Für die einen ist der Rahmen nur stiller Diener, für die anderen ein Bühnenbild. Unsere Stilkolumne gibt Tipps für die Kunst im eigenen Heim. Folge 9: Bilder richtig rahmen
ShareEin Rahmen hat zuallererst eine praktische Funktion. Er schützt das Bild und macht es in vielen Fällen überhaupt erst aufhängefähig. Was die weitere Rolle des Rahmens betrifft, gibt es im Grunde zwei Schulen. Die eine will, dass er möglichst zurücktritt und dem Bild nichts an Aufmerksamkeit nimmt, dass er ein stiller Diener ist. Die andere sieht im Rahmen eine Kraft, die die Wirkung eines Kunstwerks verstärken kann, im Zweifel sogar Teil davon wird. Auf die Spitze getrieben, diktiert dann der Rahmen die Bedingungen, nicht das Bild. Das Bild muss zum Rahmen passen. Buchstäblich und beziffert. Vertreter dieser Extremposition würden lieber das Bild beschneiden, als den Rahmen zu zersägen. Mutig.
Die erste Regel beim Thema Rahmen ist, dass jedes Gemälde, jede Zeichnung, jede Druckgrafik, jede Fotografie und jede Collage ihre eigenen Regeln braucht. Die Einrichtungsentscheidung, in einem Raum oder an einer Wand etwa ausschließlich schwarze Rahmen zu verwenden, unabhängig von Medium oder Motiv, ist im Interesse des Kunstwerks schon mal falsch. Wer sich den Luxus erlaubt, nur Fotografien oder nur Plakate zu sammeln, möge auf diese Regel so großzügig verzichten, wie seine oder ihre Sammlung homogen ist. Auch die Küche lässt sich mit einer Reihe an Ausstellungspostern natürlich wunderbar in einheitlichen Alurahmen tapezieren. Aber wenn man vermeiden möchte, dass das Zuhause den Charakter eines Hotelflurs bekommt, sollte man sich ansonsten jedem Bild zuerst einmal allein widmen. So rahmt man auch fürs Leben, nicht für die Wohnung.
Womit wir bei der zweiten Regel wären: einmal richtig und dann nie wieder! Man sollte der zu rahmenden Arbeit gerecht werden. Was nicht heißen soll, dass es immer teuer sein muss, aber eben angemessen. Ist einem ein Kunstwerk wichtig, sollte man nicht beim Museumsglas sparen (entspiegelt, UV-geschützt, hochpreisig). Manchmal reichen dazu die einfachsten Fertigrahmen mit dem passenden Passepartout. (Wir haben eine Reihe von günstigen Metallrahmen, welche nach dem Putzen durch die Überreste des Glasreinigers an den Händen oxidiert sind und dadurch zu unseren liebsten geworden sind.) Allerdings kann man auch die Expertise und Handwerkskunst der Rahmenbauer nicht ernst genug nehmen. Findet man jemanden, dem man vertraut, kann sich eine ganz neue, kreative Beziehung auftun, die sich anfühlt, als würde man beim letzten Schritt des Künstlers mitwirken. Die Chance auf einen kleinen Geschmack des künstlerischen Schaffens, auf etwas Magisches.
Damit soll keinesfalls gemeint sein, dass nicht beide „Schulen“, die des Rahmens im Hintergrund und die des Rahmens als Teil der Kunst, auf derselben Wand vertreten sein können. Für manche Werke darf es eben nur eine leere Bühne sein, andere schreien nach einem individuellem Bühnenbild im Sinne des Autors.
Diese Idee hatten sogar schon die Impressionisten der 1870er-Jahre, die ihre Bilder in Abgrenzung zu den Rahmenvorschriften des Pariser Salons (an schwungvoller Üppigkeit überbordendes Gold) lieber in hellen, gradlinigen Rahmen präsentierten. Da dieser freche Minimalismus nicht der rechte Rahmen für gute Verkäufe bildete, rahmten die einschlägigen Impressionistenhändler die Bilder kurzerhand wieder um: üppig, schwungvoll, überbordend, Gold. Überraschenderweise tendieren Museen heute noch immer dazu, die Bilder in dieser Trump-Manier auszustellen.
Wenig später gingen die Impressionisten für damalige Verhältnisse so unerhört weit, dass sie nach dem damaligen Kunstkritiker-Star Georges Lecomte „für einen Sonnenuntergang, bei dem der rote Farbton dominiert, einen grünen Rahmen; für eine violette Leinwand ein mattes Gelb; für eine grüne Frühlingslandschaft einen rosafarbenen Rahmen“ wählten. Es wird angenommen, dass sie sogar die Räume nach diesem Farbschema gestaltet haben. Auch mutig.
Die Künstlerrahmen von damals haben die Zeit leider nicht überstanden. Heute würden die Impressionisten dafür vielleicht ebenso gefeiert wie für ihre Bilder.
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Stella von Senger ist Creative Director, Sebastian Hoffmann Galerist bei Ebensperger, Cecil von Renner ist Schauspieler. Gemeinsam betreiben sie den Stil- und Einrichtungsservice TADAN.