Elisabeth Leopold baute mit ihrem Mann Rudolf die weltweit bedeutendste Privatsammlung österreichischer Moderne auf. Bis heute wirkt sie hinter den Kulissen des Wiener Leopold Museums. Porträt einer 95-jährigen Powerfrau
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07.06.2021
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Erschienen in
Weltkunst Nr. 185
Derzeit ist es schwierig, im größeren Rahmen zu feiern. Geschlossene Lokale und Ausgangssperren vereiteln jede Festivität; auch zu einem 95. Geburtstag gibt es keine Ausnahme. Hätte Elisabeth Leopold am 3. März zu einer Party laden können, dann hätte sie ihre Gäste wohl nicht in einem Nobelrestaurant empfangen, sondern eher, wie sonst manchmal, beim Heurigen – einer jener Winzerschenken, die in Wien so beliebt sind. Auf gesteigerten Luxus legt sie wenig wert: Wer braucht schon teure Autos, kostspielige Fernreisen oder sonstigen Firlefanz, wenn es doch die Kunst gibt? Diese Einstellung teilte sie mit ihrem 2010 verstorbenen Ehemann Rudolf Leopold, dem größten Privatsammler österreichischer Kunst der Moderne.
Vor unserem Gespräch bereitet ihr vor allem eines Sorge: ihr Haarschnitt. Schließlich haben seit fast einem Monat die Wiener Coiffeure geschlossen. Trotzdem ist sie tipptopp frisiert, als sie in ihrem Haus in Grinzing, einer Heurigengegend im Bezirk Döbling, fast drei Stunden lang Auskunft gibt – über ihr erfülltes Leben, in das man, wie sie sagt, „nicht recht viel mehr reinstopfen hätte können“. Seit Jahren schon scheint sie kaum mehr zu altern. Wie stets ist sie zurückhaltend-elegant gekleidet: weiße Bluse, Tweed-Blazer, Perlenohrringe. Sie strahlt die Herzlichkeit und Spontaneität einer Frau aus, die Oberflächlichkeiten ohnehin kaltlassen. Bei der Begrüßung macht sie nicht einmal ein Hehl daraus, dass sie – als Ärztin – auf den derzeit verpönten Handschlag ohnehin nie großen Wert gelegt hat.
Die unermesslich wertvolle Leopold-Sammlung ist heute im gleichnamigen Museum unweit der Wiener Ringstraße beheimatet. Das inhaltliche Gravitationszentrum der mittlerweile mehr als 6500 Objekte umfassenden Kollektion bildet Egon Schiele, von dem das Haus die weltweit größten Bestände besitzt. Hinzu kommen Werke von Gustav Klimt, Oskar Kokoschka oder Richard Gerstl, dazu Kunstgewerbe der Wiener Werkstätte von Josef Hoffmann bis Koloman Moser. Auch vieles aus dem 19. Jahrhundert, etwa der Stimmungsimpressionismus mit Emil Jakob Schindler und Olga Wisinger-Florian, findet sich hier. Darüber hinaus: österreichische Kunst der Zwischenkriegszeit, etwa der eigenwillige Albin Egger-Lienz oder der auf Männerakte spezialisierte Anton Kolig, afrikanische Skulpturen, Bauernschränke, Tonkrüge, gotische Skulpturen.
Im Jahr 1994 brachte Rudolf Leopold einen Großteil seiner Sammlung, fast 5300 Objekte, in eine Stiftung ein und erhielt dafür eine staatliche Zahlung von umgerechnet 160 Millionen Euro, weit entfernt von den 570 Millionen des damals errechneten Schätzwerts. Es war kein rein karitativer Akt, auch wenn die Öffentlichkeit heute von Leopolds mäzenatischer Leistung profitiert. Wegen der enormen Kredite, mit denen die Kunst belastet war (alle für neue Bilderkäufe), blieb ihm keine andere Wahl. Einen „beherzten Schuldenmacher“ nannte ihn sein Sohn Diethard in der von ihm verfassten Biografie. Im Gegenzug sicherte die Republik Österreich zu, die Werke in einem Museum der Öffentlichkeit zu präsentieren. 2001 eröffnete dann das Haus im Museumsquartier, ein luftiger und großzügiger Bau des Architektenduos Ortner & Ortner.
Längst ist das Leopold Museum ein Aushängeschild der österreichischen Kunstlandschaft. In Zeiten, da keine Pandemie wütet, zieht es jährlich Hunderttausende Besucher an. Nach wie vor scheint Elisabeth Leopold mit der Institution, wo man sie liebevoll „Leopoldine“ nennt, verwachsen zu sein. Hier ist sie daheim. Wer mit ihr durch das Haus geht, erfährt nicht nur viel über die Kunst, sondern kann auch ihre unermüdliche Begeisterungsfähigkeit dafür beobachten. Sie gibt Führungen, hält Vorträge und hat immer wieder Ausstellungsräume eingerichtet. Im Herbst 2012 sorgte sie für Furore, als sie die viel besuchte Schau „Nackte Männer“ mit kuratierte.
Nach dem Tod ihres Mannes zog sich die Witwe keineswegs zurück aus dem Geschehen, im Gegenteil: Als Promotorin seines Lebenswerks ist sie unermüdlich aktiv. Erst kürzlich präsentierte sie eine Neuauflage des Schiele-Werkverzeichnisses, das ihr Mann 1972 erstmals publizierte, jüngst erschienen ihre Kindheits- und Familienerinnerungen, und bis heute sitzt sie, auf Lebenszeit bestellt, im Vorstand des Leopold Museums. Das „Dreinreden“, so bekannte sie einmal, lasse sie sich nicht nehmen. Bisweilen rufen ihre Ideen im Museum Augenrollen hervor; umgekehrt goutiert sie nicht jedes Ausstellungsprojekt des Hauses. Vieles in der Gegenwartskunst scheint ihr fremd, und auch die Abstraktion interessiert sie nicht besonders. Mark Rothko, sagt sie, sei einer der wenigen, die sie verstehe. Trotzdem scheint das Verhältnis zwischen Elisabeth Leopold und dem Team des Museums von gegenseitiger Wertschätzung geprägt. Zuletzt setzte Museumsdirektor Hans-Peter Wipplinger auf ihre Anregung hin die Ausstellung „Menschheitsdämmerung. Zwischen lyrischer Empfindsamkeit und sachlicher Weltauffassung“ um. Darin sind Werke von elf österreichischen Künstlern zu sehen – Künstlerinnen sind tatsächlich keine dabei: u. a. Herbert Boeckl, Albin Egger-Lienz, Anton Kolig oder Alfons Walde. Dazu kam eine kleine Publikation heraus, für die – erraten – Elisabeth Leopold Beiträge verfasste.
Viele der Gemälde in dieser Schau entstanden in der Zwischenkriegszeit, als Elisabeth auf die Welt kam, im Wien des Jahres 1926 in eine „intelligente, aber arme Familie (Weltwirtschaftskrise) geboren“, wie sie einmal notierte. Aufgrund einer Tuberkulose-Erkrankung ihres Vaters wuchs sie zunächst bei ihrer Großmutter auf: einer gebürtigen Böhmin, die als Dienstmädchen arbeitete. Die Mutter war bereits als Buchhalterin tätig, dann als Prokuristin, und Elisabeth konnte sogar Medizin studieren: eine klassische Aufsteigergeschichte, typisch für viele Menschen ihrer Generation.
Schon in ihrer Jugend zeigte sich, dass Elisabeth nicht unbedingt zu jenen gehörte, die sich Autoritäten unterordnete. Lieber machte sie einen Witz, einen Schmäh, wie es auf Wienerisch heißt. Wenn sie sich an so manche Situation erinnert, blitzt der eleganten Dame der Schalk aus den Augen. Einmal im Gymnasium, erzählt sie, spielten sie und die anderen Teenager Theater. Dann wusste jemand im Text nicht mehr weiter. „Da kam der Direktor – Limperl hieß er – und sagte: Stellen Sie sich vor, ich stehe da oben auf der Bühne und bleibe stecken! Tatsächlich stellte ich mir das vor und musste laut lachen. Da brüllte er mich an und bezichtigte mich, ihn zu sabotieren.“ Die Mutter stand zu ihr: Anderntags marschierte sie zum Direktor und erzählte, dass ihre Tochter einfach fantasiebegabt sei.
Später wurde die Schule zu einer „nationalsozialistischen Erziehungsanstalt“, abgekürzt „Napola“. Dort sollten die Kinder zu strammen Nazis erzogen werden. Bei jedem gemeinsamen Essen mussten sie einen Spruch aufsagen, irgendwas mit Blut und Ehre. Wenn sie an der Reihe war, brüllten die anderen Schülerinnen und Schüler schon vor Vergnügen: „Jetzt kommt die Liesl dran!“ Denn sie rezitierte nicht mit der gebotenen Ernsthaftigkeit, sondern sang die Sätze im Falsett herunter. Kein Wunder, dass sie bald von der Schule flog.
Nach ihrer Matura, dem österreichischen Abitur, dauerte es nicht mehr lange, bis sie die Liebe ihres Lebens kennenlernte. Sie begann mit dem Medizinstudium an der Wiener Universität, dort traf sie auf Rudolf Leopold. Im Jahr 1953 heirateten die beiden angehenden Ärzte. Dann kamen ihre drei Kinder auf die Welt: Rudolf, Diethard, Gerda. Eines Tages stieß der junge Student auf einen alten Werkkatalog von Schiele, der 1918 an der Spanischen Grippe gestorben war.
Bald schon erfasste Leopold die lebenslang währende Manie für diesen Künstler mit seinen ungeheuer expressiven Menschenbildern, und mit ihm war seine Frau vom Schiele-Virus befallen. Der Œuvrekatalog war übrigens 1930 von Otto Kallir verfasst worden, einem Wiener Kunsthändler, der 1939, weil er Jude war, nach New York emigrieren musste und dort die Galerie St. Etienne gründete. Seine Enkelin Jane Kallir gilt heute als renommierteste Schiele-Forscherin und gab später ebenfalls ein umfassendes Werkverzeichnis heraus.
Im Wien der Fünfziger waren Gemälde und Papierarbeiten des Künstlers vergleichsweise günstig, dennoch für den jungen Sammler Leopold nur unter großen Opfern bezahlbar. So besaß das Paar mit kaum 30 Jahren eine erkleckliche Anzahl an Werken von Schiele. Dessen Siegeszug durch die europäischen Museen und die Welt sollte noch lange auf sich warten lassen. Er begann mit einer Ausstellung im Amsterdamer Stedelijk Museum 1956, und zwar nach einem Besuch des damaligen Direktors Willem Sandberg in Grinzing.
Damals bewohnte die Familie bloß einen Teil des Hauses, das Rudolfs großbürgerlichen Eltern gehörte. „Wo die Madonna steht, da war damals eine große Bettbank“, deutet die Hausherrin aus dem Esszimmer, wo wir sitzen, in den nicht sehr großen Nebenraum. „Ebenso standen Tische, Stühle und das Kinderbetterl drinnen.“ Links von der Tür, erinnert sie sich, „waren die ‚Eremiten‘. Die hatten wir von der Bettbank immer im Blick. Die ‚Tote Mutter‘ hing auch irgendwo herum.“
Es war für die Leopolds ganz normal, mit Schieles Bildern zu wohnen, die alles andere als gefällig sind, von vielen gar als bedrohlich wahrgenommen wurden. An der Stirnseite des Esszimmers hängt heute ein Gemälde Egger-Lienz: drei Menschen in einem kargen Raum, in der Mitte ein Tisch mit einer leeren Schüssel. Wie ein Mahnmal an dem Ort, wo gerade die Haushälterin Apfelstrudel und Kaffee kredenzt.
Nach dem Krieg herrschte in Österreich wenig Verständnis für Schieles sexuell aufgeladene Akte, die ausgezehrten Selbstporträts oder die geisterhaften Landschaften. Darauf angesprochen, rezitiert Elisabeth Leopold einen Aphorismus, den ihr die Mutter einst in ihr Stammbuch schrieb: „Nicht das Schönste auf der Welt soll dir am meisten gefallen, sondern was dir wohlgefällt, sei dir das Schönste von allen.“ Heute besitzt das Leopold Museum 42 Gemälde sowie 184 Aquarelle, Zeichnungen und Druckgrafiken dieses Malers, der dem Hässlichen nie auswich.
Neben der Sammlungstätigkeit, die immer mehr Raum einnahm, etablierte sich das Paar beruflich. Elisabeth arbeitete nach dem Studium als Ärztin, zunächst im Wilhelminenspital. Dort ereignete sich eine folgenreiche Begegnung. Eines Tages stach ihr der Name eines Patienten ins Auge: Karl Garzarolli-Thurnlackh. „Ich rief meinen Mann an und fragte ihn: Wer ist denn das? Er war gleich ganz aufgeregt und sagte: Sei freundlich zu ihm!“ Bei dem Herrn handle es sich nämlich um den Direktor der Österreichischen Galerie im Belvedere. Das Obere Belvedere war bis 1955 geschlossen, dessen Moderne-Bestände daher für die Öffentlichkeit unzugänglich. Da kam die persönliche Bekanntschaft gerade recht. „Er war ein wichtiger Punkt in unserem Sammlerleben.“ Schon 1954 erwarb Rudolf Leopold zwei Schiele-Werke vom Belvedere im Tausch gegen andere – ein Vorgang, der heute kaum vorstellbar ist. Ein weiteres Geschäft mit dem Museum sollte weitreichende Folgen mit sich ziehen; davon wird noch die Rede sein.
Trotz dreifacher Mutterschaft gab Elisabeth Leopold ihre Profession zu keiner Zeit auf – für damalige Verhältnisse ungewöhnlich. „Seien Sie ruhig beeindruckt davon“, sagt sie. „Ich bin es auch.“ Eher durch Zufall hatte sie sich einst für die Augenheilkunde entschieden, doch bis heute schwärmt sie von dem Fachgebiet, das sie mit ihrem Mann teilte. „Das Auge ist ein Wunderwerk“, sagt sie. „Wenn ich auf einem Berg stehe und hinuntersehe, sehe ich die Tiefe. Kein Foto kann das wiedergeben.“
Nachdem sie eine Praxis in der Nähe ihres Hauses eröffnet hatte, durfte ihr Gatte keine Ordination in Wien führen, aufgrund irgendwelcher verstaubten Verordnungen. Daher praktizierte er zunächst im niederösterreichischen Klosterneuburg. Bisweilen kam es vor, dass seine Frau für ihn einsprang. „Wenn er nach London zu einer großen Versteigerung flog, dann fuhr ich raus in seine Praxis.“ Das Leben mit ihrem Mann, so zitiert Sohn Diethard seine Mutter in der Biografie seines Vaters, sei für sie „Himmel und Hölle“ gewesen. Ihre Berufstätigkeit kam der Familie zugute, während ihr Mann sein Geld größtenteils in die Kunst steckte.
In der Öffentlichkeit waren die Rollen von Rudolf und Elisabeth Leopold klar verteilt: Er der genialische, häufig polternde und obsessive Kunstkenner, sie die Konziliantere und pragmatischer Veranlagte. Das zeigte sich auch in den hitzigen Debatten um das Thema Raubkunst. Sie schwelten bereits vor der Eröffnung des Museums. Die weitesten Kreise zog Schieles „Bildnis Wally Neuzil“. Es war der jüdischen Galeristin Lea Bondi-Jaray 1938 abgepresst worden, gelangte in die Salzburger Landesgalerie und wurde nach 1945 falsch restituiert: nämlich an die Erben des 1942 im KZ Theresienstadt ermordeten Heinrich Rieger. Diese verkauften es an das Belvedere – von dem es Rudolf Leopold wiederum 1954 in einem Tauschgeschäft erwarb. Als er das Gemälde 1998 in eine Ausstellung des New Yorker MoMA entlieh, wurde es dort beschlagnahmt: der Beginn eines zwölf Jahre währenden Rechtsstreits. 2010 verglich sich die Museumsstiftung durch eine Zahlung von 19 Millionen Dollar mit den Erben von Lea Bondi-Jaray; seither ist das Gemälde hier wieder zu besichtigen.
Auch wegen anderer Raubkunstfälle tobten jahrelang Streitigkeiten zwischen der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) und manchen Kulturpolitikern auf der einen Seite, Leopold und der Stiftung auf der anderen Seite. Der Sammler, dem ein bösgläubiger Erwerb von Raubkunst nicht nachgewiesen werden konnte, verweigerte stets die Rückgabe der Werke an Erbinnen und Erben, sondern bot stattdessen Geld an, zuweilen viel Geld. Häufig brauste er in diesen Debatten auf. Presseleute wurden bisweilen vormittags von Herrn Leopold wegen unbotmäßiger Fragen angebrüllt und nachmittags von Frau Leopold am Telefon in ein freundliches Gespräch verwickelt. So beruhigte sie manche Situation und zeigte Verständnis. Auch IKG-Geschäftsführerin Erika Jakubovits gewann den Eindruck, dass sich Elisabeth Leopold der Raubkunst-Problematik bewusst sei, wie sie 2015 sagte. Dass die Konflikte mittlerweile halbwegs beigelegt sind, liegt zu einem guten Teil an der Witwe.
Dennoch sind die Wunden tief. Das merkt man, wenn Elisabeth Leopold über die Restitutionsexpertin Eva Blimlinger spricht, die heute als Kultursprecherin der Grünen im österreichischen Parlament sitzt. Diese attackierte das Leopold Museum wegen seiner Praxis, Vergleiche statt Restitutionen anzustreben. Wenn die Rede auf Blimlinger kommt, dann hebt sich die Stimme der sonst so liebenswürdigen Dame, die Leute gern mit „Schatzerle“ oder „Herzerl“ anspricht. Sie sticht mit dem Finger in die Luft und ruft: „Auf uns loszugehen, das war ihre Hauptarbeit!“
Rudolf Leopold wird als der Mann in Erinnerung bleiben, der sich für das Werk von Schiele eingesetzt hatte – nach dem Zweiten Weltkrieg, nachdem dessen jüdischen Sammler und Sammlerinnen, Galeristen und Galeristinnen vertrieben, ins KZ gesperrt und ermordet worden waren. Und Elisabeth Leopold, diese unglaublich rüstige 95-Jährige, wird sein Lebenswerk, das zu einem großen Teil auch ihres ist, weiterhin hochhalten.
Als sich der Nachmittag schon zu Ende neigt, schlägt sie ein Buch mit Egon Schieles „Sitzendem Akt“ auf. Er präsentiert sich darin selbst, mit roten Augen, gelber Haut, nackt vor einer weißen Fläche – ein Wahnsinnsbild. Wer heute ohne Vorahnung durch die eleganten Räume des Museums schlendert, bekommt einen regelrechten Schock ob der Intensität dieses Werks, wenn es plötzlich zwischen den anderen Gemälden auftaucht. „Sie können ja die Rippen sehen! Die Nacktheit, die Magerkeit, das alles ist übertrieben, um zu zeigen, wie ausgesetzt er ist.“ Und schon wieder fällt ihr ein Gedicht ein. „Das geht ungefähr so: So sieh den Menschen nackt, wie empfindlich ist sein heller Leib und wie ausgesetzt dem Verfall.“
Sie wäre nicht Elisabeth Leopold, wenn sie nicht eine witzige Geschichte dazu hätte: Einmal wollte eine Firma mit dem Bild für ein Rheumamittel werben. Für derlei Absurditäten hat sie kein Verständnis. Doch die Anekdote bringt sie noch heute zum Lachen.