Auktion bei Lempertz

Made in Berlin

Die „Preußen Auktion“ des Auktionshauses Lempertz brilliert vor allem mit Porzellanen der friderizianischen Epoche

Von Thomas Kemper
20.04.2023

Am 22. April veranstaltet das Kölner Kunsthaus Lempertz in den Räumen seiner Berliner Repräsentanz die alljährliche „Preußen Auktion“. Die seit Jahren abgehaltenen Versteigerungen mit einschlägigen Artefakten von 1700 bis 1900 aus allen Bereichen des Kunstschaffens sind zu einer echten Konstante des Berliner Kunstfrühlings geworden. Das Haus konnte mit seinen qualitätvollen Offerten nicht nur die nationale, sondern auch die internationale Sammler- und Händlerschaft für sich gewinnen. Dementsprechend äußerte sich auch Lempertz-Chef Henrik Hanstein nach der letzten Auktion gegenüber dem Handelsblatt, eine eingeschworene Berliner Sammlerclique sei „während der gesamten Auktion im voll besetzten Saal, an Telefonen und per Internet im Einsatz gewesen.“

Der interessante und vorzüglich bearbeitete Katalog, der von Ingrid Gilgenmann und Karl Schoenefeld samt Team verantwortet wird, präsentiert diesmal 280 Nummern aus den Bereichen Malerei, Grafik, Plastik und Kunsthandwerk in all seinen Facetten. Den Schwerpunkt bildet erwartungsgemäß das Porzellan mit den Erzeugnissen der vor 260 Jahren durch Friedrich II. gegründeten Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin (KPM), für deren Produkte sich Lempertz über die Jahre eine Expertise erarbeitet hat. Zwar fehlen im diesjährigen Angebot die hochpreisigen Objekte, dafür gibt es zahlreiche marktfrische beziehungsweise nach längerer Abstinenz wieder dem Markt zugeführte Stücke.

Preußen Auktion Lempertz Berlin
Ein marktfrisches Vasenpaar mit Amoretten, das um 1800 in der Berliner KPM gefertigt wurde, soll mindestens 18.000 Euro bringen. © Lempertz, Berlin

Das Angebot an Porzellanen der friderizianischen Epoche ist heuer wahrlich herausragend. Im Zentrum der Offerte steht eine große ovale Terrine mit Unterschale aus dem 2. Potsdam’schen Service, das Friedrich II. bei „seiner“ KPM in Auftrag gab. Dieses seltene Tafelgerät von 1767 / 68 im XXL-Format, das auf moderate 8000 Euro taxiert ist, stammt aus einer westdeutschen Privatsammlung und wurde für diese bei der Münchner Kunsthändlerin Angela Gräfin Wallwitz erworben. Ein seltenes Paar friderizianischer Leuchter aus der Frühzeit der KPM, um 1765 entstanden, stammt wohl nicht – wie im Katalog vermutet – aus einem königlichen Toilette-, sondern aus einem Tafelservice (Taxe 5000 Euro). Vergleichbare Kerzenhalter besitzt das große Service, das Friedrich II. dem Fürsten Joseph Wenzel von Liechtenstein zum Geschenk machte (heute in den Sammlungen des regierenden Fürsten in Wien). Unter den angebotenen klassizistischen Tafelgeräten ist eine formschöne ovale Deckelterrine mit schlichtem Dekor und entsprechender Unterschale ein Eyecatcher. Sie stammt wohl aus einem Service, das um 1790 für die Grafen von Galen gefertigt wurde (Taxe 1500 Euro).

Tierfiguren aus den frühen Jahren der KPM sind auf dem Kunstmarkt rar. Ein Paar Wachteln von 1765 / 66 kommt mit 6000 Euro unter den Hammer. Die Modelle der Tiere, die mit langen Ähren unter den Krallen auf Felssockeln sitzen, schuf der Schweizer Bildhauer Giovanni Battista Pedrozzi, der in den 1760er-Jahren zahlreiche Vogelplastiken für die KPM modellierte. Georg Lenz, der große Historiograf der Manufaktur, charakterisierte die Wachteln, die 1985 für eine westfälische Sammlung bei Röbbig in München erworben wurden, wie folgt: „Etwas streif in der Haltung, zeichnen sie sich durch die geschickte Behandlung der Oberfläche aus, welche die Weichheit des Gefieders vortrefflich wiedergibt und durch die in der Frühzeit der Manufaktur üblichen stumpfen und weichen Farben an Reiz gewinnt.“ Der Manufakturgründer Friedrich II. erscheint in einem Profilbildnis en grisaille auf einer „großen Deckelvase mit erhabenen Stäben“ von 1780 / 85, die ursprünglich als Geschenk für das Haus Hannover bestimmt war (Taxe 8000 Euro). Marktfrisch ist ein Vasenpaar mit in Wolken fliegenden Kindern aus der Zeit um 1800, das aus einer argentinischen Sammlung in Buenos Aires stammt. Im Modellbuch der KPM unter der Nummer 1108 verzeichnet, wird das Objekt „eine Tuthenförmige Vase mit Henkel“ genannt. Beeindruckend ist das fein gemalte Steinimitat an Hals und Fuß (Taxe 18.000 Euro).

Preußen Auktion Lempertz Berlin
Mit ihrer naturalistischen Blumen- und Früchtemalerei wird eine KPM-Vase vom Modell „Münchner Sorte No 1“, die zur Taxe von 12.000 Euro aufgerufen wird, sicherlich viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. © Lempertz, Berlin

Mit ihrer prachtvollen naturalistischen Blumen- und Früchtemalerei auf seladonfarbenem Fond sowie der radierten Vergoldung wird sicherlich die Vase vom Modell „Münchner Sorte No 1“ (H. 50 cm) viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Sie kommt mit 12.000 Euro zum Aufruf. Eine schlichte, weiße Urbino-Vase aus Biskuitporzellan, die kurz nach 1845 gefertigt wurde und mit einer Allegorie der Architektur nach einer Vorlage von Wilhelm von Kaulbach ausgestattet ist, sucht bei 15.000 Euro einen neuen Besitzer. Eine „Victoria Vase“ mit zwei großen Blumenbouquets, die 1920 von Paul Miethe ausgeführt wurde, ist auf 7500 Euro geschätzt.

Berliner Porzellan ab 1890 / 1900 konnte sich am preußischen Hof aufgrund der dumpfen und engstirnigen Geschmacksdiktatur Wilhelms II. nicht etablieren. Die großartigen Porzellane dieser Zeit fanden jedoch im liberalen, aufgeklärten Bürgertum ihre Käufer. Ein Capolavoro ist zweifelsohne die „Keksdose“ aus einer Berliner Privatsammlung – im Modellverzeichnis als „Cakesdose mit Deckel“ verzeichnet –, die 1903 nach einem Entwurf von Emil Rutte (Modell) und Adolf Flad (Dekor) gefertigt wurde. Das Stück steht dementsprechend auch im Mittelpunkt von Irene von Treskows 1971 publizierter, grundlegender Studie Die Jugendstil-Porzellane der KPM. Der Schätzpreis von 15.000 Euro für dieses Objekt mit Museumsqualität wird wohl überboten werden.

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