Rudolf Zwirner prägte den deutschen Kunstmarkt maßgeblich. Am 28. Juli feiert der deutsche Kunsthändler und Galerist seinen 90. Geburtstag
ShareDie Moderne begegnete ihm 1955 auf der ersten Ausgabe der Documenta und veränderte sein Leben von Grund auf. Vier Jahre später ernannte ihn die Documenta 2 zum Generalsekretär der Großausstellung in Kassel. Davon und von vielem anderen erzählt Rudolf Zwirner in seiner Autobiografie „Ich wollte immer Gegenwart“. Wie er 1962 seine Galerie in Köln eröffnete. Wie er 1965 einen Besucher aus seiner Magritte-Soloausstellung schmiss, weil dieser ihm erklären wollte, warum Magritte kein Künstler sei. Oder von der Ausstellung Daniel Spoerris – die kürzeste seiner Karriere als Kunsthändler. („Sie dauerte exakt so lange, wie es braucht, um ein Ei hart zu kochen, nämlich sieben Minuten. Nach sieben Minuten rief ich: „Das Ei ist hart!“ Daraufhin hängten die Spediteure die Bilder wieder ab und verstauten sie im Wagen. In den sieben Minuten verkaufte ich vier Bilder.“)
Mit der Zeit stellte Rudolf Zwirner fest, dass man die Kunst zu den Leuten bringen müsse, wenn diese Hemmungen haben, in Galerien zu gehen. Deshalb gründete er 1967 zusammen mit Hein Stünke von der Galerie Der Spiegel den ersten Kölner Kunstmarkt, den Vorläufer der Art Cologne. Dieses Modell wird bis heute kopiert – es wurde zum Vorbild für Kunstmessen weltweit. In den 1960er-Jahren holte Rudolf Zwirner mit Andy Warhols Bildern die Pop-Art nach Köln. Er gründete die Europäischen Kunsthändlervereinigung und war Herausgeber einer Zeitschrift. Er kuratierte Ausstellungen, lehrte an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. Welch große Namen von Künstlerinnen und Künstlern seinen Weg begleiteten, zeigt jetzt auch eine Ausstellung im Berliner Palais Populaire. Sie bringt Werke von Georg Baselitz, Joseph Beuys, Louise Bourgeois, Serge Charchoune, Max Ernst, Dan Flavin, David Hockney, Martha Jungwirth und vielen weiteren zusammen, sie alle spielten eine Rolle in Rudolf Zwirners langem Leben und Wirken.
Im Schlusswort seiner Autobiografie heißt es: „Der Vorschlag, eine Autobiografie zu verfassen, ist oft an mich herangetragen worden, doch habe ich das nie gewollt – genauso wenig, wie ich mich je porträtieren lassen oder eine Sammlung anlegen wollte. Ich wollte immer Gegenwart.“
Übrigens: Weltkunst-Chefredakteurin Lisa Zeitz traf Rudolf Zwirner in seiner kunstvollen Berliner Wohnung zum Podcast-Gespräch. Der Kunsthändler sagte einst über sich, er sei 1000 Jahre alt. Wie er das gemeint hat und was die Kunst in seinem Leben damit zu tun hat, erzählt er im Weltkunst-Podcast.