In diesen Tagen blickt die Welt hoffnungsvoll auf Brasiliens neuen Präsidenten Lula da Silva und sein Bekenntnis zum Umweltschutz. Und auch die Kunst ruft zum Kampf gegen die Zerstörung auf
ShareEs sind düstere Zeiten für das Amazonas-Gebiet im Nordwesten Brasiliens. Der weltweit größte tropische Regenwald, sein Fluss, der Rio Amazonas, und dessen Bevölkerung sind heute mehr denn je bedroht durch den Klimawandel und seine Folgen. Täglich werden Flächen in der Größe von Hunderten von Fußballfeldern abgeholzt. Darüber hinaus nimmt die Umweltverschmutzung durch Müll und Schwermetalle immer größere Dimensionen an. Die brasilianische Regierung unter Jair Bolsonaro war für einen Großteil der Abholzung und Verschmutzung verantwortlich. Seit Jahrzehnten leidet die Region unter den Umweltverbrechen, die Hilferufe vor Ort werden immer lauter. Mit Lula da Silva als neuen Präsidenten bekommt der Amazonas nun noch eine letzte Chance. Doch auch die Kunst kann helfen.
Uýra Sodoma, der gute Geist des Amazonas, kämpft tanzend gegen das Unheil. Geboren 1991 in Santarém, im brasilianischen Bundesstaat Pará, wuchs er als Emerson Pontes inmitten des Regenwaldes auf. Diese Nähe zur Natur prägt von Anfang an sein Schaffen. Zunächst arbeitete Pontes als Biologe, heute ist er als Pädagoge und Künstler tätig. Dabei wird er selbst zum Kunstobjekt. Sein Engagement gilt vor allem den im Amazonas-Gebiet lebenden Menschen, denn sie sind am schlimmsten von der Umweltzerstörung betroffen. Als Pontes im Jahr 2016 beschloss, seine universitäre Forschung zu erweitern und nach neuen Möglichkeiten zu suchen, um die Debatte über Umweltschutz und Klimaaktivismus direkt vor Ort zu führen, war dies die Geburtsstunde von Uýra Sodoma. Als Dragqueen des Regenwaldes hat Uýra Sodoma in den letzten Jahren mit ihrer Körperkunst die Aufmerksamkeit der Kunst- und Modeszene auf sich ziehen können: Knallbunt geschminkt und mit schamanischen Kostümen trat sie auf nationalen und internationalen Ausstellungen auf. Im Jahr 2020 war sie auf dem Cover der Vogue Brasil zu sehen. Uýra Sodomas Kostüme bestehen aus bunten Samen, Blumen und Blättern in allen Variationen. Muscheln, Äste und Schnüre dienen als Verzierung. Für ihre Auftritte bemalt sie präzise und aufwendig ihr Gesicht, oft schmückt sie sich mit Federn. Diese Tradition entstammt dem indigenen Volk der Munduruku, der größten Federkünstler Amazoniens. Durch die Transformation zu Uýra Sodoma wird Emerson Pontes eins mit der Natur und beweist, wie ähnlich sich doch pflanzliche und menschliche Körper sind. Die Fluidität zwischen Mensch und Pflanze, Mann und Frau, Realität und Traum birgt einen neuen Ansatz von Umweltaktivismus: In ihren Darbietungen spricht Uýra Sodoma nicht nur über den Wald, sondern mit dem Wald. Durch ihre Performancekunst hebt sie die Grenzen der Sprache auf. Gemeinsam mit dem Fotografen Matheus Belém ist sie an die Orte gereist, die die größte Zerstörung erfahren haben. Beide wollen zeigen, dass zwischen all dem Unheil auch Schönheit zu finden ist. Ein optimistischer Ansatz, der sich auch in Uýras pädagogischer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen spiegelt. In sie setzt sie die Hoffnung auf die Rettung des Regenwaldes.