Ob zu Hause auf der Couch oder als Präsent unter dem Weihnachtsbaum – Bücher gehören zur kalten Jahreszeit. Wir haben die passende Lektüre für die Wintermonate: von Alec Soths Fotografien bis zur Naturforscherin Maria Sibylla Merian
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15.11.2024
Das kulturelle Erbe und die durch die Industrie geprägte Identität des Ruhrgebiets zu bewahren und vermitteln, ist das Ziel der Kulturinstitution Urbane Künste Ruhr. Seit 2012 werden Kunstprojekte, Großausstellungen und Festivals realisiert, die stets die bewegte Geschichte der Region miteinbeziehen. Nun wurden die neun Printausgaben des Urbane Künste Ruhr Magazins, die die facettenreichen Projekte der Institution dokumentieren, in einem großen Katalog vereint. Die Publikation, die sich selbst „zwischen einer verklärten Vergangenheit und einer noch nicht eingelösten Zukunft“ verortet, untersucht anhand von wissenschaftlichen, essayistischen und popkulturellen Beiträgen das Verhältnis zwischen Kunst und Öffentlichkeit.
Herausgegeben von Bom Dia Books, 2024, 670 Seiten, 42 Euro
Zwanzig Jahre nach der Publikation seines ersten Buchs hat der Fotokünstler Alec Soth jetzt „Advice for Young Artists“ herausgebracht. Darin vereint er Aufnahmen, die er in den vergangenen drei Jahren in 25 verschiedenen Klassen von Kunststudierenden an Akademien in den USA gemacht hat. Der Titel führt etwas in die Irre, denn eigentlich hat er keine Ratschläge für die jungen Leute. Er stellt Menschen, Situationen des Ausprobierens, Modellsitzungen, Klassenräume, Gipsabgüsse, neugierige Gesichter in Hörsälen und Stillleben dar, manchmal nur kryptische Notizen auf gelben Klebezetteln, manchmal taucht auch er selbst in den Räumen auf. So schwingt in diesen kreativen Anfängen auf wunderbar poetische Weise ein bisschen von seiner eigenen Ratlosigkeit darüber mit, dass er selbst nun kein junger Künstler mehr ist.
Herausgegeben von MACK Books, 2024, 72 Seiten, 50 Euro
Die Berliner Künstlerin und Illustratorin Sophie Artz, Jahrgang 1990, erzählt den abenteuerlichen Werdegang der Naturforscherin und Künstlerin Maria Sibylla Merian (1647–1717). Zu einer Zeit, als die meisten Menschen Insekten als teuflisch und unrein betrachteten, entfachte Merian eine Leidenschaft für diese faszinierenden Wesen, die sie in atemberaubenden Zeichnungen und Drucken festhielt. Mit fünfzig Jahren verkaufte sie ihren Besitz und begab sich mit ihrer Tochter auf eine abenteuerliche Reise nach Surinam, um die dortige Flora und Fauna zu erforschen. Die Biografie behandelt außerdem ihre Anfänge in Frankfurt, ihre Faszination für Raupen und Schmetterlinge auch gegen den Widerstand ihrer Familie sowie ihre bahnbrechenden Forschungen zu den Metamorphosen verschiedenster Falter und anderer Insekten. Wenn Sie das Cover dieses schönen Buchs mit der Lupe anschauen, werden Sie sehen, dass Schmetterlinge lächeln können.
Erschienen bei Hatje Cantz Verlag, 2024, 24 Euro
Anlässlich von Rebecca Ackroyds jüngsten Ausstellungen „Mirror Stage“ auf der Venedig Biennale 2024 und „Period Drama“ in der Kestner Gesellschaft 2023/24 entstand erstmalig eine Werkübersicht der Künstlerin. „Mirror Stage“ verwendet das Motiv des Spiegels als reflektierendes Werkzeug, durch das wir uns in die uns umgebende Welt einfügen, sowie als Symbol für die Trennung zwischen bewussten und unbewussten Zuständen. Die Ausstellung „Period Drama“ untersucht die Wahrnehmung der fragilen Realität und schafft ein fragmentiertes Nachbild einer Welt am Abgrund zwischen Romantik und Horror. Neben Ausstellungsfotografien versammelt das Buch Essays von Attilia Fattori Franchini und Alexander Wilmschen sowie ein Interview mit der Künstlerin.
Herausgegeben von DISTANZ Verlag, 2024, 160 Seiten, 44 Euro
In ihrem neuen Buch lädt uns Lisa Krusche ein auf eine Reise in ihr Innerstes. Zwischen abgetippten Tagebuchseiten ihres Teenager-Ichs schreibt sie über ihre Erfahrungen des Frau-Sein in einer patriarchalen Welt voller vermeintlicher Schönheitsideale, kapitalistischer Heilversprechen und misogyner Rollenbilder. Dabei folgt sie den Spuren der Riesinnen und Riesen, die sie seit Jahren in Büchern und Erzählungen begleiten. Die Seiten dazwischen zeigen Gesteinsfotografien der Fotografin Jenny Schäfer, deren Materialität und Farbgebung die Stimmung des Textes atmosphärisch mittransportieren.
Herausgegeben von Institut für moderne Kunst/starfruit publications, Nürnberg 2024, 128 Seiten, 24 Euro
Die beiden Kunstschaffenden, Musiker und KI-Pioniere Holly Herndon und Mat Dryhurst zeigen in diesem Buch ihre künstlerische Praxis, ihre Reflexionen und Schlüsselreferenzen aus dem vergangenen Jahrzent. Darin behandeln sie die Herangehensweise an ihre kreative Arbeit mit Technologien und die sich rasant verändernden Medien, insbesondere die Entwicklung von KI. Das Kunstwerk „The Call“, das mit Aufnahmedaten von 15 verschiedenen Chören gefüttert wurde und nun zur Erzeugung von Chormusik mithilfe von Künstlicher Intelligenz verwendet werden kann, ist ein aktuelles Beispiel ihres technologisch wie künstlerisch innovativen Werks und derzeit in London in der Serpentine Gallery zu erleben. Insgesamt plädieren ihre Kunstwerke und die Essays des Buches für einen kreativen Umgang mit den Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz.
Herausgegeben von Eva Jäger und Caroline Buster, 2024, 168 Seiten, 28 Euro (engl.)