Kunstwissen

Auf allen Kanälen: Videokunst im Netz

Videokunst im Internet ist mittlerweile auf vielen Kanälen verfügbar: vom Archiv der Julia Stoschek Collection bis zu den online zugänglichen Medienkunstsammlungen der Museen

Von Peter Dittmar
07.08.2020

Julia Stoschek versteht es, sich ins rechte Licht zu setzen. Nicht nur weil sie sich als erste und einzige auf Videokunst konzentriert, sondern weil sie diesem Genre zuerst in Düsseldorf, dann in Berlin – wenngleich dort gegenwärtig zwischen Sein und Nichtsein schwankend – Spezialmuseen einrichtete. Sie pflegen und zeigen was als Bewegtbild, als zeitbasierte, datenbasierte oder computergenerierte Kunst inzwischen auch andernorts museale Weihen genießt, jedoch wegen des erheblichen technischen Aufwands bei der Präsentation (und der damit einhergehenden Kosten) eher Archivkunst ist. Dass sie diesem Manko abhelfen wolle und deswegen kostenfrei ihre Sammlung online stelle, hat sie jüngst verkündet. Schließlich sei in den Häusern in Düsseldorf und Berlin allenfalls ein Sechstel ihrer mehr als 860 Videos von 282 Künstlern zu sehen.

Teile der Stoschek-Sammlung online

Als onlinewürdig hat sie davon allerdings erst ein Zehntel – 75 von 21 Künstlern – erachtet. Und die bekannten Namen wie Pippilotti Rist, Hito Steyerl oder Ed Atkins sind nicht darunter. Das hat, ungeachtet der vielversprechenden Ankündigung und der mühevollen Realisierung dieser Idee, seine Gründe. Dazu gehört das Copyright. Denn wer seine Kunstvideos gut verkaufen kann, hält gewöhnlich nichts von der un- oder allenfalls lizenzhonorierten Präsentation im Internet für jedermann.

Außerdem ist die Einkanal-Videokunst, also die Genügsamkeit eines Bildschirms, in der Ausstellungspraxis längst ins Hintertreffen geraten. Drei-, Vier-, Fünf-, etc-Kanal-Arbeiten erweisen sich als wesentlich attraktiver – mögen sie den Betrachter, der so viele Bild- und Ton-Eindrücke nicht gleichzeitig aufzunehmen vermag, auch überfordern. Dazu kommen oft meterbreite, meterhohe Projektionen, häufig zusätzlich in spezielle Installationen eingebettet. Solche Inszenierungen sind selbst als Surrogat nicht auf dem Computer oder dem Fernseher mit Großbildschirm adäquat wiederzugeben. Deshalb haben weder Nam June Paik mit seinen hektisch zuckenden frühen Arbeiten, noch Eija-Liisa Ahtila mit ihren raumfordernden Arrangements eine Online-Chance.

Tobias Zielony Videokunst online Julia Schtoschek
Das Video „Maskirovka" von Tobias Zielony, 2017, ist jetzt im Online-Sammlungskatalog der Julia Stoschek Collection abrufbar. Courtesy of the artist and KOW, Berlin/Madrid

Medienkunst der Museen

Die Einkanal-Videos entsprechen eher der Druckgrafik und deren weitgehender Unsichtbarkeit in den Depots. Aber so wie die Museen oft ihre grafischen Schätze – jedenfalls in effigie – im Internet vorstellen, geizen viele auch nicht mit Beispielen aus ihrem Videokunst-Besitz. Und das weitaus umfangreicher als die Stoschek Collection. Gut 200 sind es im Archiv der „Videonale“, die seit 1984 alle zwei Jahre in Bonn stattfindet. Bei der Stiftung imai in Düsseldorf, dem „inter media art institute“, das teils kommerziell, teils als Archiv agiert, können von den rund 3000 Beispielen 1147 in voller Länge angesehen werden. Das Archive of Digital Art (ADA), ein Projekt der Donau-Universität Krems, hat 2506 Werke online gestellt – begleitet von nicht minder vielen Verweisen auf Literatur, Ausstellungen, Institutionen. Unter mediakunst.net sind die historischen wie zeitgenössischen Medienkunst-Sammlungen des Frans Hals Museums in Haarlem, des Van Abbemuseums in Eindhoven, des Stedelijk Museums in Amsterdam, des Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed der Niederlande und von LIMA, einer Institution, die mehr als 2000 Videos von rund 500 niederländischen und internationalen Künstlern bewahrt, erforscht und verleiht, zugänglich.

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Kunst und Auktionen Nr. 12/2020

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