Eines der schönsten Geheimnisse von Paris liegt auf halber Strecke zwischen Versailles und Eiffelturm: Das Musée Albert Kahn nimmt uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit – dank eines Mannes, der die ganze Welt archivieren wollte
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06.01.2023
Albert Kahn beschloss um die Wende zum 20. Jahrhundert, sein gesamtes Vermögen in den wahnwitzigen Versuch zu stecken, das Antlitz der Welt festzuhalten, bevor sie für immer anders werden würde. Die fabelhafte Sammlung des jüdischen Bankers umfasst insgesamt 183 Kilometer Schwarz-Weiß-Film, einige Farbfilmaufnahmen, 4.000 Stereofotografien und 72.000 Autochrome. Von 1912 bis in die frühen Dreißigerjahre schickte Kahn eine Truppe professioneller Fotografen in alle Ecken der Welt. Sie reisten nach Vietnam, Japan, China, Korea, Indonesien, Sri Lanka, Montenegro, Iran, Irak, Afghanistan, Yemen, Syrien, Marokko, in die Türkei, nach Kamerun und Benin, nach Bosnien, Bulgarien, Serbien, in die USA, nach Indien, Irland, Deutschland, Italien, Griechenland, fotografierten im privaten wie im öffentlichen Rahmen, dokumentierten politische Umbrüche, Naturkatastrophen, Kriege und die langsame Veränderung des Alltags. Darunter auch die junge Vietnamesin, die mit fast provokant gleichmütigem Gesichtsausdruck an einer berauschenden Betelnuss lutscht. Alles sollte aufgenommen und kategorisiert werden. Schließlich ging es weniger darum, schöne Bilder zu generieren, als um eine Art anthropologischer und soziologischer Erforschung des Lebens: das Archiv des Planeten.
Übrigens: Das Archiv von Albert Kahn ist auch online zugänglich. Mehr über das außergewöhnliche Museum schreibt Annabelle Hirsch in unserem aktuellen Sonderheft „Reisen zur Kunst“.