Court of Arbitration for Art

Wer schlichtet im Kunststreit?

Eine neue Plattform mit Sitz in Den Haag schlichtet bei Streitfällen im Bereich der bildenden Kunst. Ein Überblick über Strukturen und Ziele des „Court of Arbitration for Art“ 

Von Yasmin Mahmoudi und Leonard Krüger
23.11.2020
/ Erschienen in Kunst und Auktionen Nr. 18

Der Kunstmarkt scheut traditionell die Auseinandersetzung vor Gericht, weil die öffentlichen Verhandlungen dem Interesse an Diskretion entgegenstehen. Hinzu kommt, dass es zwar kunstaffine Richter gibt, aber auch viele andere, die im Rahmen solcher Prozesse möglicherweise erstmals seit der Schulzeit wieder mit bildender Kunst konfrontiert werden – und ihre Entscheidungen ohne Hinzuziehung von Sachverständigen auf abwegige Annahmen stützen. Die Entscheidung, wer einen kunstrechtlichen Fall verhandelt, wird aber rein zufällig getroffen, da es im Kunstrecht wie im Kulturgüterschutz – anders als etwa im Marken- oder Baurecht – vor staatlichen Gerichten keine Spezialkammern mit vorgebildeten Juristen für das Sachgebiet gibt.

Anfang des Jahres wurde in Den Haag der „Court of Arbitration for Art“ (CAfA) gegründet, um Streitigkeiten im Bereich der bildenden Kunst durch Schlichtungsverfahren und Mediation zu regeln. CAfA möchte die oben skizzierten Unwägbarkeiten ausräumen und Verfahren im Bereich bildender Kunst kompetent und kosteneffizient zu einem schnellen Ergebnis durch eine bindende Entscheidung führen. Den individuellen Bedürfnissen und Ansprüchen der jeweiligen Streitfragen entsprechend, werden aber auch Mediationen angeboten, bei denen für beide Seiten zufriedenstellende, professionell begleitete Vergleiche geschlossen werden können.

In unserer Rubrik „Kunst und Recht“ beschäftigen wir uns regelmäßig mit Streitfällen und Rechtsfragen im Kunstsektor. © Andrea Ventura

Der jetzigen Gründung des CAfA vorausgegangen ist ein zweijähriger Entwicklungsprozess, bei dem das für internationale Handelsstreitigkeiten renommierte „Netherlands Arbitration Institute“ (NAI) zusammen mit der „Organisation Authentication in Art“ (AiA) wesentliche rechtliche und marktbezogene Problemstellungen im Bereich der bildenden Kunst herausgearbeitet hat. Da eine Plattform zur zielgerichteten Klärung hochkomplexer Streitfragen nur auf Grundlage von Vertrauen und Akzeptanz des Kunstmarkts funktionieren kann, setzt CAfA auf ein von verschiedensten Experten und Juristen ausgearbeitetes, klares Regelwerk und den Erfahrungsschatz des weltweit anerkannten NAI. Dieses wurde 1949 als erstes unabhängiges Schiedsgericht der Niederlande gegründet und prägte unter seinem Gründer Prof. Pieter Sanders mit der New Yorker Konvention von 1958 oder dem UNCITRAL-Regelwerk für Schlichtungsverfahren von 1976 richtungsweisende Methoden und Perspektiven der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit.

Um möglichst breit aufgestellt zu sein, konnte CAfA bereits mehr als 150 unabhängigen Mediatoren und Schiedsrichter gewinnen, die Autorin eingeschlossen, die in über 40 Jurisdiktionen auf sechs Kontinenten beheimatet sind und sich durch besondere Fachkenntnis und Erfahrung im Kunstrecht und entsprechenden Mediationsverfahren auszeichnen.

Drei Schiedsrichter sollen in Verfahren mit einem Streitwert über 1,5 Millionen Euro eingesetzt werden

Zusätzlich zu diesen Neutrals ist dem CAfA auch noch ein Expertenpool angegliedert, aus dem – den jeweiligen Bedürfnissen entsprechend – Forensiker, Materialspezialisten, Kunsthistoriker oder Provenienzforscher die Prozesse individuell begleiten können. In Verfahren mit einem Streitwert über 1,5 Millionen Euro sollen drei Schiedsrichter eingesetzt werden, bei einem niedrigeren Streitwert nur einer. Wenn nicht anders vereinbart, ist das niederländische Den Haag Sitz des Schlichtungsverfahrens.

Der Schwerpunkt des CAfA liegt in der besonderen Expertise für das Kunstrecht. Es ist daher nicht auf internationale Streitigkeiten beschränkt, sondern kann auch angerufen werden, wenn es um rein nationale Auseinandersetzungen geht. In solchen Fällen wäre dann die Verfahrenssprache deutsch und der Verfahrensort im Inland. Unabhängig davon, ob ein rein nationaler Konflikt oder der typische Fall eines grenzüberschreitenden Streits verhandelt werden soll, wird das CAfA nie von Amts wegen tätig. Die Zuständigkeit erfordert eine dahingehende freiwillige Einigung der Parteien – entweder vorab durch eine entsprechende Schiedsklausel in einem Vertrag oder ad hoc auf Initiative einer der beteiligten Parteien, wenn der Streit außergerichtlich ausgeschrieben ist.

Weitere detaillierte Informationen zu den Personen, Verfahrensabläufen und Strukturen finden sich auf der Website des Court of Arbitration for Art.

Service

UNSERE EXPERTEN

Yasmin Mahmoudi, Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz

Leonard Krüger, wissenschaftlicher Mitarbeiter

www.mahmoudi-rechtsanwaelte.de

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