Mit ihrer Romanreihe um die quirlige Krankenpflegerin Louisa Clark wurde Jojo Moyes zur englischen Bestsellerautorin. Uns verriet sie, welches Gemälde sie besonders bewegt.
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14.11.2017
Ein Bild, das mich ganz besonders berührt, ist Claude Monets dreiteiliges Werk „Seerosen“. Monet hat die Arbeit daran im Ersten Weltkrieg begonnen, die Gemälde sind für mich ein Symbol der Hoffnung, auf ein Ende des Krieges und das Leben danach. Als ich die drei großen Tafeln das erste Mal nebeneinander hängen gesehen habe, bin ich in Tränen ausgebrochen. Das Werk hat so etwas fundamental Bewegendes, Monets verzweifelte Suche nach Schönheit und Menschlichkeit, auch in Zeiten, in denen für Menschlichkeit wenig Platz zu sein scheint.
Meine tiefe Verbindung zu Monet und seinem Werk wurzelt auch in meiner Kindheit. Ich bin im Londoner Osten aufgewachsen, einem rauen, gefährlichen Viertel. Wir hatten nicht viel Geld. Als ich ein kleines Mädchen war, hat mein Vater, der Bildhauer war, mit mir eine Reise zu Monets früherem Haus und Garten unternommen. Dummerweise war der Garten zu dieser Zeit gerade für Besucher geschlossen.
Aber mein Vater hat nicht aufgegeben, er hat so lange gesucht, bis er eine Stelle gefunden hat, an der wir durch den Zaun schlüpfen konnten. Ich werde nie vergessen, wie ich durch den Zaun in den Garten gesehen habe und meinen Vater dabei beobachtete, wie er versuchte, einen Weg hinein für mich zu finden. Es war ihm so wichtig, mir Monets Bedeutung und Werk nahezubringen! Diese Grenzüberschreitung, das gemeinsame unerlaubte Eindringen, war nicht nur aufregend, es hatte auch etwas sehr Verbindendes; ein intensiver Moment mit meinem Vater, unser kleines Geheimnis. Natürlich war es auch wunderschön, Monets Garten zu sehen. Der Garten, in dem auch die Seerosen blühten, die ihn zu seinem wunderbaren Werk inspiriert haben.
Aufgezeichnet von Jörg Böckem
WELTKUNST Nr. 116 / 2016
Jojo Moyes‘ neuer Kurzgeschichtenband „Kleine Fluchten: Geschichten vom Hoffen und Wünschen“ erschien im Oktober 2017.