Atelierbesuch Lukas Hoffmann

Der Pilzsammler

Der Fotograf Lukas Hoffmann war diesen Sommer eine der großen Entdeckungen des Festivals Les Rencontres in Arles, nun ist seine Arbeit auf der Paris Photo zu sehen. Ein Besuch in seinem Berliner Atelier

Von Catherine Peter
11.11.2022

In der Nähe einer Brücke in Berlin-Schöneberg, in einer Straße mit leichtem Abhang, liegt das Atelier des Schweizer Fotografen Lukas Hoffmann. Zwei Räume im Erdgeschoss: der vordere mit großem Arbeitstisch, der auf die Straße geht, und dahinter ein Raum, der als Labor und Dunkelkammer dient. Eine Treppe führt in ein Untergeschoss, das zusätzlich als Werkstatt und Lager genutzt wird. Als wir Lukas Hoffmann besuchen, hängen mehrere seiner Arbeiten gerahmt an den Wänden: Die Aufnahmen in Schwarz-Weiß und in Farbe, von Fassaden und Zwischenräumen, lenken mit ihrer konzentrierten Komposition das Auge auf Details, auf Flächen und grafische Effekte aus dem urbanen Umfeld. In ihrer abstrakten Reduktion sind die Arbeiten aus den Jahren 2017 und 2018 charakteristisch für Lukas Hoffmann. Der 41-Jährige schafft fotografische Bilder, indem er die Materialität betont und vom Abzug bis zum Rahmen alles selbst produziert. Seine Arbeit gleicht einem malerischen Prozess.

Portrait Lukas Hoffmann
Lukas Hoffmann in seinem Atelier in Berlin, August 2022. © Catherine Peter

Seine fotografische Laufbahn begann 2001 in Luzern, in der Klasse von Petra Wunderlich, einer Fotografin der Düsseldorfer Schule, die aus demselben Jahrgang wie Gursky und Struth stammt. Auf ihren Rat hin ging es dann aber nicht nach Düsseldorf in die Klasse von Thomas Ruff, sondern nach Paris, an die Schule der Beaux-Arts, wo Lukas Hoffmann die Klasse des Fotografen Patrick Faigenbaum besuchte. Dieser regte seine Studierenden an, sich mit der Malerei auseinanderzusetzen, und besuchte mit ihnen regelmäßig außerhalb der Öffnungszeiten Museen. Nach seinem Abschluss vor zehn Jahren zog Lukas Hoffmann nach Berlin, um dort als freier Fotokünstler zu arbeiten. Inzwischen hat er mit seinem Fahrrad und seiner Mittel- und Großformatkamera im Gepäck die ganze Stadt abgefahren, von Spandau bis Köpenick. Das Erkunden der Stadt und des Umlands auf der Suche nach Motiven sei ein wenig wie Pilze sammeln, erzählt er. Man müsse im Voraus wissen, wo sich ein gutes Gebiet befindet, und dort dann mit scharfen Augen das Terrain sichten. Fotografieren an sich tut er wenig, nur das Nötigste wird aufgenommen.

Fotografie Straßenbild Lukas Hoffmann Paris Photo
Ein T-Shirt als zufällige Landschaft: Lukas Hoffmanns Silbergelatine-Print „Strassenbild XIII“, 2019. © courtesy Galerie C

Eine seiner neuesten Serien, die ihm in Arles viel Aufmerksamkeit verschaffte und die auch dieses Wochenende in Paris zu sehen seien wird, nennt sich „Straßenbilder“. Lukas Hoffmann nähert sich hier dem klassischen Genre der Streetphotography auf eine ungewöhnliche Art. Während unseres Besuches erzählt er, wie er 2018 mit der Serie begann, um spontaner zu arbeiten und Bewegung in seine Bilder zu bringen. Drei Sommer lang sei er immer fort bei schönem Wetter am Alexanderplatz und anderen belebten Orten in Berlin gewesen, um mit seiner Fachkamera, blind aus der Hand, mit einem auf 80 cm eingestellten Distanzmesser, seine Motive in der Menschenmenge zu finden. Daraufhin entstanden große Abzüge, 102 mal 72 Zentimeter, von Bildern, die auf den ersten Blick ganz banal erscheinen: zufällig eingefangene Fragmente von Körpern und Kleidern. Indem Lukas Hoffmann hier ganz bewusst das Verhältnis vom Motiv und der Größe des Abzuges auf den Kopf stellt, passiert etwas Erstaunliches. Das einfachste Detail, sei es zum Beispiel die Falte eines weißen T-Shirts, bekommt eine sonderbare ästhetische und berührende Kraft. 

Atelier Lukas Hoffmann Berlin Paris Photo Strassenbild
„Ohne Titel (Neue Strasse)“ von 2017 hängt in Lukas Hoffmanns Atelier in Berlin-Schöneberg. © Catherine Peter

Service

Paris Photo

Arbeiten von Lukas Hoffmann am Stand der Galerie C,

Paris Photo,

10. bis 13. November

parisphoto.com

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