Alberto Giacometti war einer der bedeutendsten Bildhauer des 20. Jahrhunderts. Seine Kreativität kam nicht von ungefähr. Ein Dokumentarfilm kommt dem Geheimnis jetzt auf die Spur
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21.12.2023
Ellenlange dünne Bronzefiguren sind ein unverkennbares Markenzeichen des Schweizer Bildhauers und Malers Alberto Giacometti (1901–1966). Er gilt als einer der bedeutendsten Bildhauer der Nachkriegszeit. Was seine künstlerische Seele zeitlebens nährte, zeigt die Schweizer Regisseurin Susanna Fanzun in dem Dokumentarfilm „Die Giacomettis“. Sie arbeitet darin die große Kreativität der ganzen Familie heraus, und die große Liebe, die Eltern und Geschwister ihr Leben lang zusammenband.
Der Film selbst ist ein Kunstwerk: Schwarz-Weiß-Aufnahmen verfremden Serpentinenstraßen in das karge Bergtal Bergell, in dem die Familie lebte, in ein Gemälde, aufwehender Schnee an einem Gebirgskamm gibt ihm mystische Schönheit. Auf Hauswänden lässt sie Fotos erscheinen, nachgestellte Szenen lassen das gesellige Familienleben, das auf vielen Gemälden zu sehen ist, lebendig werden. Fanzun hat viele Briefe, Dokumente und Weggefährten der Familie aufgespürt, und alle sagen: die Familie war ein Geschenk für alle, die sie kannten. Gütig der Vater, warmherzig die Mutter, ausgelassen die vier Kinder, die sich aus Schulen und Studienzimmern in der Ferne gegenseitig Briefe schrieben, wie sehr sie einander vermissten.
Der Film beleuchtet den Vater, einen Kunstmaler, der die Familie ständig malte und die künstlerische Ader seiner Kinder förderte. Albert, der älteste, der sich von klein auf als Künstler fühlte, fand Inspiration in langen Reisen, ehe er sein Atelier im Künstlerviertel Montparnasse in Paris einrichtete.
Er teilte das Atelier bis zu seinem Tod mit Diego, seinem Bruder, der danach aus seinem Schatten trat und als künstlerischer Möbelbauer bekannt wurde. Der jüngste Bruder, Bruno, baute als Architekt unter anderem anderem den Schweizer Pavillon bei der Biennale in Venedig. Ihre Schwester Ottilia, die in vielen Werken von Vater und Bruder zu sehen ist, starb Stunden nach der Geburt ihres Sohnes Silvio mit 33 Jahren. Keiner der Brüder hatte Kinder.
Die Liebe zur Heimat, Stampa im Bergell in Graubünden nahe der italienischen Grenze, verloren die Kinder ihr ganzes Leben nicht. Die Eltern sowie Alberto und Diego sind im nahen Friedhof von Borgonovo begraben. (dpa)