Der Swimmingpool gehört zu den Lieblingssujets der zeitgenössischen Kunst – und ein cool gestalteter Pool kann selbst zum Designkunststück werden. Unsere Stilkolumne gibt Tipps für ein kunstvolles Heim. Folge 20: prächtige Bassins
ShareWir haben einen guten Freund in Italien, James. Er ist Amerikaner in Rom, Anthropologe, Professor in Oxford, Meisterkoch, Charadegewinner. Seine größte Leidenschaft aber ist es, Swimmingpools zu entwerfen. Seine Familie hat ein Waldgrundstück in der Toskana, auf dem es insgesamt vier Swimmingpools gibt und bei unserem nächsten Besuch wird es einen weiteren geben. Er kann nicht aufhören. Sein bester Pool sieht aus wie eine Saharalandschaft, nur ohne Wassermangel. Man kann darin in den flachen Stellen auf einem der „Sandhügel“ liegen, sich sonnen und ist gleichzeitig im kühlen Wasser.
James hat sich also auf die Gebrauchsgestaltung spezialisiert. Andernorts spielt vor allem die reine Gestalt des Swimmingpools die größte Rolle. Die über eine Million Mosaikfliesen im Pool der früheren Versace-Villa in Miami erhöhen weniger das Nutzvergnügen als dass sie vielmehr ein Schaubild aufstellen. William Randolph Hearst ließ sich von Julia Morgan den „prächtigsten Pool der Erde“ bauen. Dieser „Neptune Pool“ sieht eigentlich aus wie eine unter Wasser stehende Piazza, irgendwo zwischen Akropolis, Vatikan und Las Vegas. Hier wurden sogar tatsächlich antike Versatzstücke verwendet, ganz im Geiste des manischen Megasammlers Hearst: „Gemälde, Bilder, Statuen, die Steine vieler anderer Paläste – eine Sammlung von allem, die so groß ist, dass sie niemals katalogisiert oder geschätzt werden kann; genug für zehn Museen; die Beute der Welt.“
Zum Bild des besitztümlichen Wohlstands gehört ein Swimmingpool ebenso wie er inhaltlich eher moderate Filme sexy macht. Das größte Kunststück in seiner Kulturgeschichte ist bestimmt das (im wahren Leben schon längst getrennte) Paar Romy Schneider und Alain Delon in „Der Swimmingpool“. Bemerkenswerterweise erkennt man dank dieses Films von 1969, dass sich die Vorstellung eines schönen Schwimmbeckens im letzten halben Jahrhundert nahezu nicht verändert hat. Einen besten Überblick über die Poollandschaft dieser Jahre bietet Burt Lancaster zur selben Zeit in dem Film „Der Schwimmer“. Durch die Gärten Conneticuts schwimmt er darin seinem Abgrund entgegen, denn der eigene Pool am Ende der Reise in Badehose ist leer. Doch kein Wohlstand für Burt. Abspann. Deutlich wird aber durch beide Lifestyle-Filme, dass Pools eben möglichst neoklassisch gedacht werden, was eigentlich oft im Kitsch endet, oder unendlich modern (Infinity Pool). Echte Erfindungen wie die von Pool King James sind rar, eher hier mal eine interessante Farbe oder zum Wasserthema passende Applikationen an Beckenwänden und Böden, dort mal eine tolle Skulptur aus der Hornbachabteilung „Stilelemente“.
In der bildenden Kunst kommt der Pool natürlich ständig vor. David Hockney, logisch; Alex Katz, klar; Slim Aarons, geschenkt (ernsthaft, nehmen wir gerne als Geschenk!). Dass am Pool oder im Pool Kunst „auftaucht“, die über die Standarddeko hinausgeht, ist eher selten. Aber es gibt sie auch dort. Das österreichische Künstlerduo Hanakam & Schuller stellt beispielsweise herrliche aufblasbare Skulpturen her und auf den Kopf. Letztes Jahr veranstaltete der Art Basel Social Club neben der großen Messeschwester eine Hausausstellung in einer Stadtvilla mit Pool — und darin ließen die Performance Agency und Juliette Blightman Synchronschwimmerinnen auftreten. Und wer nicht nass, aber aber am Pool sein will, dem sei die Luftmatratzenedition von Sarah Illenberger ans Becken gelegt. Sie ist aus Leder. Was uns aber eigentlich wundert, ist, dass noch niemand den Ideenreichtum, der in letzter Zeit für Badezimmerwand- und Fliesengestaltungen herrscht, auf den Swimmingpool übertragen hat. Schwimmen zwischen Delfter Kacheln oder flachen Keramikreliefs. Wir wären sehr einverstanden.