Oscars 2024

Ein bisschen Hüllerwood in Hollywood

Favorit „Oppenheimer“ holt bei der Oscar-Verleihung die meisten Preise, Emma Stone schnappt Sandra Hüller den Preis als beste Hauptdarstellerin weg. Für Gesprächsstoff sorgen ein Hund, ein Nackter und die Weltpolitik

Von WELTKUNST News
11.03.2024

Die Oscars sind wohl die einzige Veranstaltung der Welt, bei der in einem Moment an Kriege erinnert wird, im nächsten Augenblick ein nackter Wrestler den Preis fürs beste Kostümdesign präsentiert und ein Border Collie mit Fliege im Publikum sitzt. Die wichtigste Filmpreisverleihung der Welt ging mit einigen erinnerungswürdigen Momenten über die Bühne, jedoch ohne den erhofften Triumph deutscher Filmschaffender.

Sandra Hüller, die zur Gala in Los Angeles im schwarzen Kleid mit großem Revers und elegantem Pferdeschwanz erschien, avancierte in den vergangenen Wochen in Hollywood zum gefragten Star. Im Saal wurde sie – vor einem Millionenpublikum an den Bildschirmen weltweit – besonders laut bejubelt. Sie wirkte dabei in der Nacht zum Montag fast wie eine Siegerin. Ein bisschen Hüllerwood in Hollywood.

Drei Preise für Hüller-Filme

Die beiden nominierten Filme mit der 45-Jährigen holten auch Preise: Das Justizdrama „Anatomie eines Falls“ wurde fürs beste Drehbuch ausgezeichnet. Im Film spielt der Hund Messi eine wichtige Rolle. Er saß mit Fliege zurechtgemacht im Publikum. 

Der beklemmende Auschwitz-Film „The Zone of Interest“ mit Hüller und Christian Friedel in den Hauptrollen erhielt die Auszeichnungen für den besten Sound und als bester internationaler Film. Der deutsche Filmemacher Wim Wenders, der diesmal für Japan im Rennen war, verpasste auch bei seiner vierten Nominierung den Preis. Auch der deutsche Beitrag „Das Lehrerzimmer“ von Ilker Çatak musste sich dem britischen „The Zone of Interest“ von Jonathan Glazer geschlagen geben, der jedoch deutschsprachig ist, weil er den Alltag einer Nazi-Familie Mauer an Mauer mit dem KZ zeigt.

Mit sieben Preisen hieß der große Gewinner des Abends: „Oppenheimer“. Der biografische Historienfilm gewann die zwei wichtigsten Oscars – für den besten Film und die beste Regie von Christopher Nolan.

Nackt bis auf die Schlappen: John Cena 

Den Hingucker-Auftritt des Abends lieferte Schauspieler und Wrestler John Cena. Um den Preis für das beste Kostümdesign zu vergeben, kam er nackt auf die Bühne. „Kostüme sind sehr wichtig“, sagte der 46-Jährige trocken, als er sich den großen Umschlag vor den Schritt hielt und ansonsten nur Birkenstocks trug. Moderator Jimmy Kimmel warf ihm später einen Umhang über.

Mit zahlreichen Scherzen etwa über die pinke Glitzerhose von Ryan Gosling führte Kimmel durch die kurzweilige Gala. Er reagierte auch auf Online-Beschimpfungen von Donald Trump. „Blablabla – make America great again – Sehen wir mal, ob Sie erraten können, welcher frühere Präsident das eben bei Truth Social gepostet hat?“

Politik war immer wieder Thema. Regisseur Glazer ging in seiner Dankesrede auf die Lage in Gaza ein. Auch andere nahmen zum Gaza-Krieg Stellung. Auf dem roten Teppich trugen einige Leute – darunter Sängerin Billie Eilish, die für ihren Song aus dem „Barbie“-Film ihren zweiten Oscar gewann – Anstecker mit einem Symbol, das für Waffenstillstand steht. Das Werk „20 Tage in Mariupol“, das den Oscar als bester Dokumentarfilm gewann, erinnerte an den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. 

Ryan Gosling und ein zerrissenes Kleid von Emma Stone

Gefeiert wurde Ryan Goslings Performance des „Barbie“-Songs „I’m Just Ken“. Begleitet wurde er bei der Powerrock-Ballade nicht nur von Dutzenden tanzenden Männern mit Cowboyhüten, sondern auch von Guns N’ Roses-Gitarrist Slash. Das Publikum feierte den Auftritt energisch. Emma Stone vermutete später mit heiserer Stimme, ihr sei dabei das Kleid geplatzt. Die 35-Jährige nahm für ihre Rolle in „Poor Things“ ihren zweiten Oscar entgegen. „Schauen Sie nicht auf die Rückseite meines Kleides“, sagte sie in ihrer Dankesrede.

Cillian Murphy widmet seinen Oscar „Friedensstiftern“

Dass Cillian Murphy für seine Rolle als Physiker Oppenheimer den Preis als bester Hauptdarsteller gewann, war erwartet worden. In seiner Dankesrede sagte er: „Wir haben einen Film über den Mann gedreht, der die Atombombe erfunden hat, und wir alle leben wohl oder übel in Oppenheimers Welt. Deshalb möchte ich diesen Film den Friedensstiftern auf der ganzen Welt widmen.“

Mit „Oppenheimer“ zeichnet die Filmakademie ein aufwendig inszeniertes Werk aus, das menschlichen Größenwahn kritisiert. Nolan gewinnt als ein Regisseur, der es schafft, Blockbuster und anspruchsvolle Stoffe zusammenzuführen. Seine vielen Preise sind wohl auch als Dank dafür zu verstehen, dass es dem 53-Jährigen gelang, gemeinsam mit Greta Gerwig und „Barbie“ die vom Hollywood-Streik ermüdete Kino-Landschaft wiederzubeleben. Und das mit einem dreistündigen, komplex verschachtelten Film über Quantenphysik. (Gregor Tholl, Barbara Munker, Lisa Forster und Julia Kilian, dpa)

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