Sammlerseminar

Wissenswertes zu Künstlerautografen

Was ist eine Paraphe und was versteht man unter Visitformat? Wo lassen sich Autografen anschauen? Wo sind sie zu erwerben? Unsere kompakte Übersicht

Von Markus Brandis
03.11.2021
/ Erschienen in WELTKUNST Nr. 189

Von Album Amicorum bis Widmungsexemplar – ein kleines Glossar zu Autografen

Album Amicorum: Freundschafts- oder Poesiealbum mit handschriftlichen Einträgen von Menschen, die den Besitzern des Albums etwas bedeuten. Oft gehören Zeichnungen, einmontierte Grafiken, Scherenschnitte oder Haarlocken zu den Einträgen.

Autograf: Aus den griechischen Wörtern „autos“ (selbst) und „graphein“ (schreiben) zusammengesetzt. Eine eigenhändige, oft signierte Schrift einer interessanten Persönlichkeit. Bedeutung und Wert von Autografen sind eng mit der Geltung der historischen Figur verknüpft.

Autogramm: Signatur einer prominenten Person, etwa auf einer Porträtfoto- oder Theaterkarte, einem Fußballticket oder in einem Buch. Auch wenn die Unterschrift eigenhändig ist, unterscheidet die Fachwelt Autogramme strikt von Autografen.

Autopen: Signierautomat, eine schon bis ins frühe 19. Jahrhunderts zurückreichende Erfindung, die es Politikern und anderen Zelebritäten des öffentlichen Lebens ermöglicht, ihre Unterschrift auch in Abwesenheit auf Dokumenten zu reproduzieren. Wenn auch mit Tinte und im Duktus des Autors auf Papier gebracht, zählen Autopen-Signaturen nicht zu den Autografen und müssen als solche kenntlich gemacht werden.

Format: Das übliche Briefformat, vor der Normierung etwa dem heutigen DIN A4 entsprechend, bezeichnet man als Folium oder Folio (abgekürzt fol.). Ein halbes Blatt ist ein Quarto (4°), nach nochmaliger Faltung ist man beim Octavo (8°). Die Briefformate unterscheiden sich deutlich von den gleichlautenden Buchformaten, denen als Folium der wesentlich größere Druckbogen zugrunde liegt. Bei Abweichungen nach oben oder unten wird in Katalogen auch Groß-Oktav (Gr.-8°) oder Kleinquart (Kl.-4°) benutzt.

Manuskript: Von lateinisch „manus“ (Hand) und „scriptum“ (Geschriebenes), der Oberbegriff für alle handgeschriebenen Texte. Autografen gehören zu den Manuskripten, unterscheiden sich aber als Autoren-Selbstschriften etwa von mittelalterlichen Manuskripten, bei denen meist kein Schreiber bekannt ist.

Paraphe: Eine auf die Initialen, die ersten Buchstaben des Vor- oder Nachnamens oder sonstige Kürzel beschränkte Formel zum zeitsparenden Abzeichnen von Schriften. Schon Karl der Große signierte mit der Abkürzung „KRLS“.

Respektblatt: Leer gebliebene Seite gegenüber dem handschriftlichen Text. Wenn für einen Brief etwa ein Quartblatt in der Mitte gefaltet wurde, ließ der Schreiber oft die linke Hälfte frei und begann seinen Brieftext erst auf der dritten Seite.

Ein Manuskript des Märchens „Viktors Verwandlungen“, von Hermann Hesse 1927 geschrieben und illustriert.
Hermann Hesse schrieb und illustrierte 1927 das Manuskript des Märchens „Viktors Verwandlungen“, 2004 wurde es bei Bassenge für 16.000 Euro brutto versteigert. © Bassenge

Signatur: Im Gegensatz zur Paraphe handelt es sich bei der Signatur um den vollständigen Vor- und/oder Nachnamen. In ihrem Duktus unterscheidet sich die Signatur oft von der sonstigen Handschrift der Autoren. Von der Unterschrift kann nicht unbedingt auf den Rest des Textes geschlossen werden.

Stammbuch: Ein vor allem von den protestantischen Studenten der Reformationszeit geprägtes Freundschaftsalbum, für das die Besitzer um Einträge von ihren Kommilitonen und Professoren baten. Das Stammbuch wurde zum deutschen Genrebegriff des Album Amicorum.

Typoskript: Mit der Schreibmaschine, später mit dem Computer geschriebene Texte. Handschriftliche Ergänzungen, Korrekturen oder Unterschriften machen sie auch für Autografensammler interessant.

Urkunde: Sie beglaubigt rechtliche Verhandlungen, aber auch politische Pakte und gehört zum klassischen Gebiet der Autografensammler. Um ihre Beweiskraft und Authentizität zu bescheinigen, sind Urkunden meist von mehreren Juristen, Politikern, Herrschern oder anderen Zeugen signiert und häufig auch mit einem Siegel versehen.

Visitformat: Ein bei Autografen sehr häufiges Sonderformat von ca. 6 x 9 cm. Es entwickelte sich aus der auf Karton montierten Porträtfotografie, mit der man sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts vorstellte. Diese „Carte de Visite“ konnte gedruckten Text (etwa Name und Adresse) enthalten, wurde aber vielfach auch mit Handschriftlichem oder sogar einer kleinen Zeichnung versehen.

Wappenbuch: Heraldische Bücher entstanden seit dem 16. Jahrhundert auf den Reisen wohlhabender Studenten durch Europa. An den Universitäten standen dafür meist spezialisierte Künstler bereit, die dem Reisenden das farbige Wappen eines Professors oder eines Studenten ins Stammbuch malten, oft mit einem Motto oder einem Sinnspruch.

Widmungsexemplar: Künstler, Wissenschaftler, Autoren aller Art verschenken ihre Bücher meist mit Widmungen. Je nach Bedeutung der Autoren ist der Wert eines Widmungsexemplars viel höher als der einer Erstaus­gabe.

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