Kunstwissen / Ein offenes Haus

Beim Betreten der temporären Kantine der Sophiensaele meint man kurz, man sei in den Kulissen des Theaters gelandet. In dem fensterlosen, von Säulen gestützten Raum, findet man Bühnenelemente zu einer einladenden Verweillandschaft arrangiert. Hier und da glänzen transparente Vorhänge, ein auf schwarzem Tuch gemalter riesiger Mond verleiht dem Raum eine nächtliche Atmosphäre. Gleich am Eingang leuchtet ein großer Kühlschrank mit fermentiertem Gemüse in großen Einmachgläsern in den schönsten Farben, was fast schon alchimistisch anmutet. Ein mit Gemüse beladener Tisch erinnert an die prallsten Stillleben der Kunstgeschichte. Zwei dampfende Töpfe, aus denen es zart duftet, komplettieren das Tableau.

Unter dem Motto „Trust the Process“ eröffnet die traditionsreiche Spielstätte der freien Szene unter der neuen künstlerischen Leitung von Jens Hillje und Andrea Niederbuchner die Spielzeit 2023/24. Als Isabel Lewis und Dirk Bell den Auftrag erhielten, zum Auftakt die Kantine zu gestalten, entschieden sie sich dafür, keine neuen Anschaffungen zu machen und arbeiteten mit Materialen, die sie vor Ort im Theater fanden. Sie inszenierten den Raum so, dass ihre mitgebrachten Kunstobjekte auf eine subtile Weise in den Hintergrund treten. Mit „Kantine“ setzen Lewis und Bell ihre gemeinsame künstlerische Auseinandersetzung mit Rauminszenierungen und Gastfreundschaft fort. Bis zum 17. Dezember täglich ab 15 Uhr servieren sie gemeinsam mit den Künstlern Yann Slattery und Juli Frodermann kostenlose Suppen und Butterbrote, während im Haus gleichzeitig Performances, Lesungen und andere Veranstaltungen stattfinden. Ein lebendiger Ort ist da entstanden, der für einen offenen Austausch steht, nichts fordernd und auch ein wenig geheimnisvoll. Besser hätte das Theater sein Publikum nicht willkommen heißen können.  

Übrigens: Am Freitag und am Samstag findet in den Sophiensaelen um 21 Uhr eine Performance der Künstlerin Leyla Yernice statt. 

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