Juwelendiebstahl

Gericht will Hintergründe zu Beute-Rückkehr klären

Nach gut drei Jahren ist ein Großteil der aus dem Grünen Gewölbe gestohlenen Juwelen zurück. Das hängt mit dem Prozess zum spektakulären Coup zusammen – der nächste Verhandlungstag soll Hintergründe beleuchten

Von Weltkunst News
09.01.2023

Drei Wochen nach Sicherstellung von Beutestücken aus dem Einbruch ins Historische Grüne Gewölbe Dresden im November sind die Hintergründe und die meisten Details noch unbekannt. Auch zu Umfang und Zustand des zurückgekehrten Konvoluts schweigen sich Ermittler und Staatliche Kunstsammlungen Dresden bisher aus. Mit Spannung wird daher der nächste Verhandlungstag im Prozess gegen die mutmaßlichen Kunstdiebe am Landgericht Dresden erwartet. Am Dienstag sollen ein Mitglied der Sonderkommission „Epaulette“ – benannt nach einem der prominenten Beutestücke – und ein Experte des Museums als Zeugen Auskunft geben.

Über drei Jahre war das Schicksal der gestohlenen Juwelen aus dem 17. und 18. Jahrhundert ungewiss. Kurz vor Weihnachten wurde überraschend ein erheblicher Teil der Beute in Berlin sichergestellt. Dem Polizeieinsatz ging ein Sondierungsgespräch zwischen Verteidigern und der Staatsanwaltschaft über eine mögliche Verfahrensverständigung und Rückführung noch vorhandener Beutestücke voraus. 

Seit fast einem Jahr müssen sich sechs Tatverdächtige zwischen 23 und 29 Jahren wegen schweren Bandendiebstahls, Brandstiftung und besonders schwerer Brandstiftung verantworten. Die bis zum Sommer 2021 nach und nach gefassten Beschuldigten sind Deutsche. Die drei Brüder und deren Cousins gehören zu einer bekannten arabischstämmigen Berliner Großfamilie. Zwei von ihnen verbüßen derzeit ihre Jugendstrafe wegen des Goldmünze-Diebstahls aus dem Bode-Museum 2017 – der Juwelencoup fand in einer Pause des Prozesses dazu statt, als sie noch auf freiem Fuß waren.

Der Einbruch in das berühmte sächsische Museum am Morgen des 25. November 2019 war einer der spektakulärsten Kunstdiebstähle in Deutschland und machte auch international Schlagzeilen. Zwei Täter drangen über ein unbemerkt Tage zuvor präpariertes Fenster ins Residenzschloss ein, schlugen im Juwelenzimmer mit einer Axt Löcher in die Vitrine mit den prächtigsten Preziosen und rissen heraus, was sie zu fassen bekamen. Das Ganze dauerte nur wenige Minuten – als die Polizei ankam, waren die Diebe samt Beute verschwunden. 

Laut Anklage wurden 21 Schmuckstücke mit insgesamt 4300 Diamanten und Brillanten im Gesamtwert von über 113 Millionen Euro aus der barocken Schatzkammer gestohlen. Die Beschuldigten sollen auch einen Stromkasten in der Altstadt sowie ein Fluchtauto in der Tiefgarage eines Wohnhauses angezündet haben, um Spuren zu verwischen – und so einen Sachschäden von über einer Million Euro hinterlassen haben. 

31 Einzelteile, darunter auch mehrere vollständig erscheinende Stücke wie der Hutschmuck (Reiherstutz) und der Bruststern des polnischen Weißen Adler-Ordens aus der Brillantgarnitur, sind indes zurück in Dresden. Sie wurden kriminaltechnisch und danach von Fachleuten des Museums auf ihre Echtheit und Vollständigkeit hin untersucht. Ob es tatsächlich die vermissten Juwelen sind, ob sie zerstört, beschädigt, die Steine aus den Fassungen gebrochen oder intakt sind, dazu gibt es bisher keine Informationen. 

Nachdem die Richter zum Ende der Beweisaufnahme deutlich gemacht hatten, dass bei einigen Angeklagten eine Verurteilung wegen schwerer Brandstiftung in Betracht komme, sei der Handlungsdruck bei der Verteidigung gewachsen, sagte der Jurist und Publizist Butz Peters, Prozessbeobachter im Verfahren. Da gehe es um erhebliche Freiheitsstrafen, auch für die, die zur Tatzeit noch nicht 21 Jahre alt waren und damit unter das Jugendstrafrecht fallen. 

Sofern Beschuldigte oder Angeklagte etwa durch Geständnisse oder Schadenswiedergutmachung zu ihren Gunsten sprechende Faktoren einbringen, seien unter Umständen mildere Strafen möglich, erklärte Jürgen Schmidt, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Ein sogenannter Deal sei bisher nicht geschlossen. Ob es dazu komme, sei offen und hänge vom weiteren Verlauf der Hauptverhandlung ab.

„Die Ermittlungen waren von Beginn an sowohl auf die Überführung der Tatverdächtigen als auch auf die Rückgewinnung der Tatbeute gerichtet“, sagte Schmidt. Und sie gingen weiter. „Die Suche nach der Beute ist noch nicht beendet.“ Nach Angaben der Staatsanwaltschaft fehlen auch noch prominente Stücke wie Teile der beschädigten Epaulette mit dem „Sächsischen Weißen“, einem Brillanten von fast 50 Karat, oder die Große Brustschleife der Königin Amalie Auguste mit über 650 Brillanten.

„Aus meiner Sicht stellen sich drei Fragen: Was ist Gegenstand der Verständigung, in welchem Zustand ist die Beute und gibt es Anhaltspunkte dafür, was mit dem Rest der Beute passiert ist?“ Ob sich Angeklagte selbst äußern, ist unbekannt – von fünf der jungen Männer wurde DNA an der Mauer vor dem Einstiegsfenster gefunden. (dpa)

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