Ein Fotograf zwischen Afrika und Amerika, zwischen Natur und Jetset. Jetzt erscheint Peter Beards bisher größtes Buch mit Fotografien und Dokumenten, die sein Künstlerleben Revue passieren lassen
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21.04.2020
Er war unverschämt gutaussehend: Peter Beard, Fotograf und Abenteurer. Geboren 1938 in eine wohlhabende New Yorker Familie, studierte er an der Yale University Kunst bei Josef Albers. Anschließend zog er nach Kenia, wo er eine Ranch kaufte, die seine afrikanische Heimat werden würde – neben Residenzen in Manhattan und Montauk. Seine Fotografien spiegeln seine Biografie und seine Leidenschaften – die Liebe zu Afrika, sein Leben im internationalen Jetset mit Freunden wie Andy Warhol und Mick Jagger und die Liebe zu schönen Frauen. In Nairobi wurde er auf Iman aufmerksam, die später Model und Ehefrau von David Bowie wurde. Francis Bacon hat Beard mehrfach gemalt.
Besonders berühmt sind seine Bilder der afrikanischen Tierwelt. Mit ihnen prangerte er schon in den Sechzigerjahren das Massensterben der Elefanten an. Und öffnete der Welt, zumindest der Kunstwelt, überhaupt die Augen dafür, wie brutal die Fauna des Kontinents unter den Menschen leidet.
Oft hat er seine Fotografien mit Schrift und Zeichnungen in Tusche oder Blut versehen und tagebuchartige Collagen geschaffen. Er arbeitete auch mit afrikanischen Künstlern zusammen: Der höchste Preis, den eines seiner Werke je auf einer Auktion erzielte, ist ein späterer, eineinhalb Meter breiter Abzug seiner 1968 fotografierten „Verwaisten Gepardenjungen“. Er erreichte vor drei Jahren bei Christie’s einen Hammerpreis von 550.000 Dollar. Das Schwarzweißfoto ist von einer Bordüre mit bunten Tieren und Pflanzen gerahmt, die von Solomon Wamisigo und Esta Njoki gezeichnet wurden, die für sein „Hog Ranch Art Department“ arbeiteten. Auf einem meiner Lieblingsbilder liegt Beard neben einem riesigen, toten Krokodil mit aufgerissenem Maul. Es sieht so aus, als habe das Tier ihn bis zur Hüfte verschlungen, während er sich nicht davon stören lässt und in aller Seelenruhe in sein Tagebuch schreibt. Er war furchtlos. In den Neunzigerjahren ist er einmal von einem Elefanten aufgespießt worden und wäre fast gestorben.
Vor Jahren habe ich Peter Beard einmal in Manhattan kennengelernt. Es war ein Abend in größerer Runde. Auch als älterer Herr machte er noch einen sportlichen und abenteuerlustigen Eindruck. Eng an seiner Seite war seine schöne Frau Nejma Khanum, die sich aufmerksam um ihn kümmerte. Ich weiß nicht mehr, was ich mir in diesem Moment auf einen Zettel notiert habe, aber ich weiß noch, mit welchem Stift: Es war ein Kugelschreiber in Form eines Knochens, den ich damals immer in der Tasche hatte. Mein Vater ist Orthopäde: Es war ein Werbegeschenk von einer pharmazeutischen Firma.
Peter Beard war davon begeistert – kein Wunder, er hat schon Tausende von Knochen in der afrikanischen Steppe fotografiert – und schlug einen Tausch vor. Ein Foto gegen den Plastikkugelschreiber. Zwar mochte ich den Stift wirklich sehr gerne, aber wer hätte dazu Nein sagen können? Er zog ein Bild hervor, so groß wie ein Passfoto, und signierte es gleich mit seinem neuen Knochen. Abgebildet ist ein alter schwarzer Mann im sorgfältig zusammengeknöpften Hemd. Kamante Gatura, erklärte Beard. Er war Koch und Freund der dänischen Schriftstellerin Karen Blixen, deren Buch „Out of Africa“ großen Einfluss auf Beard hatte. Er hat sie bei einer Reise nach Dänemark noch kennengelernt, bevor sie 1962 starb. Später kaufte er ein Anwesen, Hog Ranch, direkt neben ihrer kenianischen Kaffeeplantage und freundete sich auch mit Kamante Gatura an. Sein kleines Porträt hängt jetzt schon seit Jahren über meinem Schreibtisch.
Ende März kam die Nachricht vom Verschwinden des Künstlers aus seinem Haus an der Atlantikküste in Montauk, an der Spitze von Long Island. Er war schon seit Jahren dement, und so verständigten seine Frau und seine Tochter schon rund eine Stunde nach seinem Verschwinden die Polizei. Trotz verzweifelter Suche ist seine Leiche erst nach Wochen in einem Wald in der Nähe gefunden worden. „Er ist dort gestorben, wo er gelebt hat“, ließ seine Familie verlauten, „in der Natur.“
Peter Beards bekanntestes Buch ist 1965 erschienen, „The End of the Game.” Es folgten unter anderem das Krokodilbuch „Eyelids of Morning,“ das er zusammen mit Alistair Graham veröffentlichte und, für seine Tochter, „Zara’s Tales: Perilous Escapades in Equatorial Africa.” Die jüngste Publikation inszeniert sein ganzes Leben als Kunstwerk und erscheint nur wenige Tage nach seinem Tod: „Peter Beard“ hat 770 Seiten im von Taschen bekannten, opulenten Großformat. Der Fotografiekritiker Owen Edwards und der Schriftsteller Steven Aronson haben Beiträge geschrieben. Herausgeber sind seine Frau und Agentin Nejma Beard und der Galerist David Fahey – Hauptdarsteller sind die Bilder und Schriften von Peter Beard.