Durch den Antisemitismusskandal verlor die documenta ihre Geschäftsführerin. Es folgten zwei Interimslösungen. Nun gibt es eine Neubesetzung, die dauerhaft sein soll
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13.01.2023
Der norddeutsche Kulturmanager Andreas Hoffmann leitet künftig die Geschäfte der bekanntesten Schau für zeitgenössische Kunst, der documenta. Er trete seine Position in Kassel am 1. Mai an, teilte die documenta und Museum Fridericianum gGmbH am Donnerstag mit. Hoffmann, geboren 1971, beerbt damit nach zwei Interimslösungen die frühere Generaldirektorin, Sabine Schormann. Die hatte ihr Amt nach einem Antisemitismusskandal bei der vergangenen Schau niedergelegt. Aktuell ist Hoffmann noch Geschäftsführer des Bucerius Kunst Forums in Hamburg.
Bis zur Übernahme des Amtes leitet weiterhin Ferdinand von Saint André die Geschäfte. Er war als Interimsgeschäftsführer und Nachfolger von Kulturmanager Alexander Farenholtz eingestellt worden. Auslöser des Personalkarussells war die fünfzehnte documenta in Kassel gewesen. Schon im Vorfeld der Schau waren Stimmen laut geworden, die dem indonesischen Kuratorenkollektiv Ruangrupa und einigen Künstlern eine Nähe zur anti-israelischen Boykottbewegung BDS vorwarfen. Nach der Eröffnung wurde eine Arbeit mit antisemitischer Bildsprache entdeckt. Später lösten weitere Werke Kritik und Forderungen nach einem Abbruch der Ausstellung aus.
„Mit der Personalentscheidung für den neuen Geschäftsführer geht auch eine Weichenstellung für die Zukunft der documenta in Kassel einher“, sagten der documenta-Aufsichtsratsvorsitzende, Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD), und Hessens Kunstministerin Angela Dorn (Grüne). Als Kulturinstitution müsse sich die documenta inhaltlichen Fragen und strukturellen Herausforderungen stellen. Hoffmann selbst bezeichnete alle Ausgaben der Weltkunstschau als „wichtige Seismographen zentraler Diskurse und Herausforderungen unserer Gesellschaft im Spiegel der Kunst“.
Die documenta 16 soll vom 12. Juni bis 19. September 2027 in Kassel stattfinden. Bis dahin werde die Verständigung auf Standards im Umgang mit der Kunstfreiheit und ihren Grenzen eine zentrale Rolle spielen, im Umgang mit jeglicher gruppenspezifischen Form der Menschenfeindlichkeit wie Antisemitismus und Rassismus, erklärte die documenta.
Andreas Hoffmann stammt aus Norden in Niedersachsen. Er ist seit Januar 2007 Geschäftsführer des Bucerius Kunst Forums. Hoffman war bis 2019 zusätzlich Programmleiter Kunst und Kultur für die Musik- und Denkmalprojekte der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. (dpa)