Unser Experte Peter Dittmar präsentiert in seiner Kolumne „Kunst im Netz“ regelmäßig die interessantesten Entdeckungen aus dem Internet. In der aktuellen Ausgabe der KUNST UND AUKTIONEN stellt er die neue Internet-Domain .art vor
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12.01.2017
„Kunst ist zwar nicht das Brot, aber der Wein des Lebens“, hat Jean Paul einmal notiert. Zeitgemäß müßte die Sentenz für so manchen um den Zusatz „und das Geschäft des Lebens“ ergänzt werden. Deshalb sind ein paar clevere Leute auf die Idee gekommen, „.art“ als Internet-Domain zu lancieren. Ganz im Sinne von Dominique Chevalier, dem Präsidenten des französischen Syndicat National des Antiquaires (SNA): „Für uns und unsere Galerien ist .com zu kommerziell und .fr zu allgemein. Das Problem mit den meisten Domainnamen ist, dass sie nicht vermitteln, welche Tätigkeit man ausübt. Mit .art ist dies behoben.“ Man ginge allerdings zu weit, aus diesen zwei Sätzen zu schließen, dass das Syndicat künftig nicht mehr kommerziell zu agieren gedenkt. Dem widerspricht allein, dass sich die in London gegründete Gesellschaft UKCI (UK Creative Ideas Ltd) im Frühjahr durch einen Kontrakt mit der ICANN – der nicht-kommerziellen „Internet Corporation for Assigned Names and Numbers“, die weltweit die IP-Adressen verwaltet – die Vermarktung dieser Domain als „.art registry operator“ exklusiv hat verbriefen lassen. Deshalb firmiert sie seitdem als UKCI Domain Ltd.
Die 1998 gegründete ICANN, mit Sitz in Los Angeles, die bislang ihre Entscheidungen mit dem amerikanischen Handelsministerium abstimmen musste, kann seit dem 1. Oktober als private Organisation bei der Vergabe von Domain-Namen frei agieren. Bereits 2014 hatte sie die Liste der sogenannten Top-Level-Domains um Branchenbegriffe wie .luxury, .vodka oder .beer, um Städtenamen wie .wien, .berlin oder .koeln und .cologne und selbst um Firmennamen wie .volvo, .bmw, .axa erweitert. Auch .auction – nicht nur auf Kunst bezogen – fehlt dabei nicht.
UKCI wurde 2007 von dem Russen Ulvi Kasimov gegründet, den Forbes als Nr. 7 zu den „10 top Russian venture capitalists“ rechnet. Er ist unter anderem Präsidiumsmitglied von „Opora“, einer Agentur zur Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen in Russland, das auf und auf das Putin mit Wohlwollen schaut. CEO von UKCI ist John Matson, der in Los Angeles wohnt und zuvor für Werbe- und Beratungsfirmen, speziell in Sachen Luftfahrtindustrie, gearbeitet hat. UKCI hat ihr Büro zwar in London, ist jedoch „registered in a Non European Economic Area“, der Insel Manx. Internationalität ist der Corporation also nicht abzusprechen. „Wir sehen unseren Auftrag darin, das kulturelle Erbe der globalen Kunst zu bewahren“, erklärte Kasimov jüngst. Und Matson fügte hinzu: „.art bedeutet für die Kunstwelt eine neue Identität im Internet.“ Aber das kostet natürlich einiges, wenngleich „.art“ wahrscheinlich nicht so teuer wie „.shop“ war, für das das japanische Unternehmen GMO mehr als 41 Millionen Dollar gezahlt haben soll. UKCI (https://art.art/ oder www.dotart.domains) lockt erst einmal mit einem Frühbucherrabatt und verweist auf 13 Museen (vom Guggenheim bis zur Tate), sieben Stiftungen (darunter Beyeler und Cartier), vier (kleinere) Messen, zehn Galerien sowie Künstler, Sammler und diverse irgendwie mit Kunst verbundene Dienstleister, die bereits ihr Interesse bekundet haben. Doch auch Orchester, Kinos, Filmstudios, Finanziers, PR-Firmen, Versicherer, Kunstschulen, selbst Hobby-Künstler sollen sich mit @.art schmücken dürfen. Zwar werden Institutionen noch bevorzugt, doch von Mai an kann sich jedermann bewerben. Verschiedene Agenturen bieten, wie Google unter dem Stichwort „.art“ auflistet, bereits jetzt ihre Dienste als Voranmeldung und zum Kaufen an. Denn „Ein gutes Geschäft zu machen ist die beste aller Künste“ – hat Andy Warhol gesagt.