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11 Fragen an Nico Anklam

Nico Anklam leitet die städtischen Museen in Recklinghausen. In unserem Fragebogen schwärmt er von seiner Begegnung mit der Künstlerin Marianne Berenhaut und verrät uns, welche Newcomerin wir im Blick behalten sollten

Von WELTKUNST REDAKTION
03.07.2024

Wer ist Ihre Lieblingskünstlerin oder Ihr Lieblingskünstler?

Ich habe leider nie „Lieblings-…“ von etwas, aber eine der inspirierendsten Begegnungen der letzten Zeit war die Zusammenarbeit mit der 90-jährigen Marianne Berenhaut aus Brüssel. Dieses Aufeinandertreffen wird immer wichtig bleiben.

Welches ist Ihr Lieblingswerk?

Es gibt eine ganze Reihe radikaler Frühwerke von Kendell Geers aus den 1980er- und 1990er-Jahren, die ich bis heute sehr schätze. Dann ist da eine kleine Leinwand von P. C. Skovgaard um 1850, in der er wie in einem Hitchcock’schen Vertigo den Blick von einer dänischen Klippe nach unten richtet: für das damalige Publikum wohl hauptsächlich skurril, aus heutiger Sicht so waghalsig! Und Sven-Åke Johanssons „MM schäumend – Ouvertüre für Handfeuerlöscher“ ist, und zwar gerade durch sein Dirigieren, so klug, so witzig und so konsequent. Ich muss jetzt gerade schmunzeln, wenn ich an die Aufführung in Berlin denke.

Welcher Künstlerin oder welchem Künstler der Vergangenheit wären Sie gern mal begegnet?

So vielen! Aber wäre es nicht etwas Wunderbares, ein Mal mit Ovid über das Mittelmeer zu segeln?

Welche Künstlerin oder welchen Künstler der Gegenwart würden Sie gerne treffen?

David Hammons! Ich glaube, dass wir direkt gute Freunde werden könnten.

Welche aktuelle Ausstellung können Sie empfehlen?

In der Neuen Galerie Gladbeck lief gerade eine ganz elegante Schau, kuratiert von Luisa Schlotterbeck, mit dem zeitgeistigen, aber passenden Titel „stranger things“. Die war super. In Düsseldorf zeigt die Galerie COSAR bis 5. Juli Paul Kuimet, den schätze ich auch sehr. Und dann von dort den Zug nach Köln nehmen, Roni Horn im Museum Ludwig und direkt weiter fahren bis nach Basel, dort Mika Rottenberg im Museum Tinguely.

Sammeln Sie? Wenn ja, was?

Ich sammle selbst keine Kunst, lieber hole ich die direkt ins Museum. Aber ich schleppe von jeher einige mir wichtige Objekte mit von Ort zu Ort. Das beginnt bei den geerbten Antiquitäten und endet bei den skandinavischen Möbeln, die ich aus meiner Zeit als Kurator in Dänemark mitbringen konnte. Und einige kleine Stücke von estnischen Designer*innen, deren Arbeiten so interessant irgendwo zwischen Nordeuropa und postsowjetischem Raum liegen.

Haben Sie eine Lieblingsgalerie?

Seitdem ich in Nordrhein-Westfalen wohne, finde ich die Stimmung, die Qualität und das Engagement der Galerien rund um die Birkenstraße in Düsseldorf ganz fantastisch: so unaufgeregt und kollegial, gute Kunst und immer Zeit für einen Kaffee mit mir. In Europa vielleicht einzigartig in ihrer Energie und Programm: Cristina Guerra in Lissabon. Gelernt habe ich ja einmal von René Block, der ist zwar immer mehr Kurator als Galerist, aber seine erste Galerie in Berlin und dann in New York, das war vielleicht das Beste, was je auf dem Kunstmarkt zu sehen war.

Was war das erste Kunstwerk, das Sie sich gekauft haben?

Ich habe tatsächlich noch nie privat Kunst für Geld gekauft. Ein paar kleinere „Werk gegen Text“-Tauschs gab es aber schon während des Studiums. Aktuell bin ich stolz, dass wir mit Ângela Ferreira das erste Werk, und zwar ein ganz substantielles einer Künstlerin vom afrikanischen Kontinent, für die Sammlung der Kunsthalle Recklinghausen durch eine großzügige Unterstützerin haben ankaufen können. Da haben wir noch viel Nachholbedarf.

Welches Kunstwerk haben Sie sich zuletzt gekauft?

Gerade konnten wir eine ganz fantastische Arbeit von Barbara Kasten von 1984 kaufen, was unsere Sammlung wunderbar ergänzt. Und wie aktuell diese Arbeit ist! In vielen der jüngeren Positionen wie Alwin Lay, Berit Schneidereit oder Morgaine Schäfer klingt Kasten nach, finde ich.

Welche junge Künstlerin oder welcher junge Künstler ist Ihnen zuletzt aufgefallen?

Paola Siri Renard ist ab Juli im belgischen WIELS in residence, und wir zeigen sie in unserem Format „Im Kabinett“ für junge Künstler*innen, die noch nicht lange aus den Akademien heraus sind. Sie wird sicher noch weit gehen, also: ein Auge auf ihre Werke werfen!

Schon mal ein gutes KI-Kunstwerk gesehen?

Wenn wir dem klassischen Genius-Gedanken glauben, dann waren doch schon seit Jahrtausenden andere Kräfte bei der Formfindung der Kunst dabei, da ist die KI nur eine weitere neue Zutat. Also: ja!

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