Bild des Tages

Grün vor Ärger

Am Mittwoch findet sich die Berliner Kulturszene zusammen und demonstriert gegen die geplanten Kürzungen von 10 Prozent im Kulturetat 2025

Von Jennifer Keil
13.11.2024

Berlin ist sauer! Und das zeigen am späten Mittwochmorgen vor dem Brandenburger Tor unter dem Motto #BerlinistKultur rund 3000 Menschen (laut Veranstalter) mit Nachdruck. Reagiert wird auf die geplanten Kürzungen von 10 Prozent im Berliner Kulturetat von 2025. Entsprechend motiviert finden sich, trotz frischer Temperaturen, gefühlt alle Kulturhäuser der Hauptstadt zusammen. Neben der mobilen Bibliothek des VÖBB schwingen die kleinen und großen Theater, Opern, Musikschulen, Kunsträume oder die Berliner Clubkomission ihre Flaggen und Plakate. Zum schnellen Frustabbau sorgte das „SK Freie Szene“ und öffnete die Türen ihres Vans, der ein buntes Bällebad enthielt. Auch Tauben demonstrieren mit: Mit starrdreinblickenden Vogelkopfmasken marschieren unbekannte Mitstreitende unter dem Slogan „Tauben sind Kultur“ durch die dicht gedrängte Menge und lassen selbst die älteren Fraktionen mit schmunzelnder Miene zum Handy zücken.

Als Überraschungsgast kam der Kultursenator Joe Chialo auf die Bühne, doch seine Rede war unter Buhrufen nur schwer zu verstehen und löste bei den Demonstrierenden eher Unmut als Zuversicht aus. In Sprechchören wie „Wer kürzt denkt zu kurz“ appellieren sie später an die Politik und strahlen trotz der Umstände und Berliner Tristesse Hoffnung und Gemeinschaft aus.

Nach gut zweieinhalb Stunden vielseitigen Programms mit Reden von Katharina Thalbach, die Ex-Bundespräsidenten Weizsäcker mit dem Appell „Kultur ist kein Luxus“ zitierte oder der etwas abgeänderten Hamlet-Performance Lars Eidingers mit grüner Vermummung, ganz im Sinne, wenn das Geld fehlt, ist auch er unsichtbar, kommt es langsam zum Schluss. Die Reihen lichten sich und die Letzten rücken zu „Sen Fin, rück‘ die Kohle raus“ (gemeint ist die Senatsverwaltung der Finanzen) noch ein letztes Mal kraftvoll zusammen. Organisiert haben den Chor die Berliner Musikschulen mit Blick auf die fehlenden Festanstellungsstellen.

Man spürt es an diesem Tag: Die Kultur lässt Berlin erst richtig leben und ermöglicht die vielfältigen Räume des sozialen Miteinanders, der Begegnung und des Dialogs. Bei ihnen zu sparen wäre fatal.

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