Liebe oder Vernunft? Unser Autor Peter Dittmar beleuchtet in seiner Kolumne die Zusammenführung der beiden Online-Auktionshäuser Paddle8 und Auctionata
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01.07.2016
Paddle8 + @auctionata = The ultimate online art auction powerhouse“ war auf der Twitter-Seite von Paddle8 zu lesen –mit Verweis auf das Forbes-Magazin vom 12. Mai. Doch da war lediglich, bezogen auf das Zusammengehen der beiden Online-Auktionsfirmen, von „forming an auction powerhouse“ die Rede. In einem Gewerbe, bei dem das sehr laute Klappern zum Handwerk gehört, muss man das wohl durchgehen lassen. Denn die beiden reinen Online-Unternehmen finden längst nicht die gleiche Aufmerksamkeit wie die traditionellen Häuser – selbst wenn sie Rekordmeldungen lancieren. Das liegt zum einen daran, dass sie sich weitgehend auf Mittelware beschränken (Millionenzuschläge sind die ganz seltene Ausnahme). Zum anderen sind sie sehr intransparent. Der Außenstehende muss (genauso wie bei den Telefon- und Online-Geboten aller anderen Auktionatoren) glauben, dass den Zuschlägen echte Gebote entsprechen.
Was ihre finanzielle Ausstattung betrifft, geben sich beide solide. Laut CrunchBase hat Paddle8, 2011 gegründet, in drei Runden 44 Millionen Dollar von 14 Investoren zusammengebracht. Darunter sind, was man gern herausstellt, Damien Hirst, David Zwirner und Jay Jopling. Und bei Auctionata, ein Jahr jünger, addieren sich die vier Serien auf 77,8 Millionen Euro von 13 Investoren, darunter Holtzbrinck Ventures und die französische Groupe Arnault.
Die Arbeitsweise ist unterschiedlich: Paddle8 beschränkt sich auf „timed auctions“, bei denen das Angebot Tage im Netz steht und der Zuschlag zu einem vorher fixierten Zeitpunkt erfolgt. Auctionata setzt dagegen auf „Live streaming“, bei dem unmittelbar übers Internet – und begrenzt auch im Studio, damit man den deutschen Regeln gerecht wird – geboten werden kann. Was zurückgeht, landet meist im Online Shop. So hat Auctionata die Ware gewöhnlich im Haus, während sie bei Paddle8 beim Verkäufer bleibt. Die Taxierung erfolgt bei beiden zuerst aufgrund von Fotos und Beschreibungen, wie sich auch der Käufer – obwohl bei Auctionata eine Besichtigung am Auktionsort möglich ist – auf digitale Informationen verlässt. Während sich Paddle8 auf moderne Kunst, Fotos und Design, Antiquitäten, Memorabilia sowie Luxuskleidung, Schmuck und Uhren beschränkt, handelt Auctionata auch mit Asiatica, Oldtimern und Weinen. Der Durchschnittserlös je Lot betrug bei Paddle8 4800 Dollar, bei Auctionata knapp 5000 Euro. Allerdings ist dabei der verhältnismäßig hohe Anteil an unverkauften Objekten nicht eingerechnet. Im Gegensatz zu Paddle8, das keine Ergebnisse veröffentlicht, sind bei Auctionata unmittelbar nach der Auktion auch die Rückgänge für den Nachverkauf einzusehen, danach werden nur die verkauften gelistet.
Paddle8 konzentrierte sich bislang auf die USA und Großbritannien, während Auctionata ursprünglich weltweit zu agieren trachtete. Doch 2015 wurde die New Yorker Dependance erheblich reduziert, die geplante Niederlassung in Asien bislang noch nicht realisiert. Nachdem der Versuch von Auctionata scheiterte, durch die Übernahme von Artspace auf dem amerikanischen Kontinent richtig Fuß zu fassen, hofft man durch den Zusammenschluss mit Paddle8 weltweit wesentliche Marktanteile im Bereich zwischen 1000 und 500 000 Dollar zu gewinnen. Ob es eine Liebesheirat oder eine Vernunftehe ist, muss sich noch herausstellen. Denn inzwischen haben ein Dutzend hochrangige Mitarbeiter Paddle8 verlassen. Deshalb ist auch noch offen, ob der Hauptsitz künftig in Berlin oder New York sein wird.
Diesen Artikel finden Sie auch in der aktuellen Ausgabe der KUNST UND AUKTIONEN (11/2016).