Bild des Tages

Höhlengleichnis

Das Buch „The House of Green“ präsentiert beeindruckende Inneneinrichtungen, in denen die Natur mit einbezogen wurde. Darunter auch die „Casa Orgánica“ des mexikanischen Architekten Javier Senosiain

Von Stella von Senger, Sebastian Hoffmann und Cecil von Renner
05.09.2024
/ Erschienen in Weltkunst Nr. 231

Die Einbettung des häuslichen Lebens in die Umgebung, als wäre diese ein schützender mütterlicher Körper, der in den Hohlräumen der Umarmung die Zimmer entstehen lässt: Das scheint die Idee von Javier Senosiains organischer Architektur zu sein. So ist beim Eintritt in die „Casa Orgánica“ nicht mehr zu unterscheiden, ob die äußere Hülle dieser Höhle die innere Form bestimmt oder umgekehrt. Diese atmosphärische Nahtlosigkeit hat der mexikanische Architekt auch auf die Innenausstattung übertragen. Der Teppichboden wirkt wie Sand, die Wände sind wie weicher Lehm, das Licht erinnert an Wind, die Scheiben an Wasser, die Regale an Kiemen (die Bauarbeiter nannten das Haus „der Hai“). „Mit in die Architektur integrierten Möbeln hat man maximalen Kontakt mit dem Boden, so wie es die Campesinos auf dem Land tun. Es ist ein sehr körperliches Gefühl von Freiheit und Spontaneität“, erklärt Senosiain in dem schönen neuen Bildband „House of Green“. Hier und da wird die Kontinuität in Naturfarben durch andere Materialien unterbrochen, als wären die Gegenstände Minerale in einer Grotte oder Korallen in einer Bucht. 1984 entwarf Javier Senosiain das Haus für seine Familie. „Während der Bauzeit mutete es wie eine Skateboard-Rampe an“, erinnert er sich. Seitdem wurde es immer wieder erweitert. Die ideale Raumtemperatur zwischen 18 und 22 Grad hat sich gehalten, der Kokon wurde nur größer.

Übrigens: Der Bildband „The House of Green“ ist 2024 bei gestalten erschienen und kostet 45 Euro.

Zur Startseite