Kunst und Recht

Künstliche Konkurrenz

KI-Programme wie DALL-E 2 oder Midjourney können mittlerweile Kunstwerke generieren. Die Ergebnisse sind spannend, doch wie steht es um das Urheberrecht?

Von Eva Dzepina
13.02.2023

Kunst, die mittels artifizieller oder künstlicher Intelligenz (AI oder KI) hergestellt wird, ist schon seit längerer Zeit ein Streitthema in der Kunstbranche – und juristisch eine herrliche Herausforderung. Denn diese Art des Schaffensprozesses ist einerseits spannend, andererseits aber auch höchst fragwürdig. Die Entwicklungen auf dem Software-Markt erlauben es mittlerweile nämlich selbst Laien, extrem anspruchsvoll wirkende digitale Werke innerhalb von Sekunden herzustellen. Beispiele für solche AI-Art-Generatoren sind Midjourney, Jasper Art, Starry AI, Nightcafe, DALL-E und Dream by Wombo. Sie können über den Internetbrowser oder per App genutzt werden.

AI-Art-Generatoren funktionieren im Wesentlichen wie folgt: Der Nutzer gibt zunächst die Beschreibung desjenigen Bildes, das er gerne herstellen würde, per Text ein („text prompt“). Wie detailliert diese Beschreibung sein kann, ist abhängig von der jeweiligen Software. Der Nutzer kann aber auch ein bereits bestehendes Bild als Ausgangspunkt benennen („image prompt“). Der Generator greift dann mittels eines bestimmten Algorithmus auf eine große Datenbank von Bildern und deren Beschreibungen zu. In Abgleich mit den Informationen des Nutzers generiert die Software dann ein Bild. Bei einem qualitätvollen AI-Art-Generator können auf dieser Basis beeindruckende Werke entstehen, die der von Menschen hergestellten Kunst klar Konkurrenz machen. Aber es gibt mehrere Problempunkte.

Andy Warhol Pferd Open Al DALL-E 2
DALL·E 2 ist in der Lage, aus einer Textbeschreibung originelle, realistische Bilder und Grafiken erstellen. Das Werk hier entstand durch die Schlagworte „ein Astronaut“, „auf einem Pferd reitend“ und „im Stil Andy Warhols“. © Open AI

Die meisten verfügbaren digitalen Bilder sind urheberrechtlich geschützt. Die Nutzung solcher Werke zur Schöpfung neuer Bilder ist generell nicht ohne ausdrückliche Einwilligung der jeweiligen Urheber oder Rechteinhaber erlaubt. Wenn also beispielsweise ein AI-Art-Generator einfach das Internet oder bestimmte Foto- oder Bilddatenbanken nach Vorlagen durchsucht, die dann verändert oder kombiniert werden, kann es ganz schnell zu Urheberrechtsverletzungen kommen.

Auch passiert es oft, dass Nutzer von AI-Art-Generatoren den Namen bestimmter Künstler im „text prompt“ nennen. Der Generator wird dann nicht nur konkret nach Werken des genannten Künstlers suchen, um diese für das „neue“ Bild zu benutzen. Er wird darüber hinaus ein Bild im Stil des Künstlers erstellen – bis hin zur absoluten Verwechselbarkeit. Grzegorz Rutkowski, ein berühmter Videogame-Illustrator (u. a. Dungeon & Dragons) berichtete, dass sein Name rund 93.000 Mal über den AI-Art-Generator Stable Diffusions im „text prompt“ benutzt wurde. Dies führte dazu, dass er Probleme hatte, seine eigenen Werke in den Suchmaschinen zu finden, da das Netz mittlerweile mit AI-generierten Bildern, die seinen Stil kopieren und noch dazu mit seinem Namen bezeichnet sind, überflutet ist. Dies alles ohne Einwilligung des Künstlers.

DALL·E 2 Klimt Kuss
Eine Variation von Gustav Klimts „Der Kuss“ (1907-1908), geschaffen von der künstlichen Intelligenz Intelligenz DALL·E 2. © Open AI

Im Januar 2023 legten die Künstlerinnen Sarah Andersen, Kelly McKernan und Karla Ortiz gegen die Inhaber der AI-Art-Generatoren Midjourney, DreamUp und Stable Diffusions in Kalifornien Klage wegen der unberechtigten Nutzung ihrer Werke ein. AI-generierte Werke, die ihren Stil kopierten, würden mittlerweile überall im Internet verkauft werden, sodass ihnen potenzielle Aufträge entgingen. Zur selben Zeit verklagte der Fotolizenzhändler Getty Images den Eigner von Stable Diffusions wegen Urheberrechtsverletzungen. Getty Images machte deutlich, dass grundsätzlich sogar die Möglichkeit bestanden hätte, Lizenzen für AI-Art-Generatoren zu erwerben, dies aber im konkreten Fall einfach ignoriert wurde.

Den ersten Preis für digitale Kunst bei der Colorado State Fair’s fine art competition gewann jüngst ein Bild, das der AI-Art-Generator Midjourney auf die Beschreibung von Jason M. Allen hin innerhalb von Sekunden generiert hatte. Was folgte, war ein riesiger Shitstorm in den sozialen Medien – eine solche Auszeichnung bedeute den Tod der Kunst. Viele verteidigten Allen aber auch: Ohne sein „prompt“ wäre das Bild ja nie so entstanden.

DALL·E 2 Vermeer Mädchen mit dem Perlenohrring
Das Original ist derzeit in Amsterdam zu sehen: Variation des „Mädchen mit dem Perlenohrring“ von Vermeer, erstellt von DALL·E 2. © OpenAI

Gesetzt den Fall, ein AI-Art-Generator würde eine Datenbank nutzen, die ausschließlich aus autorisierten Werken bestünde, würden die Dinge aus juristischer Sicht grundsätzlich anders liegen. Trotzdem würde sich auch dann noch immer die Frage nach Urhebernennungsrechten stellen. Im Grunde müsste das AI-generierte Werk nämlich alle Künstler aufführen, deren Werke Grundlage zur Erstellung waren – zumindest, wenn es um mehr als nur Inspirationen geht. Aber wer bestimmt, ab wann eine solche Nennung nötig wäre? Und vielleicht möchten es manche Künstler ja auch einfach nicht, dass ihre Werke für „prompts“ genutzt werden, die nicht ihren religiösen, politischen oder moralischen Überzeugungen entsprechen. Hier wird es also sicherlich noch viele Konflikte geben. Und es bleibt nur zu hoffen, dass Regelungen gefunden werden, um die Rechte von Künstlern, deren Werke Grundlage von AI-generierter Kunst geworden sind, besser zu schützen. Denn wenn man irgendwann nur noch „Schwarze schlafende Katze auf einem roten Kissen im Stil van Goghs“ schreiben muss, um ein Kunstwerk herzustellen, das sich gut verkaufen lässt, sieht es für echte Künstler düster aus.

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