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Die Wirren der Benin-Rückgabe

Immer wieder gelangen Museumsstücke aus Lagos nachweislich auf den Schwarzmarkt, und vor einigen Jahren beklagte selbst ein führender nigerianischer Beamter öffentlich die Plünderung staatlicher Museen. Was tun? Ein Kommentar

Von Sebastian Preuss
15.03.2023

Als Deutschland im letzten Sommer mehr als 1100 Benin-Kunstwerke an Nigeria restituierte, wurde das allgemein als ein großer Schritt in die richtige Richtung begrüßt. Auch von uns in der Weltkunst-Redaktion. Die deutschen Museen besitzen jetzt kaum noch Benin-Stücke, dürfen aber eine Auswahl als Leihgabe zeigen. Nun trübt sich allerdings die Freude um die Aufarbeitung des kolonialen Erbes, denn die Ethnologin Brigitta Hauser-Schäublin hat in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auf die Situation in den Museen Nigerias hingewiesen. Mithilfe der neuen Webseite „Digital Benin“, die weltweit alle öffentlichen Sammlungen Stück für Stück aufführt, ist das sehr gut möglich. Dabei zeigte sich, dass im Nationalmuseum Lagos von den Benin-Schätzen, die noch in den Achtzigerjahren in Katalogen aufgeführt und von den Kennern gerühmt wurden, erschreckend wenig in der Datenbank auftaucht. Wurden die Stück gestohlen oder gar von korrupten Mitarbeitern verkauft? Immer wieder gelangten Museumsstücke aus Lagos nachweislich auf den Schwarzmarkt, und vor einigen Jahren beklagte selbst ein führender nigerianischer Beamter öffentlich die Plünderung staatlicher Museen. Was tun? Wegschauen und sich darauf berufen, dass wir als Nachfahren der kolonialen Übeltäter unser Mitspracherecht verwirkt haben? Oder ist es doch legitim, wissen zu wollen, was mit diesem kostbaren Kulturerbe künftig geschieht? Wie immer steckt der Teufel im Detail. Aber um vermeintlich irrelevante Nebenaspekte hat man sich in Deutschland nicht gekümmert, als es um eine möglichst schnelle und spektakuläre postkoloniale Geste ging. Bei der Documenta im letzten Jahr ging so etwas schon einmal furchtbar schief.

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