Ein Gemälde wie ein Echo der Kunstgeschichte: In Nicole Eisenmans „Beer Garden With Ash“ von 2009 klingen viele ältere Bilder durch
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06.10.2017
Ein Gemälde wie ein Echo der Kunstgeschichte: In Nicole Eisenmans „Beer Garden With Ash“ von 2009 klingen so viele ältere Bilder durch, die fröhlich bunten Landgasthausszenen der Impressionisten, die bösartigen Karikaturen der Kriegsgewinnler und -verlierer in Berliner Kaschemmen der frühen Weimarer Republik, festgehalten von Dix, Grosz & Co., die imaginären Versammlungen verehrter Kulturschaffender in den Kaffeehaustableaux von Renato Guttuso oder Jörg Immendorff … Eisenman hat dieses Genre ins Brooklyn des frühen 21. Jahrhunderts übertragen, wo sich Menschen, Freunde vielleicht, zum Bierkonsum treffen, die, und das mag sie als Hipster auszeichnen, gar nicht so zeitgenössisch aussehen, wie ihr Habitus vermuten lässt. Sondern eher wie den Bildern von Monet und Renoir entlehnt. Und die sich vielleicht hier und da in Intimitäten ergehen, aber zumeist doch geradezu grotesk vereinzelt dargestellt sind. Beinahe jeder ist in anderem Stil gemalt, ein Gesicht könnte von Nolde stammen, die graue Silhouette von Magritte, ein bissl Ensor und Munch finden sich auch, der weiß uniformierte Matrose: reinster Kai Althoff, und ist das da hinten im Streifenshirt etwa Picasso? Eisenman hat ein weiteres imaginäres Freundschaftsbild geschaffen, aber die Freunde sind nicht
wirklich zusammen, sie sind lediglich benachbart in ihrer Einsamkeit und Melancholie. Und doch sind sie selbst, die hippen jungen Menschen Brooklyns, gleichermaßen beschützt vom Biergartenzaun, der sie von der wirklichen Welt trennt, alles, was sie besitzen.
Holger Liebs ist Verleger bei Hatje Cantz und befragt für die WELTKUNST berühmte Werke auf ihren aktuellen Gehalt.