andere zum Limit, manche nennen einen Festpreis, andere fordern den um das Aufgeld erhöhten Schätzpreis. Vor allem darf man nicht vergessen, dass für den Nachverkauf die Haftungsregeln der Auktion gelten. Das „verkauft wie gesehen“ gilt auch, wenn der Käufer das Objekt nur auf dem Bildschirm betrachtet hat.

Diesen Artikel finden Sie auch in der aktuellen Ausgabe der Kunst und Auktionen (12/2016).

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