Jenseits der Baumgrenze gibt es weit mehr als Gletscher und Geröll. Vom Theaterturm auf dem Julierpass über Doug Aitkens eisiges Spiegelkabinett bei Gstaad bis zum Kirchner Museum Davos: Wir stellen die schönsten Kunstorte in den Schweizer Alpen vor
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22.09.2022
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Erschienen in
WELTKUNST Spezial 01/2020
Sich auf einen Lieblingsort im Zuozer Hotel Castell zu einigen, ist gar nicht so einfach. Für die einen ist es James Turrells „Skyspace“ mit Blick auf den Piz Uter, wo man nachts die Sterne beobachten kann. Von außen wirkt der Bau des Lichtkünstlers wie eine archaische Kapelle, innen fühlt man sich dem Himmel ganz nah. Andere treffen sich am liebsten im hauseigenen Kino, wo Filme von Fischli/Weiss laufen, oder in der Bar, die Pipilotti Rist gemeinsam mit der Architektin Gabrielle Hächler eingerichtet hat.
Es ist ein Kunsthaus, das lebt und atmet. Viel traditionelles Handwerk kam zum Einsatz, und als der Platz in der alten Brauerei im Unterengadin nicht reichte, erschloss man Räume im Fels. Die polnische Sammlerin Grażyna Kulczyk zeigt im Muzeum Susch nicht nur fantastische Avantgarde-Werke aus ihrer Heimat, sondern betreibt mit internationalen Kuratoren ein reiches Kunstprogramm. Ab dem 7. Januar zeigt das Museum die erste Schweizer Schau seit zwanzig Jahren, die sich der Bildhauerin, Fotokünstlerin und Malerin Hannah Villiger widmet.
Wer das druckgrafische Werk Giacomettis sehen will, kann dies hoch über dem Inntal mit bester Bergluft verbinden. In Sent führt Carlos Gross die Pensiun Aldier, ein Haus mit Patina, das er mit natürlichen Materialien zu einem Schmuckstück gemacht hat. Der Clou: Im Alberto Giacometti Museum im Gewölbekeller breitet Gross seine Sammlung fast aller Lithografien und Radierungen des epochalen Bildhauers aus. Auch sonst im Haus hängt überall Kunst.
Auf dem knapp 2500 Meter hohen Furkapass, der das Urserental im Kanton Uri mit dem Wallis verbindet, kann man von Juni bis September einen legendären Kunstort aufsuchen. Im abgelegenen Hotel Furkablick arbeiteten in den Achtzigerund Neunzigerjahren Lawrence Weiner, Marina Abramović oder John Armleder gegen Kost und Logis. Noch heute kann man Jenny Holzers Inschriften im Granit der Gegend erwandern, sich an der Feuerstelle von Max Bill wärmen oder im von Rem Koolhaas entworfenen Restaurant bei einem Cappuccino rasten.
Die Biennale Art Safiental im Kanton Graubünden, die 2022 zum vierten Mal stattfindet, setzt auf den Dialog zwischen aktueller Kunst und Landschaft. Besuchern wird eine Wanderkarte zur Verfügung gestellt, mit der sie sich die Land-Art-Werke nach Lust und Laune erlaufen können. Die diesjährige Ausgabe steht unter dem Motto „Learning From the Earth“ und lädt noch bis zum 23. Oktober zum freien Erwandern und Erleben zeitgenössischer Landschafts- und Umweltkunst ein.