Aus unserer Reihe Kunst und Recht: Sowohl die Verwertungsgesellschaft der Grunge-Band Nirvana als auch die Modemarke Marc Jacobs nutzen ein Smiley für Vermarktungszwecke. In einem Rechtsstreit muss nun geklärt werden, ob das Emoji markenrechtlich schutzfähig ist
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26.10.2020
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Erschienen in
Kunst und Auktionen Nr. 17
Smileys sind allgegenwärtig – in digitalen Messenger-Diensten, in der Mode, in der Kunst. Und so werden auch immer wieder neue Smileys entwickelt, um als sogenannte Emojis die verschiedensten Stimmungen auszudrücken. Bereits seit den Sechzigerjahren ist das klassische, nasenlose Smiley bekannt, in den Achtzigern wurde es dann zum Erkennungszeichen von Acid-House-Music. Aber obwohl dieses simplifizierte Gesicht quasi allgegenwärtig ist, werden bestimmte Ausführungsformen doch immer wieder von Einzelnen in Anspruch genommen.
In zwei parallelen Gerichtsverfahren streiten seit 2018 beispielsweise die Marc Jacobs LLC, Inhaberin Modemarke „Marc Jacobs“, und die Rechteverwertungsgesellschaft Nirvana LLC der Grunge-Band „Nirvana“ um das Recht an einem Smiley. Das betroffene Symbol hat zwei X statt der Augen sowie einen welligen, lächelnden Strichmund, aus dem eine Zunge hervorschaut. Das Smiley soll, so die Nirvana LLC, seit Beginn der Neunzigerjahre in Benutzung der Band gewesen sein, die es auch auf Merchandise-Artikeln verwendete. Durch diese intensive Nutzung, argumentiert die Gesellschaft weiter, sei das Smiley urheber- und markenrechtlich für „Nirvana“ geschützt, zumal Verbraucher das Zeichen eindeutig mit der Gruppe in Verbindung brächten.
Bereits 1993 hatte „Marc Jacobs“ das fragliche Smiley in Zusammenhang mit seiner umstrittenen „Grunge Collection“ lanciert – gar nicht zur Freude der Band, die sich schon damals darüber beklagte. 2018 wurde die Grunge-Linie mit dem umstrittenen Emoji dann neu aufgelegt und bei großen Modehändlern verkauft: und zwar als „Bootleg Redux Grunge Collection“. „Nirvana“ klagte daraufhin wegen Urheber- und Markenrechtsverletzung sowie Wettbewerbsverstoß und Irreführung. Die Verwendung des Smileys impliziere, die Band habe an den Designs mitgewirkt oder sie zumindest gutgeheißen.
Zwar verwendet das Modelabel statt „Nirvana“ den Schriftzug „Heaven“ auf den fraglichen Bekleidungsstücken. Dennoch ist es wirklich fraglich, ob es ausreicht, wenn Marc Jacobs sich hier auf das Recht zur Parodie beruft – zumal „Marc Jacobs“ in den Kampagnen für die Grunge-Linie Songtexte und Fotos aus Musikvideos von „Nirvana“ verwendet. Die Nirvana LLC hält all dies für eine vorsätzliche Anstrengung, bei Verbrauchern den Eindruck zu erwecken, dass Nirvana – eine der Ursprungsbands der Grunge-Musik – mit der Modelinie assoziiert ist: Die Kollektion solle so wohl authentischer erscheinen. Die Rechtsverletzung habe „Nirvana“ jedenfalls erheblichen Schaden zugefügt, allein durch die Infragestellung des Lizenzwerts – andere Marken wie „Urban Outfitters“ und „Target“ hätten nämlich rechtmäßige Lizenzen für die Smiley-Nutzung bei „Nirvana“ erworben. Nirvana LLC fordert von „Marc Jacobs“ daher Schadensersatz und Unterlassung bezüglich der Verwendung des fraglichen Smileys und aller sonstigen Bezüge zu „Nirvana“. Mittlerweile hat sogar noch eine dritte Partei ihr Interesse an dem Rechtsstreit bekundet und einen entsprechenden Antrag gestellt: Der Art Director Robert Fisher behauptet nämlich, dass er Anfang der Neunzigerjahre den „Nirvana“-Smiley geschaffen hat.
Kurz nach Klageeinreichung meldete die Nirvana LLC den Smiley beim „US Patent and Trademark Office“ als Marke an – unter anderem für Bekleidung. Die Anmeldung erfolgte mit der Begründung, dass das Emoji bereits seit Anfang der Neunzigerjahre für die genannten Waren benutzt werde. Im September 2020 hat die Marc Jacobs LLC Widerspruch gegen diese Eintragung eingelegt. Die Nirvana LLC hat diesen Schritt wohl unternommen, um die eigene Position zu stärken – denn eine eingetragene Marke ist wesentlich besser geschützt als eine reine Benutzungsmarke. Der Angriff dieses Vorgangs durch die Marc Jacobs LLC ist somit nur konsequent. Der Widerspruch des Modelabels stützt sich unter anderem auf die Behauptung, weder das klassische Smiley noch dessen diverse Ausprägungen seien als Marke schutzfähig. Smileys seien nämlich generische Zeichen, die allgemein übliche Gesichtsausdrücke darstellten. Die gesamte digitale Kommunikation werde von der Emoji-Sprache beherrscht, in der verschiedene Gemütszustände eben durch Smileys ausgedrückt werden. Diese rein informatorische Nutzung sei nicht dazu geeignet, das Zeichen als Marke für ein bestimmtes Unternehmen zu vereinnahmen.
Diese Argumentation des Modelabels ist interessant, weil Smileys darin als rein beschreibende Zeichen – ähnlich allgemeingültiger Adjektive, Waren oder Dienstleistungen – angesehen werden. Und das Wort „Tisch“ ist markenrechtlich ja auch nicht für Tische schutzfähig, da es der Allgemeinheit zur Verfügung gehalten werden muss. Über diese Auffassung, nach der die digitale Kommunikation mithilfe von Abkürzungen und Emojis die übliche Sprache für die Allgemeinheit erweitert hat, wird sich das „US Patent and Trademark Office“ sicherlich Gedanken machen …
Eva N. Dzepina, LL.M. (UK) Rechtsanwältin
Mitglied des Instituts für Kunst und Recht IFKUR e.V.
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