Die kanadische Polizei hat einen massiven Fall von Kunstbetrug aufgedeckt: Es geht um Tausende mutmaßlich gefälschte Werke des Malers Norval Morrisseau und eine Beute von vielen Millionen Dollar
ShareAls die kanadische Nationalgalerie in Ottawa dem Maler Norval Morrisseau 2006 eine Retrospektive widmete, war dies ein Meilenstein für die Kunst der indigenen Bevölkerung des Landes. Zum ersten Mal wurde eine Künstler der First Nations so gewürdigt. Schon damals fehlte es nicht an Superlativen, um die farbenfrohe Malerei des 1932 im Gebiet der Großen Seen geborenen Künstlers zu beschreiben. Morrisseau, der sich auch Copper Thunderbird nannte, sei ein „Picasso des Nordens“. Mit seiner Kunst, die christliche Motive und solche aus der Mythologie der Anishinaabe verwob, begründete er die Woodlands-Schule und ebnete den Weg für zahlreiche junge First-Nations-Malerinnen und -Maler, die nach ihm kamen.
Doch nun erschüttert ein Skandal das Vermächtnis Morrisseaus, es sollen Tausende gefälschter Bilder im Umlauf sein. Die Polizei von Ontario hat acht mutmaßliche Betrüger festgenommen, darunter den Neffen Morrisseaus, die systematisch Fälschungen haben herstellen lassen. Diese sollen von jungen Kunstschaffenden und teilweise sogar von Minderjährigen unter Zwang erstellt worden sein. Ins Rollen gekommen ist die Fahndung der Polizei unter anderem durch den kanadischen Musiker Kevin Hearn, der schon 2019 in einem Dokumentarfilm den Verdacht aussprach, er habe unwissentlich ein gefälschtes Morrisseau-Gemälde erworben. Der Gesamtschaden des Skandals, den die kanadische Polizei als „einen der größten Fälle von Kunstbetrug aller Zeiten“ bezeichnet, soll sich auf mehr als 100 Millionen kanadische Dollar belaufen. In Zahlen nicht zu ermessen ist der Schaden am geistigen Eigentum des 2007 verstorbenen Malers Norval Morrisseau, dessen Nachlassverwalter nun fieberhaft damit beschäftigt sind, seine Werke als echt zu verifizieren und weitere Fälschungen aufzudecken.
Übrigens: Werke von Norval Morriseau sind in der McMichael Canadian Art Collection in Toronto, in der National Gallery of Canada in Ottawa und in vielen weiteren kanadischen Museen zu sehen.