Julia Höner ist seit einem Jahr Direktorin am Kunstmuseum Gelsenkirchen und hat dort schon viel bewirkt. In unserem Fragebogen erzählt sie, welche Kunst ihr besonders gut gefällt und was sie gerade umtreibt
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15.12.2023
Da gibt es zahlreiche aus vielen Jahrhunderten. Mit Blick auf unsere Sammlung im Kunstmuseum Gelsenkirchen ist die Zürcher Konkrete Verena Loewensberg, die wir aktuell in einer Gruppenausstellung zeigen, eine meiner Favorit:innen.
Ich hätte gerne die Künstlerin Lygia Clark getroffen, die in den 1950er-Jahren zu den Mitbegründer:innen des Neoconcretismo in Brasilien gehörte. Ihre Werke und die vieler anderer Künstler:innen aus Südamerika wirkten wie eine Frischzellenkur für die Konkrete Kunst europäischer Prägung. Unter anderem lädt sie das Publikum ein, ihre geometrischen Strukturen spielerisch zu manipulieren. Zeitgeschichtliches würde ich ebenso gerne mit der Künstlerin diskutieren, weil sie in der kurzen Zeitspanne der 1950er- zu den 1970er-Jahren den Aufbruch des modernen Brasiliens ebenso wie die Repressionen der Militärdiktatur miterlebte.
Ich habe mich jüngst für eine Ausstellung im Kunstmuseum Gelsenkirchen mit Imran Mir und Kunst aus Pakistan beschäftigt und möchte unbedingt mehr über deren Geschichte und Gegenwart erfahren. Ich würde gern Rasheed Araeen treffen, der in Karatschi geboren wurde, seit den 1960er-Jahren in London lebt und für seine geometrischen Skulpturen bekannt ist. Ich verstehe ihn, auch durch seine Gründung des einflussreichen Magazins „Third Text“, das postkoloniale Fragen adressiert, als einen Künstler, der den Dialog zwischen unterschiedlichen Kulturräumen aktiv gestaltet. Gerade heute ist das so wichtig.
„Kochen, Putzen, Sorgen“ im Josef Albers Museum in Bottrop: unglaublich gut recherchiert mit vielen, mir bisher weniger bekannten Positionen, ein hochaktuelles Thema und noch dazu eine spannende Kooperation zwischen universitärer Forschung und Museumsbetrieb.
Für die Sammlung des Kunstmuseums Gelsenkirchen konnte ich gerade zwei Druckgrafiken von Verena Loewensberg erwerben.
Anna Godzina. Sie ist in Moldau geboren und hat in Antwerpen an der Royal Academy of Fine Arts studiert. Von pendelnden Glühbirnen über veränderliche Magnetfeld-Bilder bis zu raschelnden Ästen handeln ihre Arbeiten von Bewegung, Zeit, Klang und Vergänglichkeit.
Hochspannend finde ich die Live-Simulationen von Ian Cheng. Ein vom Künstler programmierter Algorithmus schafft das Kunstwerk: In seinen Arbeiten verschmilzt neueste Technologie mit grundlegenden Fragen menschlicher Gemeinschaft.